Mister Mädchen für alles
während er die Kehrschaufel holte. «Ich glaube, dass ich Ella davon überzeugen kann, ihren Job hier aufzugeben. Wie wäre es, wenn ich Ihnen stattdessen in den nächsten Tagen ein wenig zur Hand ginge?»
«Oh, was für eine Erleichterung», seufzte die Ranke dramatisch auf. «Sie sind entzückend! Und ich liebe es, einen Mann im Haus zu haben!»
«Gut, aber das wird Ihrer Tochter sicher nicht besonders gefallen. Es gibt da nämlich etwas, das ich Ihnen erzählen muss. Ich habe sie bereits kennengelernt, wissen Sie …»
Kapitel 10
«Verdammte Katastrophe!»
Camilla machte es sich auf dem Stuhl gegenüber von Alex bequem. «Wie meinst du das?»
«Ich glaube nicht, dass ich mich jemals in meinem Leben so blamiert habe», fuhr Alex fort, streifte sich die Tasche von der Schulter und ließ sie unter den Schreibtisch fallen. Vorsichtig bewegte sie den Kopf, um die Verspannung zu lösen, die die Tasche ihr auf dem Rückweg von Heathrow in der heißen, überfüllten U-Bahn verursacht hatte. Es war unmöglich gewesen, ein Taxi zu bekommen. «Kannst du versuchen, die I T-Abteilung zu erreichen? Sie sollen sich diesen bescheuerten Laptop vornehmen und ihn wieder reparieren.»
«Was ist denn schiefgelaufen?»
«Frag lieber, was nicht schiefgelaufen ist!» Alex wandte sich wieder dem Schreibtisch zu und holte einige Unterlagen aus ihrer Tasche. Ihr tat alles weh, der Nacken, der Kopf, doch am schlimmsten hatte es ihren Stolz erwischt. «Da stehe ich also vor zweihundert Mitarbeitern aus dem Vertrieb, die mich erwartungsvoll ansehen – mich, die super-duper Frau aus London, die ihnen gleich alles erzählen wird, was sie wissen müssen, und was passiert? Die verflixte Präsentation funktioniert nicht!»
Camilla schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. «O Alex, und was hast du gemacht?»
Alex zog ihr Sweatshirt aus, blickte sich rasch um, um sicherzugehen, dass niemand zu ihr herübersah, streiftesich auch das T-Shirt über den Kopf, bückte sich dann hinter den Tisch und zog ein neues T-Shirt aus der Kiste, die bei der letzten Promotion-Veranstaltung übrig geblieben war. Natürlich hätte sie lieber geduscht und ein paar Stunden geschlafen, doch bis sie nach Hause gehen konnte, müsste ein sauberes Oberteil genügen. Zunächst hatte sie einige Dinge zu erledigen. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Obwohl es fast neun Uhr war, lag ihre Mutter bestimmt noch immer im Bett. Es hatte jetzt also noch keinen Sinn, sie anzurufen. In der Hektik ihrer vielen Besprechungen hatte sie es während der kurzen Geschäftsreise nur zwei Mal geschafft, zu Hause anzurufen, und anfänglich hatte die Ranke ziemlich gereizt geklungen. «Dieses Mädchen ist einfach entsetzlich», hatte sie gekreischt, und Alex hatte sie beruhigt und ihr versprechen müssen, dass sie sich darum kümmern würde, sobald sie zurück war – was hieß, sobald sie sich um ihr eigenes Problem gekümmert hatte, das weitaus dringender war. Bei ihrem zweiten Telefonat hatte die Ranke ein wenig abgelenkt geklungen, und Alex hatte eine Weile gebraucht, bis ihr dämmerte, dass gerade
Countdown
im Fernsehen lief.
«Tja», sagte sie, während sie wieder hinter dem Schreibtisch auftauchte und verstohlen an ihren Achseln schnupperte, um zu prüfen, ob sie nicht zu stark roch. «Ich musste improvisieren – und glaub mir, wenn es einen Oscar für das übelste Business-Gelaber gäbe, dann stünde ich jetzt auf der Bühne. O Gott, es macht mich immer noch ganz krank, wenn ich nur daran denke.» Sie setzte sich, und sofort kam ihr die Erinnerung an diesen fürchterlichen Augenblick wieder hoch, als sie nach einer fulminanten Einleitung auf die Enter-Taste gedrückt hatte. «
Nada. Rien.
Null Komma nichts. Also begann ich mit einem Vortrag àla: ‹So sieht das neue Produkt aus, so fühlt sich der Stoff an, und das hier sind die Farben.› Zum Glück hatte ich mich für die große Kiste mit den Mustern entschieden und deinen Rat ignoriert!»
«Na ja, ich dachte nur …»
«Nein, du hattest schon recht, sie war schwerer, aber der Himmel weiß, wie ich ohne sie dagestanden hätte. Am Ende warf ich eine ganze Ladung Shirts in die Runde, damit sie das Zeug anfassen und prüfen konnten, wie es sich anfühlt.»
«Ach, du Schande», lachte Camilla. «Das klingt ein wenig planlos.»
In diesem Moment tauchte Peter auf, Alex’ Konkurrent aus dem Geschäftsbereich Laufschuhe, und ließ eine dicke Mappe auf ihren Tisch fallen. «Hier, ein wenig Lektüre für dich», sagte er
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