Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Enten lagen vorn im Bug im Wasser; entwurzelte Zypressen trieben vorbei, und eine umgekippte Holzhütte mit den Bodenbrettern nach oben beschrieb neben mir dicht unterhalb der Wasseroberfläche wirbelnde Kreise. Der Hütte war eine kleine Veranda vorgebaut, und diese brach durch die Wellen ins winterliche Licht wie ein riesenhafter Mund, aus dem Wasser strömte.
    Der Kutter der staatlichen Fischerei– und Jagdaufsicht mit meinem Vater an Bord fischte mich an jenem Nachmittag auf. Sie rieben mich trocken, gaben mir warme Sachen, rösteten mir in der Kombüse Spam-Sandwiches und machten mir Ovaltine heiß. Aber bis zum darauffolgenden Tag sprach ich kein einziges Wort mit meinem Vater, und dann redete ich auch nur deshalb mit ihm, weil der nächtliche Schlaf mir jene vertraute Beziehung zu ihm wiedergegeben hatte, was seine Erklärung über den gebrochenen Schaft der Schraube nicht vermocht hatte.
    »Das ist, weil du da draußen allein gewesen bist«, sagte er. »Wenn einer dich allein läßt, dann macht es gar nichts, warum. Du denkst, du bist wahnsinnig wütend auf die. Als deine Mama mit einem bourée- Mann weggelaufen ist, hat mich gar nicht gekümmert, daß ich sie so weit gebracht habe. Nein. Ich hab’ ihn vor ihren Augen in der Bar niedergeschlagen. Als er wieder hochgekommen ist, hab’ ich ihn gleich noch mal auf die Bretter niedergeschlagen. Später hab’ ich rausgefunden, daß er eine Pistole in seiner Jacke gehabt hat. Er hätte mich sofort töten können, der. Aber sie hat ihn nicht gelassen, weil sie gewußt hat, daß ich drüber wegkomme. Darum, also darum bin ich nicht wütend auf dich, weil ich weiß, daß du glaubst, du könntest von mir enttäuscht sein.
    Am schlimmsten ist, wenn man sich selber allein läßt. Tu das niemals, Dave, das ist nämlich wie dieser Waschbär, der seinen eigenen Fuß abbeißt, wenn er in der Falle steckt.«
    Als ich auf dem Bayou in meinem Außenborder saß und in den roten Himmel und auf die purpurnen Wolken im Westen schaute, die unbewegte Luft warm war wie der Whiskey, den ich an meine Lippen setzte, da wußte ich, was mein Vater gemeint hatte.
    Ein Waschbär kann sich in wenigen Minuten durch Sehnen und Knochen beißen. Ich hatte noch die ganze Nacht vor mir, um mich selbst zu zerfleischen. Ich hatte auch einen guten Ort dafür gefunden – eine Bar für Schwarze, gebaut aus Montgomery-Ward-Ziegeln, zurückgesetzt von einer staubigen Straße in einen Eichenhain, ein Ort, wo sie Rasiermesser bei sich trugen, den Bourbon mit Thunderbird mischten und so laut Zydeco-Musik spielten, daß die gesprungenen und mit Klebeband zusammengehaltenen Fenster davon erzitterten.
    Zwei Tage später hob eine großbusige Negerin in einem purpurroten Kleid meinen Kopf aus einer Bierlache. Die Sonne im Osten stand noch niedrig und schien wie eine weiße Flamme durchs Fenster.
    »Dein Gesicht is’ kein Scheuerlappen, Schätzchen«, sagte sie, schaute mit in die Hüfte gestemmten Händen zu mir herunter, eine brennende Zigarette zwischen den Fingern.
    Dann stahl sich ihre Hand in meine Gesäßtasche und zog meine Brieftasche heraus. Kraftlos langte ich danach, als sie sie aufklappte.
    »Ich muß den weißen Männern gar nich’ ihr Geld stehlen«, sagte sie. »Muß bloß drauf warten, daß ihr es mir gebt. Aber hier bei uns heißt es, ›guter Spaß, gutes Geschäft oder verduften‹, Schätzchen. Und für dich sieht’s ganz nach verduften aus.«
    Sie steckte mir die Brieftasche ins Hemd, zerdrückte ihre Zigarette im Aschenbecher, der vor mir auf dem Tisch stand, und drehte die Wählscheibe des Telefons an der Bar, während ich zusammengesunken im Stuhl sitzen blieb, eine Seite meines Gesichts naß von Bier, im Gehirn tanzende rote Lichtkugeln. Zehn Minuten später fuhr mich ein Wagen vom Sheriffbüro des St. Martin Parish zurück zum Bayou, wo ich mein Boot festgemacht hatte, und ließ mich krank und allein stehen, wie eine einsame Statue im taunassen Unkraut am Ufer.
    Nachdem ich es bis zu diesem Nachmittag endlich geschafft hatte, zum Bootssteg zurückzugelangen, bat ich Batist, Alafair bis zum Abend zu behalten, und schlief drei Stunden auf der Couch bei laufendem Ventilator, stand dann auf, rasierte und duschte mich und glaubte schon, meinem Tag ein gewisses Maß an Normalität zurückgegeben zu haben. Statt dessen bekam ich den Flattermann, vom Magen her würgte es mich trocken, und ich endete auf den Knien vor dem Waschbecken.
    Ich ging wieder unter die Dusche, saß fünf Minuten

Weitere Kostenlose Bücher