Mister Mädchen für alles
Mal war seine Verzweiflung gemischt mit etwas anderem. Neugier? Schadenfreude? Er wollte mehr erfahren. «Erzähl, was sollst du für sie erledigen?»
Ella stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte den Kopf mit theatralischer Geste in die Hände. «Also», seufzte sie. «Bekomme ich vielleicht eine Tasse Tee?»
Frankie lächelte, als er den Wasserkocher anstellte und die Leidensgeschichte weiterging. «Madame war natürlich in großer Eile, weil sie nach Toronto musste, wie sie mir unter die Nase rieb. Grundgütiger, wie bekommt man nur so einen Job? Ich wette, das könnte ich auch. Dann würde ich auch die ganze Zeit Sachen sagen wie: ‹O ja, Sportbekleidung ist wahnsinnig wichtig und genau und überhaupt. Und vergessen Sie nicht, meine Jacke aus der Reinigung abzuholen.›» Ella imitierte Alex’ leicht gehetzte, ernste Art zu sprechen und senkte ihre Stimme. «Ich meine, was glaubt sie eigentlich, wer sie ist?»
Frankie schüttelte streng den Kopf. «Komm schon, Ella. Sie bezahlt dich dafür. Sie vertraut dir. Du solltest dich nicht über sie lustig machen, auch wenn sie vielleicht etwas von einer Spaßbremse hat. Und du darfst die alte Dame nicht allein lassen. Das geht einfach nicht.»
Ella verdrehte die Augen. «Sie ist ganz schön anstrengend, das kann ich dir sagen. Und vollkommen anders als Alex. Die muss als Baby vertauscht worden sein oder so etwas. Die alte Dame wirft sich ständig in Pose, wie eine gealterte Ballerina oder so. Und sie ist immer volle Kanne geschminkt, weißt du. Als könnte irgendwer sie sehen!» Frankie lächelte, als er die Teekanne anwärmte, und bemerkte, wie Ellas zunächst klägliche Stimme immer empörterklang. «Ständig meckert sie an mir herum. Sie behandelt mich wie ein Dienstmädchen!»
Frankie musste sich anstrengen, die naheliegende Antwort nicht auszusprechen, und setzte ein mitfühlendes Gesicht auf, während er ihren Lieblingsbecher vorsichtig auf dem Tisch vor ihr abstellte. Er schnappte sich seine Teetasse, setzte sich Ella gegenüber und bereitete sich innerlich darauf vor, sie mit etwas Zuspruch wieder zum Arbeiten zu bewegen. Wie sollte er es dieses Mal anstellen? Ermutigung mit einer Prise Schuldgefühl vielleicht? «Weißt du, Ella, ich finde es großartig, dass du diese Aufgabe übernommen hast, gerade weil wir pleite sind und sich bei mir keine neuen Projekte abzeichnen. Ich gebe zu, dass ich mich etwas darüber geärgert habe, dass du den Job an meiner Stelle bekommen hast. Aber es war sehr schlau von dir, dich zu bewerben, weil du genau wusstest, was Alex wollte. Du hast mich fair geschlagen.»
«Ja, das habe ich, stimmt’s?» Ella setzte sich auf und griff nach ihrem Teebecher. «Allerdings habe ich bei meinen Berufserfahrungen etwas übertrieben. Aber das muss man wohl tun, oder nicht?»
«Äh, na ja. Es wäre schon besser, wenn man bei der Wahrheit bliebe. Über die eigenen Lügen stolpert man später nur allzu oft, deshalb sage ich immer die Wahrheit. Das ist auch viel einfacher, stimmt’s? Du … du hast dich doch wenigstens ungefähr an die Fakten gehalten?»
Ella nahm einen großen Schluck von ihrem Tee und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. «Im Großen und Ganzen, ja. Ich habe es nur ein bisschen aufgebauscht. Übrigens hat sie mich gebeten, die alte Schachtel heute Nachmittag ins Krankenhaus zu fahren. Wie lang-wei-lig!»
«Nein!» Frankie setzte sich kerzengerade auf. Die Vorstellung, dass Ella in einem Auto durch den Londoner Innenstadtverkehr kurvte, war so grauenvoll, dass jeder andere Gedanke wie weggeblasen war. «Wäre es nicht einfacher, ein Taxi zu nehmen? Du weißt schon, wegen der Parkplatzsuche und allem? Alex wird dir die Kosten bestimmt erstatten.»
«Du machst wohl Witze!», erwiderte Ella, doch dann begann sich ihr Gesicht aufzuhellen. «Aber ich könnte sie natürlich einfach beim Krankenhaus absetzen – das dauert bestimmt Stunden – und einen Abstecher in die Fulham Road machen. Da gibt’s großartige Läden. Und wenn ich genug geshoppt habe, hole ich sie wieder ab.»
Frankie hatte das Gefühl, als steckte ihm ein großer Kloß im Hals, der nicht herunterzuschlucken war. «Also wirklich, Ella, du kannst doch nicht –»
Das Telefon klingelte. «Das ist wahrscheinlich jetzt die alte Schachtel. Geh ran, Frankie, ja? Sag ihr, dass ich unterwegs bin, dafür bringe ich dir nächste Woche den Tee ans Bett.»
Frankie hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. «Wer? Wie bitte? Ella Ward. Darf
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