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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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enorm, kaum zu bewältigen. Er setzte Wasser auf, kippte Salz in den Topf, goss Olivenöl hinterher und starrte in die Fettaugen, die auf der Oberfläche trieben. Er holte eine Dose mit weißer Muschelsauce herunter – er hortete einen geheimen Vorrat für Alice tödlicher Lebensmittel –, öffnete sie und atmete den salzigen Geruch ein. Als das Wasser kochte, starrte er wie hypnotisiert in den brodelnden Topf. Und nun, da er ganz allein war, konnte er plötzlich wieder klar denken. Er dachte an Georgines Idee, und was sie über Direktheit gesagt hatte. Er dachte daran, sie anzurufen, um mit ihr zu flirten. Er dachte an die letzten fünf Jahre mit Alice, und dann dachte er Folgendes: Wir haben einen neuen Lebensabschnitt erreicht. Entweder das, oder wir sind kurz davor. Wir drehen uns schon so lange im Kreis, dass wir entweder ewig so weitermachen – was undenkbar ist – oder eben nicht. Ab einem gewissen Punkt müssen beide gewillt sein, aneinander festzuhalten.
    »David«, sagte Alice.
    Erschreckt hob er den Kopf. Sie war ein paar Schritte außerhalb der Küche stehen geblieben, um nicht in den Radius des Saucengeruchs zu geraten. Sie war hübsch gekleidet, weniger zum Arbeiten als für eine Verabredung. Er ging einen Schritt auf sie zu, und sie zeigte zur Tür.
    »Ich gehe aus«, sagte sie.
    »Wohin?«
    »Ich habe einen Termin.«
    »Wie spät ist es?«
    »Fast sieben«, sagte sie. »Ich bin vor zehn zurück.« Sie drehte sich um.
    »Aber wohin gehst du?«
    Sie blieb im Flur stehen, ohne ihn anzusehen. »Ich werde mein Leben ändern.« Und wie um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren, ließ sie die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen.

 
     
     
     
    E ines Abends kam Detective Hastroll nach Hause – es war später Frühling und ungewöhnlich warm – und fand seine Frau Hannah im Bett vor. Es war Freitag. Er fragte sie, ob etwas nicht in Ordnung sei, und sie antwortete, sie fühle sich nicht gut, sie sei früher von der Arbeit nach Hause gegangen, um sich hinzulegen. Sie sagte, sie spüre ein Kratzen im Hals, wahrscheinlich brüte sie irgendetwas aus. Sie brauche lediglich etwas Ruhe. Sie lag nur mit einem Slip bekleidet da, hatte die Bettdecke heruntergestrampelt und die Fenster zum Hof weit aufgestoßen. Kein Wind wehte, und im Zimmer war es drückend heiß. Hastroll sah die Schweißperlen auf ihrer Oberlippe und auf ihrem Dekolleté. Sie weigerte sich, ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Kann ich dir irgendwas bringen?«, fragte er.
    »Nein danke«, sagte sie.
    »Hast du Hunger?«, fragte er.
    »Nein«, sagte sie.
    »Bist du sicher?«, fragte er.
    »Ja«, sagte sie.
    »Kann ich irgendwas für dich tun?«, fragte er.
    Sie sah ihn an und brach in Tränen aus. »Es gibt nichts «, sagte sie, »überhaupt nichts « – bei diesen Worten setzte sie sich auf und zeigte mit dem Finger auf ihn –, »was du für mich tun könntest. Außer mir aus den Augen zu gehen.«
    Sie wartete, und Hastroll wartete ebenfalls.
    »Na schön«, sagte er schließlich. Er ging ins Wohnzimmer, schenkte sich einen großen Drink ein und setzte sich in seinen Lieblingssessel.
    Das war jetzt fünf Monate her.
    Hannah lag immer noch im Bett.
    Allmählich begann Hastroll zu verzweifeln.
     
    Mord verweist auf die Grundlagen eines Charakters, dachte Hastroll. Ein Mord reduziert die Person auf ihre wesentlichen Bedürfnisse.
    Zum Beispiel töten Frauen ihren Ehemann fast immer in Notwehr. Das ist nachgewiesen, eine Tatsache. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber in neun von zehn Fällen, in denen eine Ehefrau ihren Mann erschossen, vergiftet oder erstochen hat, hat es das Opfer irgendwie auch verdient.
    Bringt hingegen ein Mann seine Ehefrau um, ist in der Regel eines der vier folgenden Motive im Spiel: Geld, Sex, Rachsucht, Freiheitsdrang. Die ersten drei bedürfen so gut wie keiner Erklärung und sind so weit verbreitet, dass jeder Detective sie auf der gedanklichen Checkliste abhakt, wann immer er eine verheiratete Tote sieht. War der Verdächtige untreu? Oder die Frau, und der Mann hat davon erfahren? Hatte die Ehefrau eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen oder ein Treuhandkonto eingerichtet, war der Ehemann der Begünstigte, und falls ja: Kann er ein glaubwürdiges Alibi vorweisen? Und so weiter und so fort.
    Freiheitsdrang als Mordmotiv kam seltener vor und war schwieriger zu durchschauen, auch wenn jeder Mann, der schon einmal verheiratet war, das Gefühl kennt. Und obwohl man argumentieren könnte, der Wunsch nach Freiheit

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