Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
Vom Netzwerk:
antwortete, starrte sie einfach geradeaus.
    Er hielt den Schlüssel ins Licht. Das flache Ende war spitz genug, um in den Schraubenschlitz zu passen, aber der Schlüssel wirkte insgesamt zu dick. Er passte dennoch, ganz knapp. Sheppard gelang es, die beiden ersten Schrauben ohne große Mühen zu lösen. Er legte den verbogenen Wischer auf die Motorhaube, jedoch ohne in Susans Richtung zu schauen, damit sie ob ihres guten Vorschlags nicht noch hochmütiger wurde. Die Schrauben des zweiten Wischblatts waren mit Dreck verklebt. Er setzte an, um sie zu lösen, aber der Schlüssel rutschte ab und bohrte sich in seinen Daumen, der Schlüssel hackte in sein Fleisch, sodass ein jäher Schmerz durch seinen Arm fuhr. Sheppard ließ den Bund fallen, und als er die Beifahrertür aufgehen hörte, brüllte er: »Bleib im Auto sitzen, verdammt noch mal!«
    Was Susan auch tat, für eine Weile zumindest. Er presste seine Faust auf die Wunde, um die Blutung zu stillen, und verband sie schließlich mit seinem Taschentuch, das er zwischen den Zähnen hielt, um mit der unverletzten Hand dünne Streifen davon abzureißen. Er war um den Wagen herumgegangen und hatte sich, das Gesicht zum Meer gekehrt, an die Motorhaube gelehnt, um sich zu sammeln, als Susan sich von der anderen Seite näherte und seinen pulsierenden Daumen in die Hand nahm. Sie verknotete die Bandage über den Fingerknöcheln, tätschelte seine Hand und sagte: »Das war keine gute Idee.« Sie drehten sich zum Meer um, über dem sich ein mondloser Himmel erhob, ein sternenübersäter Himmel mit Nebelfetzen darüber. Das Krachen der brechenden Wellen vibrierte durch den Felsen hindurch und bis in Sheppards Schuhsohlen, ein Geräusch, in dem sowohl die Höhe der Klippe als auch die endlose Weite darunter nachhallte und das in Sheppard ein unbestimmtes Gefühl der Haltlosigkeit auslöste, der Bedrohung, so als laufe er Gefahr, die Nacht nicht zu überleben.
    »Wenn man nicht fährt, ist es gar nicht so kalt«, sagte Susan und rieb sich mit beiden Händen über die Arme.
    Wieder fragte er sich, wo sie geblieben war. Wo hatte sie sich versteckt? Die andere Susan, die alte Susan, die unkomplizierte, mutige Susan, die sich anscheinend aus dem Staub gemacht und diese neue Susan zurückgelassen hatte. Noch vor wenigen Tagen war sie da gewesen, als Sheppard und Marilyn in Los Angeles angekommen waren. Er und Susan hatten sich seit Februar geschrieben, als sie Cleveland verlassen hatte und nach L. A. gezogen war, als sie und Dr. Stevenson ihre Verlobung offiziell gelöst hatten. Sheppard seinerseits hatte die Reise an die Westküste vorbereitet, um an einer durch die Ärztekammer zertifizierten Weiterbildung in Neurochirurgie teilzunehmen, die sein Freund Chappie leitete und die fraglos als Meilenstein des medizinischen Fortschritts in die Geschichte eingehen würde. In Wahrheit hatte er bloß Susan sehen wollen. »Wenn ich in Los Angeles bin«, hatte er zu Marilyn gesagt, »könntest du mit Jo nach Big Sur fahren. Das wäre doch nett, oder?« Sie hatten in seinem Bett gelegen, und Marilyn hatte lange an die Decke gestarrt. »Los Angeles«, sagte sie schließlich, »ist das nicht eine Ewigkeit her?« Eigentlich waren es nur vier Jahre gewesen, aber er sagte: »Ja.« Der Trick bestand natürlich darin, die Reise verlockend und gleichzeitig reizlos erscheinen zu lassen, ihr zu vermitteln, dass er sie trotz der vielen Widrigkeiten dabeihaben wollte; gemeinsame Ferien, die sie allein verbringen würde. »Wir könnten Chip bei Richard lassen«, fuhr er fort. »Ich werde rund um die Uhr im OP stehen, aber du könntest ein bisschen rumfahren.« Sie schlang ihre Arme um seine Taille, während er sich aufsetzte und gegen das Kopfbrett lehnte. Normalerweise beendeten sie den Tag in seinem Bett, und Marilyn schlüpfte in ihr eigenes hinüber, sobald er eingeschlafen war. Auf einmal umarmte sie ihn mit aller Kraft, und er starrte auf ihren Scheitel hinunter und stellte sich vor, ihre Haare wären ein Bildschirm, in dem er ihr Gehirn sehen und ihre Gedanken lesen könnte. Er küsste sie und roch an ihrem Haar; der Duft war so vertraut und einzigartig, dass er genauso wenig zu beschreiben war wie der Geruch von Blut.
    Sie hob den Kopf von seiner Schulter und küsste ihn auf die Wange. »Wir könnten unsere Schläger mitnehmen und in unserem alten Club spielen«, sagte sie.
    »Könnten wir«, sagte er. »Vielleicht kann ich mir einen Nachmittag freinehmen.«
    »Wir spielen nicht mehr Tennis«,

Weitere Kostenlose Bücher