Mister Mädchen für alles
der Präsentation maßzuschneidern. Und Camilla meldete sich bei ihr, um zu erfahren, ob sie der Druckerei die Freigabe für die Pressemappe erteilt hatte. Alex hatte das erledigt und ihr gesagt, sie würde ihr die Datei mailen, doch eine halbe Stunde später durchsuchte sie noch immer ihren Laptop danach. Gestern war die Datei noch da gewesen. Sie überprüfte den chronologischen Verlauf der Daten. Wo war dieses dämliche Dokument? Camilla rief erneut an. «Eine Sekunde», murmelte Alex und versuchte die Panik in ihrer Stimme zu unterdrücken.
«Alex, sie haben schon zwei Mal angerufen. Sie brauchen die Datei jetzt. Offensichtlich scheint die Bindung sehr aufwendig zu sein. Sie meinten, wenn sie die Daten heute nicht bekämen, sei es fraglich, ob sie es rechtzeitig schaffen, die Probeabzüge zu machen und die Datei in den Druck zu geben. Möchtest du, dass ich die Daten hier zusammenstelle?»
«Nein», erwiderte Alex barscher, als sie beabsichtigt hatte. «Ich bringe die Sache in Ordnung und setze mich direkt mit der Druckerei in Verbindung.» Irgendwie hatte sie das starke Gefühl, ihr Leben sei wie ein glitschiger Fisch, der sich ihr aus der Hand wand – sie bekam es nicht mehr in den Griff. Sie spürte, wie ihr die Dinge aus den Fingern glitten und sah sich bereits mit nichts in den Händen auf einer Sandbank stranden. Ihr war übel. Wenn sie diese Datei verloren hatte, musste sie den Text noch einmal zu Papier bringen, und zwar ganz flott. Und so setzte sie sich, ohne weitere Zeit zu verlieren, mit ihrem Laptop auf denBoden vor ihren Kaffeetisch und versuchte sich daran zu erinnern, was in aller Welt sie beim ersten Mal in die Pressetexte geschrieben hatte.
Das Klingeln an der Tür riss sie kurze Zeit später aus ihren Gedanken. Alex warf einen Blick auf die Uhr – sie war ein bisschen früher zu Hause als üblich. Wer konnte wissen, dass sie da war? «Hallo?», fragte sie genervt durch die Gegensprechanlage.
«Alex, hier ist Frankie.»
Frankie? Was wollte er? «Was wollen Sie?»
Seine Stimme hallte knisternd in ihrer Wohnung wider. «Ich glaube, ich habe ein Sweatshirt an der Rückseite der Küchentür hängen lassen. Und außerdem habe ich immer noch Ihren Schlüssel, den ich Ihnen zurückgeben wollte. Wäre es möglich, dass ich kurz … aber nur, wenn Sie nicht zu beschäftigt sind?» Alex drückte widerwillig den Türöffner.
«Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht erwartet, dass Sie zu Hause sein würden.» Frankie zog den Kopf ein, als er durch ihre Tür kam.
«Und was hatten Sie vor?», fragte Alex spitzzüngig. «Wollten Sie den Schlüssel einfach benutzen?»
Wenigstens besaß Frankie so viel Anstand, ein betretenes Gesicht zu ziehen. «Na ja, eigentlich schon. Ich ging davon aus, dass Sie mich nicht hereinlassen würden, um das Sweatshirt zu holen. Da es aber eines von meinen Lieblingsstücken ist, wollte ich es schnell einsammeln und Ihnen dann den Haustürschlüssel in den Briefkasten werfen …» Alex bemerkte, dass er sehr viel größer als sie war. Als sie im Flur so dicht voreinander standen, fühlte sie sich umso kleiner. Auf seinem hellblauen T-Shirt prangte das Logo einer Surfer-Marke. Er trug beigefarbene Shorts,und ein schneller Blick ließ sie erkennen, dass er kräftige, nur leicht behaarte Beine besaß. Sie blickte in sein Gesicht. Seine Augenfarbe war nicht klar erkennbar, aber sie nahm an, dass sie braun mit goldenen Sprenkeln waren.
«Das ist eine absolute Frechheit. Aber darauf verstehen Sie sich ja, nicht wahr? Ich meine, Dinge zu tun, von denen andere nichts ahnen. Wahrscheinlich ist es besser, wenn Sie sich Ihr Sweatshirt selbst holen – Sie kennen sich ja bestens in meiner Küche aus.» Sie drehte sich um und ging ins Wohnzimmer, wo sie sich mit verschränkten Armen hinstellte und schwieg. Zögerlich ging Frankie an ihr vorbei in die Küche, während sie die Augen streng auf den Läufer am Boden vor sich gerichtet hielt.
«Ähm.» Mit dem Sweatshirt in der Hand kam er aus der Küche zurück. «Sie haben vielleicht bemerkt, dass der kleine Kontrollknopf an Ihrem Toaster herausgesprungen ist. Ich wollte Ihnen Bescheid geben, aber …»
«Aber was, Frankie?», fragte sie lauter, als sie beabsichtigt hatte. «Sie wollten es in eine …» Beinahe hätte sie gesagt «unserer», doch das klang zu vertraut. «In eine Ihrer kleinen Nachrichten schreiben. Doch dann bin ich aus heiterem Himmel aufgetaucht und habe Ihre kleine Ménage-à-trois gestört, nicht wahr?
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