Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
ins Loch stecken.
»Gehen wir, Lieutenant«, sagte Robin.
»Wart noch, bis die Bullen weg sind. Mein Horizont ist noch sehr verwackelt. Key West ist eine schlechte Stadt, sich Ärger einzuhandeln.«
»Ich muß nur mit den Titten wackeln, und die tippen an ihren Hut. Echte Gentlemen. Keinen Schnaps, mehr, Schätzchen.«
»Ich muß dir einiges erzählen. Über meine Frau. Dann mußt du mir mehr über diese Leute in New Orleans sagen.«
»Morgen. Mommy macht dir heute ein schönes Steak.«
»Sie haben sie umgebracht.«
»Was?«
»Sie haben Sie mit Schrotgewehren in Stücke geschossen. Das haben sie mit ihr gemacht.«
Sie starrte mich mit offenem Mund an. Ich sah, wie sie um die Nasenflügel blaß wurde.
»Du meinst, Bubba Rocque hat deine Frau umgebracht?« sagte sie.
»Vielleicht war er es. Vielleicht auch nicht. Der alte Bubba ist schwer auszurechnen.«
»Dave, es tut mir ja so leid. Gott im Himmel. Hat es was mit mir zu tun gehabt? Gott, ich kann’s nicht glauben!«
»Nein.«
»Muß es aber doch, weil du jetzt hier bist.«
»Ich wollte nur sehen, ob du dich noch an einiges erinnern kannst. Vielleicht wollte ich dich einfach wiedersehen.«
»Ich schätze, deswegen bist du auch so scharf auf mich gewesen, als du noch allein gewesen bist. Erzähl mir davon lieber, wenn dein Kopf nicht völlig zu ist.« Sie schaute sich in der Bar um. Der Fußbodenventilator zauste ihr kurzes, schwarzes Haar. »Das Lokal hier ist ein Dreckloch. Die ganze Stadt ist ein Dreckloch. Sie ist voll von Schwuchteln und Lesben zum Billigsttarif und Menschenfressern, die es aus New York hierher zieht. Warum hast du mich grade hierher geschickt?«
»Du hast mir erzählt, daß es dir hier gut geht.«
»Wem kann es denn gut gehen, wenn da draußen Leute rumlaufen, die einem Mann die Frau abknallen? Du hast dich mit denen eingelassen, stimmt’s, Dave? Du hast nicht auf mich hören wollen.«
Ich antwortete nicht, griff statt dessen nach meinem Highballglas.
»Laß es sein. Deine Milchkuh hat heute abend nichts mehr im Euter«, sagte sie, nahm mir das Glas aus der Hand und goß seinen Inhalt in die Pfütze aus Whiskey und Eis auf dem Tisch.
Sie wohnte im ersten Stock eines alten zweigeschossigen Stuckgebäudes mit rotem Schindeldach, nur ein kleines Stück von der Duval Street ab. Ein riesenhafter Banyanbaum hatte eine der Mauern gesprengt, und der winzige Hof war von Unkraut und wild wuchernden Bananenstauden überwachsen. Ihr Apartment bestand aus einer kleinen Küche, einem mit einer Falttür abgetrennten Schlafraum und einem Zimmer mit einer Couch, Eßtisch und Sesseln, die aussahen, als stammten sie von einem Wohltätigkeitsbasar.
Robin hatte ein gutes Herz, und sie hatte es nett gemeint, doch ihre Kocherei war wirklich eine Zumutung, besonders für jemanden, der auf Sauftour war. Das Steak war auf einer Seite halb verbrannt. Sie briet die Kartoffeln in zwei Zentimetern Fett und füllte die Wohnung mit Rauch und dem Geruch von verbrannten Zwiebeln. Ich versuchte zu essen, doch ich konnte nicht. Ich hatte in meinem Suff den Tiefpunkt erreicht. Die Zahnräder in meinem Laufwerk griffen nicht, drehten glatt durch, mein Nervenkostüm hing in Fetzen, und meine Gesichtshaut fühlte sich lappig und tot an. Ich hatte plötzlich das Gefühl, um hundert Jahre gealtert zu sein, als habe jemand ein Messer an meinem Brustbein angesetzt und alle lebenswichtigen Organe rausgerissen.
»Wird dir schlecht?« fragte sie.
»Nein. Ich muß nur einfach ins Bett.«
Sie schaute mich im Licht der nackten Glühbirne, die von der Decke hing, eine Weile an. Ihre Augen waren grün, und anders als die meisten Stripperinnen der Bourbon Street hatte sie es nie nötig gehabt, falsche Wimpern zu tragen. Sie brachte zwei Laken aus der Kommode im Schlafzimmer und breitete sie über die Couch. Ich setzte mich schwer hin, zog meine Schuhe aus und rieb mir mit der Hand über das Gesicht. Die Austrocknung hatte bereits eingesetzt, und ich konnte den Alkohol an meinem Handballen riechen wie den Dunst aus einem dunklen Brunnenschacht. Sie brachte ein Kissen und legte es auf die Couch.
»Robin?« sagte ich.
»Was hast du vor, Lieutenant?« Die grelle Glühbirne im Rücken, schaute sie auf mich herunter.
Ich umfaßte ihr Handgelenk. Sie setzte sich neben mich und schaute starr geradeaus. Ihre Hände waren gefaltet, und sie hielt die Knie unter ihrer schwarzen Kellnerinnenuniform eng aneinandergepreßt.
»Bist du sicher, daß du das willst?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher