Mistelzweig und Weihnachtskuesse
Lächeln zustande und strich ihr eine gelöste Haarsträhne aus dem Gesicht. „Erstaunlich“, murmelte er mit belegter rauer Stimme.
„Findest du?“, fragte sie. Hoffentlich sagte er das nicht nur aus Höflichkeit. Für sie war dieser Kuss wie ein Wunder gewesen, aber ihr fehlte der Vergleich.
„Ich weiß, dass es das war.“ Dann wich der Glanz aus seinen Augen. „Es tut mir leid, Holly. Das hätte ich nicht tun dürfen.“
Es tat ihm leid? Weil es so scheußlich gewesen war? Sofort versteifte sie sich und wollte von ihm abrücken. Doch er hielt den linken Arm um sie geschlungen und ließ sie nicht frei.
„Warte“, sagte er. „Mir tut nicht der Kuss leid, sondern dass ich dich vielleicht verschreckt habe. Ich will, dass du hier wohnst. Wenn du zusagst, brauchst du keine Angst zu haben, dass ich über dich herfalle. Ich kann mich beherrschen.“
Nichts davon ergab einen Sinn. „Du hast mich nicht verschreckt“, antwortete sie schließlich. „Ich weiß, dass du nicht, na, du weißt schon … Dass du nichts Böses tun würdest.“ Sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, und senkte den Kopf. „Ich vertraue dir.“
Verflucht. Jordan starrte Holly an und wusste nicht, ob er sich geschmeicheltfühlen oder lieber davonlaufen sollte. Sie vertraute ihm. Na toll. Noch immer war er heiß, erregt und voll Verlangen nach ihr. In diesem Moment lag ihm nichts ferner, als ehrenhaft zu sein. Aber genau das würde er sein, weil sie unschuldig war. Wahrscheinlich war Holly keine Jungfrau mehr, aber sie war nah dran. Vor dem Kuss war er noch unsicher gewesen. Doch sie hatte ihn so zaghaft geküsst – zumindest am Anfang.
Wenn er daran dachte, wie schüchtern sie sich vorgetastet hatte, wollte er sie am liebsten sofort aufs Bett legen. Hätte er die Kraft gehabt, hätte er sie gleich an sich gezogen. Aber er war gehandicapt, und so entkam sie ihm. Umso besser für sie beide. Er mochte Holly. Er wollte ihr Leben nicht verpfuschen – oder schlimmer noch, es zerstören. Doch das würde geschehen. Es war gefährlich, sich auf jemanden einzulassen. Jeder musste dafür zahlen, das wusste er, und er wollte es ihr ersparen. Und auch für sich selbst wollte er das Risiko nicht noch einmal eingehen.
Er ließ sie los. Instinktiv wandte sie sich halb von ihm ab. Aber er hörte an ihrem schnellen Atem, dass sie noch erregt war. Außerdem konnte er die Konturen ihrer steifen Brustwarzen sehen. Sie hatte ihn gewollt. Der Gedanke deprimierte und berauschte ihn zugleich.
„Du hast noch nicht zugesagt“, erinnerte er sie.
„Jordan, ich …“
Die Haustür öffnete sich, und vertraute Stimmen drangen durch das Haus.
„Was meinst du, wo er steckt?“, fragte eine Männerstimme.
„Im Arbeitszimmer“, antwortete eine Frau. „Er wollte sich nicht mit den Treppen herumquälen.“
Entsetzt sprang Holly auf. „Wer sind diese Leute?“
„Meine Familie, zumindest ein Teil davon.“ Jordan lehnte sich zurück und grinste. „Das wird dir eine Lehre sein, die Tür abzuschließen.“
Panisch sah sie sich um, als würde sie den Notausgang suchen. Aber es war zu spät. Mit der verfluchten Katze im Arm kam Jordans jüngerer Bruder Kyle Haynes ins Zimmer.
SEIN BLICK GING VON JORDAN ZU HOLLY UND WIEDER ZURÜCK. DANN HOB ER AMÜSIERT DIE AUGENBRAUEN, SCHMUNZELTE UND RIEF: „KOMMT HER, JUNGS! ICH HABE ETWAS INTERESSANTES GEFUNDEN.“
6. KAPITEL
Holly fixierte den Mann vor ihr. Er sah fast so aus wie Jordan, aber es gab einige feine Unterschiede. Zwar hatte der Fremde ähnliche Gesichtszüge, und er war beinahe genauso attraktiv. Aber sein Lächeln stimmte nicht. Wenn Jordan sie anlächelte, fühlte sie sich wie in einer Achterbahn. Beim Lächeln dieses Mannes dagegen fühlte sie gar nichts.
„Setz dich ruhig“, forderte Jordan sie auf. „Sie werden eine Weile bleiben.“
„Dann sollte ich wohl besser gehen.“
„Nein, geh nicht. Irgendwann musst du sie sowieso kennenlernen.“ Spätestens, wenn du bei mir einziehst, vollendete er den Satz in Gedanken.
Alles in Hollys Kopf drehte sich. Zu schnell waren zu viele Dinge passiert: sein Angebot. Der Kuss.
Der Kuss. Der Kuss hatte ihren Körper mit einem unfassbaren Verlangen erfüllt, das sie noch immer nicht verstand. Nur durch seine Berührung hatte Jordan sie verändert. Es war, als hätte er sie wie ein Puzzle auseinandergenommen und wieder zusammengefügt, aber mit jedem Teil an einer anderen Stelle. Sie war durcheinander und außerstande, die Ereignisse zu
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