Mister Mädchen für alles
herablassend. «Der Zwischenbericht mit den Verkaufszahlen.»
«Danke.» Alex schob den Ordner zur Seite und war genervt von der Unterbrechung.
«Wie war deine Reise? Ich hörte, es war das reinste Desaster. Was für ein Pech.» Er lächelte kalt. «Ich prüfe meine technische Ausstattung immer zwei Mal, bevor ich mich auf den Weg mache.» Und damit rauschte er hinaus.
«Das ruiniert meinen Plan, ihn mit einem Stromschlag zu töten», flüsterte Camilla. «Dieser aufgeblasene Widerling. Warum hat er dich eigentlich ständig im Visier?»
Alex schnitt hinter Peters Rücken eine Grimasse und zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung, aber er schafft es immer wieder, dass ich mir bescheuert vorkomme.»
«An deiner Stelle würde ich ihn im Auge behalten.» Camilla beugte sich vor. «Ich traue ihm nicht. Wie auch immer, erzähl weiter. Was passierte dann?»
«Tja, weißt du, ich glaube, es hat ihnen sogar gefallen. Eingeschlafen ist jedenfalls keiner. Einige kamen nach der Präsentation zu mir und sagten, wie witzig sie meinen Vortrag gefunden hätten und was für einen guten Eindruck unser Produkt bei ihnen hinterlassen hätte. Diese Kanadier sind wirklich leicht zu unterhalten.»
«Du bist genial! Sieht aus, als hättest du die Situation gerettet.» Camilla sammelte die Unterlagen zusammen, die auf ihrem Schoß lagen, und erhob sich. «Du wirst die meisten deiner E-Mails wahrscheinlich schon abgearbeitet haben, aber Gavin bat mich, dir auszurichten, dass du dir die aktuellen Zahlen ansehen sollst, und er will später kurz hören, wie deine Reise gelaufen ist.»
Alex wandte sich ihrem Rechner und den Unterlagen zu. «Ich gehe gleich zu ihm. Meine geschickte Improvisation wird ihm bestimmt gefallen!», lachte sie. «Aber zuerst melde ich mich kurz bei meiner Mutter.»
Das Telefon klingelte länger, als sie erwartet hatte. Wo konnte sie sein? Ella war vielleicht mit ihr unterwegs, dachte sie. Das Mädchen arbeitete nun schon seit einer Woche für sie, und vielleicht hatte sie angefangen, etwas mit ihrer Mutter zu unternehmen. Trotzdem war es merkwürdig, denn sie hatte sie primär als Haushälterin und erst dann als Krankenschwester eingestellt. Alex’ Augen wanderten in Richtung Bildschirm, und sie hatte bereits vergessen, dass sie den Hörer noch immer zwischen Ohr und Kinn eingeklemmt hatte, als plötzlich jemand abnahm.
«Bei Hill, was kann ich für Sie tun?» Ihre Mutter klang atemlos.
«Hier spricht die Burggräfin persönlich. Du klingst, als wärst du gerannt, Mum. Was in aller Welt ist los?»
«Oh, du bist es, Schatz. Moment, ich muss mich hinsetzen.Diese verdammte Treppe, ein wahres Gräuel. Du hättest eine Wohnung im Erdgeschoss kaufen sollen.»
«Wo warst du? So früh gehst du doch sonst nicht vor die Tür. Warst du mit Ella unterwegs?»
«Ella? Gütiger Himmel, nein … ja! Genau. Ella. Ella. Aber natürlich, mit Ella. Wir waren auf eine Tasse Kaffee draußen. Es gibt da ein zauberhaftes kleines Café neben dem Feinkostladen.»
«Oh, das klingt ja, als hättest du deine Meinung geändert. Als ich dich neulich anrief, warst du kurz davor, sie umzubringen.»
«Wirklich? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Wovon
sprichst
du nur? Sie ist einfach großartig und kümmert sich wundervoll um mich. Oder nicht, Ella?» Alex hörte im Hintergrund eine Art Quieken. «Ja, wir haben ein paar Einkäufe erledigt und die kleine Galerie besucht, deren Besitzerin diesen unvorteilhaften Teint hat. Es ist wirklich eine Schande, aber die Bilder sind sehr hübsch. Ich habe ein entzückendes kleines Ölbild für mich reservieren lassen.»
«Mutter», erwiderte Alex langsam. «Du kannst dir keine Bilder mehr kaufen.»
«Sei nicht so bevormundend, Liebes. Auf eines mehr oder weniger kommt es nicht an. Er findet es auch hinreißend …»
«Er?»
«Er? Was meinst du, Liebes? Nein, nein. Ich sagte,
El
, mein neuer Spitzname für sie. Also Ella findet es hinreißend.»
«Oh, Mum.»
«Lass dein ‹oh, Mum›.»
Alex war besorgt. «Hat Ella zu Hause alles erledigt, bevorsie mit dir auf Einkaufstour gegangen ist? Ich meine, dafür wird sie schließlich bezahlt, weißt du?»
«O ja, sie ist absolut haushaltstauglich. Sie kann phantastisch mit dem Bügeleisen umgehen. Doch genug davon, wie war deine Reise? Konntest du diese Kanadier von deinem entsetzlichen Nylon-Sportzeug überzeugen?»
Alex lachte. Woher auch immer sie ihre Begeisterung für den Sport geerbt hatte, sie stammte gewiss nicht von ihrer Mutter,
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