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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sein kurzgestutztes graues Haar bewegte sich leicht in der Zugluft.
    Ich erzählte ihm von Eddie Keats: Alles. Von den Schlägen, die ich einstecken mußte, der Demütigung, dem Billardstock, den ich ihm durchs Gesicht gezogen hatte, dem Blut, das zwischen seinen gespreizten Fingern hervorgesprudelt war.
    »Wolltest du diesen Mann töten?« fragte er.
    »Nein.«
    »Bist du dir darin sicher?«
    »Ja.«
    »Hast du vor, ihn noch einmal zu verletzen?«
    »Nicht, wenn er mich in Ruhe läßt.«
    »Dann laß es hinter dir.«
    Ich gab ihm darauf keine Antwort. Wir saßen beide stumm im Dunkel des Verschlags.
    »Machst du dir deswegen noch Sorgen?« fragte er. »Ja.«
    »Dave, du hast mir gebeichtet. Versuch nicht, über das Richtig oder Falsch dessen zu urteilen, was du getan hast. Laß es so, wie es ist. Vielleicht war das, was du getan hast, falsch. Aber du hast gehandelt, weil man dich provoziert hat. Dieser Mann hat eine Frau bedroht. Glaubst du nicht, daß der Herr deine Gefühle in einer Situation wie dieser wohl verstehen kann?«
    »Aber ich hab’s nicht deswegen getan.«
    »Entschuldige, das verstehe ich nicht.«
    »Ich habe es getan, weil ich trinken will. Alles in mir brennt darauf zu trinken. Ich will immerzu nur trinken.«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    Ich ging durch die Seitentür der Kirche hinaus in den Garten. Ich hörte den Wasserfall in der Grotte, und der Duft der gelben und purpurnen Rosen und der roten Blüten auf dem Tulpenbaum war schwer und süß in der warmen, unbewegten Luft. Ich saß auf der Steinbank neben der Grotte und starrte meine Schuhspitzen an.
    Später fand ich Annie beim Unkrautjäten im Gemüsegarten hinter unserem alten Räucherhaus. Sie war barfuß und trug Bluejeans und ein ärmelloses Drillichhemd. Sie kauerte auf Händen und Knien, riß das Unkraut zwischen den Tomatenpflanzen aus und warf es in einen Korb. Ihr Gesicht war von der Arbeit erhitzt. Ich hatte ihr heute morgen im Bett von Eddie Keats erzählt. Sie hatte nichts darauf erwidert, sondern war lediglich in die Küche gegangen, um Frühstück zu machen.
    »Ich denke, vielleicht solltest du deine Familie in Kansas besuchen und Alafair mitnehmen«, sagte ich. Ich hielt ein Glas Eistee in der Hand.
    »Warum?« Sie schaute nicht zu mir auf.
    »Dieser Kerl, Keats.«
    »Du glaubst, er kommt her?«
    »Ich weiß nicht. Wenn man seinesgleichen hart genug durchprügelt, bleiben die einem manchmal für immer fern. Aber das weiß man manchmal nicht. Es wäre Leichtsinn, ein Risiko einzugehen.«
    Sie warf eine Handvoll Unkraut in den Korb und stand von ihrer Arbeit auf. Ein dunkler Streifen Schweiß und Erde lief über ihre Stirn. Ich konnte den heißen, dumpfigen Geruch der Tomatenpflanzen in der Sonne riechen.
    »Warum hast du daran nicht früher gedacht?« sagte sie. Sie schaute starr geradeaus.
    »Vielleicht hab’ ich einen Fehler gemacht. Ich möchte noch immer, daß ihr beide, du und Alafair, nach Kansas geht.«
    »Ich möchte nicht melodramatisch klingen, Dave, aber wegen Leuten wie denen fälle ich keine Entscheidungen über mein Leben oder das meiner Familie.«
    »Annie, das hier ist ernst.«
    »Natürlich ist es das. Du versuchst eine Art Alleingang als Cop, aber gleichzeitig hast du Familie. Also wär’s dir am liebsten, einen Teil des Problems aus Louisiana fortzuschaffen.«
    »Zieh es doch wenigstens in Erwägung.«
    »Das hab’ ich bereits. Und zwar heute morgen, genau fünf Sekunden. Vergiß es«, sagte sie und ging mit dem mit Unkraut gefüllten Korb zum Bach und schüttete es die Böschung hinunter.
    Als sie zurückkam, schaute sie mich weiter ernst an, dann mußte sie plötzlich lachen.
    »Dave, das ist doch wirklich die Höhe«, sagte sie. »Zumindest hättest du uns Biloxi oder Galveston anbieten können. Erinnerst du dich noch, was du über Kansas gesagt hast, nachdem du dort auf Besuch gewesen bist? ›Das war wahrscheinlich der einzige Ort in den Vereinigten Staaten, dem ein Atomkrieg gut bekommen würde‹. Und jetzt willst du mich dahin zurückverfrachten?«
    »Na schön, also dann Biloxi.«
    »Das Geschäft läuft nicht, mein kleiner Schatz.« Sie ging über den schattigen Hinterhof, und der Korb, den sie trug, stieß rhythmisch an ihr Hosenbein.
    An diesem Abend gingen wir zu einem fais dodo in St. Martinville. Die Hauptstraße war für die Tänzer gesperrt, und eine neuschottländische Geigerkapelle und eine Rock ’n’ Roll-Gruppe spielten abwechselnd auf einer Holzbühne, die dicht am

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