Mister Cool und Lady Crazy - Andersen, S: Mister Cool und Lady Crazy
dass ich keine Schuhe und keine Accessoires dabeihabe. Außerdem muss ich später noch meine Haare machen und mich schminken.“
„Ja, das hat mir echt schon Sorgen bereitet“, murrte er, als sie aus dem Zimmer tänzelte. Er spürte, wie sich seine Laune wieder verdüsterte, dass er begann, denselben dunklen Gedanken nachzuhängen wie vor Macys Ankunft. Er versuchte, dagegen anzukämpfen. Schließlich konnte sie nichts dafür, dass die letzten beiden Wochen hinsichtlich der Brandstiftungen nichts als ein Schuss in den Ofen gewesen waren.
Tief einatmen, Kumpel. Er durfte nicht vergessen, dass Frauen das Thema Klamotten unendlich faszinierend finden konnten. War ja nicht schlimm. Er brauchte ihr bloß zu helfen, das Outfit für den heutigen Abend auszusuchen, und dann würde sie vielleicht noch eine Weile ins Bett zurückkommen.
Allein die Vorstellung reichte, um ihn aufzumuntern. Doch als Macy ein paar Minuten später ins Zimmer zurückspaziert kam, fiel ihm beinahe die Kinnlade herunter. Ungläubig starrte er die knappen blauen Satinshorts an, die sie an dem Tag ihres Kennenlernens getragen hatte. Zwischen denen und ihren Zehen befand sich ungefähr ein Meter nackte Haut. Statt des Matrosenhemds von damals trug sie jetzt eine enge weiße Spitzenbluse mit perlenumsäumtem Kragen.
„Ich weiß, das sieht im Moment noch ziemlich schlicht aus“, sagte sie. „Aber du musst dir dazu die richtigen Schuhe und Schminke im Vierzigerjahre-Stil vorstellen. Vielleicht auch eine Perücke.“
All der Ärger, der sich wegen der verflixten Brandstiftungen in ihm angesammelt hatte, brach plötzlich aus ihm heraus. „Himmelherrgott!“, blaffte er sie an.
Okay, das waren wohl nicht die richtigen Worte gewesen. Doch wer A sagte, musste eben auch B sagen. Und da er sich bereits die eigene Grube gegraben hatte, war es sowieso egal ...
„Wann zum Teufel hörst du endlich mit diesen albernen Kostümierungen auf?“
22. KAPITEL
M acy ließ sich von Gabes Reaktion nicht aus der Fassung bringen. Doch innerlich zuckte sie zusammen. Wie konnte er ihr in der einen Sekunde das Gefühl geben, die begehrenswerteste, wunderbarste Frau zu sein, um in der nächsten einen derartigen Ton anzuschlagen?
Sie zwang sich zu einem sorglosen Lächeln. „O-kay. Das werte ich mal als ein dickes, fettes Nein für dieses Outfit.“ Doch sie spürte, wie sich ihre Kämpfernatur, die so viele Jahre ihre einzige Verbündete gewesen war, unter der Oberfläche meldete. Deswegen drehte sie ihm schnell den Rücken zu, bevor sie etwas tat, das sie später bereuen würde.
Wobei sie es wahrscheinlich nicht in diesem Moment bereuen würde. Trotzdem war es ihr wichtig, ruhig zu bleiben, bevor einer von ihnen etwas sagte, was nicht mehr gutzumachen war.
Doch wie sich herausstellte, war es dafür offenbar schon zu spät. Denn gerade als sie sich von ihm abwandte, fragte er: „Was zum Teufel ist überhaupt mit dir los, dass du diese Verkleidungen nötig hast? Letzte Woche in Wenatchee warst du doch ganz normal angezogen. Und du sahst verdammt schön aus! Warum fängst du immer wieder mit diesen blauen Perücken und falschen Tätowierungen und diesen Kostümen und dem ganzen Scheiß an?“
Als er ,verdammt schön’ sagte, war sie zwei Sekunden lang geneigt, ihm zu verzeihen, doch dann spürte sie seine Verachtung wie einen Peitschenschlag. Sie zog die Schultern zu den Ohren, korrigierte aber umgehend ihre Haltung. Sie hatte in jungen Jahren gelernt, sich selbst zu behaupten und niemanden sehen zu lassen, dass sie verletzlich war.
„Weil ich in ihnen so verdammt gut aussehe, Herzchen“, sagte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. Denn sie war zwar in der Lage, unbekümmert zu klingen, doch gelang es ihr nicht, die Tränen zu unterdrücken – und das durfte er auf keinen Fall sehen. Sie begann, heftig zu blinzeln.
„Lass das!“, zischte er, seine Stimme kam näher. „Nenn mich nicht Herzchen, als ob ich dein Feind wäre. Bildest du dir ein, ich wüsste nicht, wie du das immer sagst, um dir die Leute vom Hals zu halten? Ich dachte, du und ich wären längst über dieses Stadium hinaus.“ Seine Hand, stark und warm, legte sich auf ihre Schulter.
Sie wirbelte herum, und als sie die Nerven verlor – etwas, was sie sich Vorjahren abgewöhnt hatte –, begannen auch die Tränen zu fließen. „Und ich dachte, dass du vielleicht – vielleicht! – irgendwas kapiert hättest. Willst du wissen, warum ich normal angezogen war, als wir zusammen aus waren? Weil ich
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