Mister Peanut
sagte sie, »warum eigentlich nicht?«
»Wir sind zu beschäftigt.«
»Das waren wir damals auch.«
»Wir werden Tennis spielen«, sagte er hinterhältig lächelnd, und dann erinnerte er sich an seine Zeit als Arzt in Fachausbildung im Los Angeles Osteopathic und wie er damals mit Marilyn gespielt hatte, an die grauen Lehmbodenplätze des Hollywood Tennis Club, an das angenehme Gefühl, den Platz vor dem Spiel zu fegen, das vorangegangene Match auszuradieren und die hellen Linien aufzufrischen, und wie es war, Marilyn zu beobachten, die wirklich Talent hatte und deren Schläger bei jedem Ballkontakt ein Geräusch machte, das zu kopieren ihm niemals gelang, einen Klingelton, der fast schon ein Knall war; die Winkel und Tempi, in denen sie seine Vorhand- und Rückhandschläge konterte, waren der Beweis ihrer absoluten Könnerschaft, sie machte es ihm leicht, den Ball zurückzuschlagen, der gesamte Ballwechsel ein Akt der Großzügigkeit, der ihm das Gefühl vermitteln sollte, er gebe das Tempo vor …
Aber das war lange her. Nun kreisten seine Gedanken um Susan, selbst bei der Erinnerung an damals; die Gedanken an Susan durchdrangen alles, und selbst die Tennisszenen waren wie mit unsichtbarer Tinte mit Susans Namen überschrieben. Sollte Marilyn doch mitkommen, wenn sie unbedingt wollte. Er würde einen Weg finden, sich mit Susan zu treffen.
Jeder Tag des kürzesten Monats war wie ein Countdown auf den März hin. Sobald alles mit Chappie arrangiert war, wurden die zwei ausgestrichenen Wochen im Kalender zu Sheppards Leitstern, der ihn anfeuerte und ihn lockte, selbst jetzt, als er neben seiner Frau im Bett saß und sich an die frühen Jahre seiner Ehe erinnerte. Ein paar dieser Jahre zählten zu den besten seines Lebens, lange bevor er Susan Hayes überhaupt kennengelernt hatte.
An ihre erste Begegnung konnte er sich lebhaft erinnern. Es war in der Pathologie von Bay View gewesen; sein Bruder Richard hatte Susan das Krankenhaus gezeigt, in dem sie als Labortechnikerin arbeiten würde – der dritte Neuzugang innerhalb eines Monats. Sheppard hatte eben eine Blinddarmoperation hinter sich gebracht, einen Routineeingriff, und er fühlte sich von der Reibungslosigkeit des Vorgangs wie gesalbt, von dem Wissen, die Ordnung wiederhergestellt zu haben; es war dasselbe Gefühl von Rechtschaffenheit und Sauberkeit, das er nach einem Ölwechsel beim Zuknallen der Motorhaube hatte. Unter dem OP-Kittel war er nackt – so arbeitete er am liebsten –, was ihn, wenn er die Krankenhausflure frei schwingend durchquerte, ähnlich gelassen und auf triebhafte Art wachsam werden ließ wie vor dem Zubettgehen. Nie fühlte er sich männlicher als nach einer OP.
Sheppard betrat die Pathologie, wo Susan zunächst eine Weile mit dem Rücken zu ihm stand, ihm dann aber vorgestellt wurde, sobald sie sich umgedreht hatte. Später setzte er die erinnerten Details zu einer Person zusammen: die langen, schlanken Hände, die rotbraunen Locken, die goldbraune Haut, die Sommersprossen in ihrem Gesicht, die so auffällig waren wie eine Stammeszeichnung.
»Hoffentlich haben Sie gern viel um die Ohren«, hatte er zu ihr gesagt.
»Aber sicher, Dr. Sheppard.«
»Bei uns fängt der frühe Vogel den Wurm.«
»Der Bus aus Rocky River ist immer pünktlich.«
»Kein Auto?«, fragte Richard.
»Ich dachte, ich kaufe mir eines, sobald ich eine feste Anstellung habe«, scherzte sie.
Alle lachten. Selbst Richard war hingerissen.
»Rocky River?«, fragte Sheppard. »Wo genau?«
»Neunundfünfzig-null-drei.«
»Ich wohne nur eine Straße weiter.«
»Dann können wir zusammen Bus fahren«, antwortete sie.
»Ich wollte eigentlich eher selbst fahren.«
»Vorsicht, Sam«, sagte Richard, »Susan ist ein anständiges Mädchen. Sie wohnt noch bei ihren Eltern.«
»Wenn Dr. Sheppard den Bus unbedingt selbst fahren will«, sagte sie, »habe ich nichts dagegen.«
Sie spricht wie ein Filmstar, dachte Sheppard später, als er in seinem Arbeitszimmer saß. Und sie war so schön wie ein Filmstar. Ersteres war natürlich verzeihlich. Er legte die Füße auf den Schreibtisch, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte an die Decke. Normalerweise nutzte er die Pause zwischen den vormittäglichen Operationen und dem Mittagessen für ein Nickerchen, aber heute war er hellwach. Früher, bei den anderen Frauen, war er einfach dankbar gewesen, weil sein Leben wieder spannend geworden war; aber diesmal war es anders.
Morgen siehst du sie wieder, sagte er
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