Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
Vom Netzwerk:
er sich die Frage nicht verkneifen: »Gehört das zu deinem Plan, dein Leben zu ändern?«
    Alice schwieg, und er schwieg ebenfalls.
    »Machst du dich über mich lustig?«, fragte sie.
    Er tat es und er tat es nicht, wobei er Ersteres natürlich nicht zugeben konnte. »Selbstverständlich nicht«, sagte er.
    Schweigen.
    »Aber ich finde, es steht mir zu, über das alles hier informiert zu werden.«
    »Wirst du auch«, sagte Alice, »aber noch nicht jetzt.«
    »Oh«, sagte er. »Weißt du schon, wann?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Weißt du vielleicht ungefähr, wann du es wissen wirst?«
    »Ich kann dir nicht helfen«, sagte sie.
    Sie starrten einander an, völlig festgefahren.
    Plötzlich war er fest entschlossen, nicht nachzugeben. Er würde ihr beweisen, dass er in der Lage war, dieses Gefühlspatt auszusitzen, dass er eine Grenze ziehen würde, hier in dieser Küche, in T-Shirt und Boxershorts. Wenn sie dieses Spiel unbedingt spielen wollte, dachte David, dann nur zu! Er blieb stocksteif stehen, bis ihm das Schweigen absurd und nutzlos vorkam, eine sinnlose Demonstration menschlichen Durchhaltevermögens, wie bei einem Küssmarathon. Er konnte die Versteinerung in seinem Gesicht spüren, seine Oberlippe klebte bereits an den trockenen Schneidezähnen fest. Er musste dringend blinzeln, seine Augen tränten schon, aber Alice hielt immer noch durch. Davids Wunsch zu schlucken wurde so stark, dass er fast zu ersticken glaubte.
    Und dann gab er auf. Gegen Alice’ rätselhafte Entschlossenheit kam er nicht an. Er ließ die Schultern hängen. Ein Kaffeespritzer landete zwischen seinen Füßen.
    »Schön«, sagte David. »Lass es mich einfach wissen, wenn du so weit bist.«
    Er duschte, zog sich an und verließ das Apartment, ohne sich zu verabschieden.
    Im Büro legte er sich zurecht, dass seine Frau lediglich eine Phase durchmachte, eine Art posttraumatische Krise, die zum Genesungsprozess dazugehörte und die er ertragen musste. Er würde eine Zeitlang überhaupt nichts mehr von ihr erwarten. Diese Entscheidung erwies sich als überaus entlastend, und David hatte einen außerordentlich produktiven Tag. Er war konzentriert und selbstbewusst, und weil er es sich verdient hatte, lud er Georgine Darcy, die hinreißende, erst vor Kurzem eingestellte Programmiererin, zum Mittagessen ein.
    »Wurde auch Zeit«, sagte sie.
    David dachte über Georgine nach. Gab es eine Frau, die sich noch deutlicher von Alice unterschied? Georgine war schlank und durchtrainiert, abgebrüht und unabhängig, in Brooklyn geboren und aufgewachsen, langbeinig, blond, um einiges weniger kurvig als Alice, aber immer noch kurvig, und sie war Tänzerin gewesen, bis sie sich im Alter von achtzehn Jahren das Kreuzband gerissen hatte. Vor zwei Monaten hatte sie David und seinem Geschäftspartner Frank Cady das erste von ihr programmierte Spiel geschickt, ein wunderbares, unglaublich spaßiges Kabinettstückchen. Es basierte auf dem beliebten Brettspiel »Labyrinth«, der Holzkiste mit dem eingelassenen Irrgarten, dessen Lage man mithilfe zweier außen angebrachter Knöpfe verändern konnte, um eine kleine, schwarze Murmel an den Löchern vorbei durch das Labyrinth zu manövrieren. Georgines Spiel stellte das Ganze aus der Perspektive der Murmel dar. Der Avatar, ein winziges, schwarzes Menschlein, stand in der Kugel, und die Irrgärten wurden mit jedem bewältigten Level komplexer. Der über zwei Navigationstasten gesteuerte Avatar krachte gegen die Wände, ruhte sich keuchend in den rechtwinkligen Ecken aus und stieß einen furchtbaren Schrei aus, wenn er in eines der Löcher fiel.
    David hatte beschlossen, Georgine zu New York Noodle mitzunehmen, seinem Lieblingsladen in Chinatown, nicht nur, weil es dort phantastisches Essen gab, sondern auch, weil dies der letzte Ort auf Erden war, den seine Frau freiwillig aufsuchen würde. »Wir bestellen die Ente«, sagte David, »wenn du damit einverstanden bist.« Er nickte in Richtung der Vögel, die an Haken aufgereiht im Fenster hingen, kopflos und goldbraun gebraten. »Die machen hier übrigens eine tolle Kaldaunensuppe.«
    »Du bestellst.« Georgine klappte die Speisekarte zu, stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte, lehnte sich vor und legte das Kinn auf die gefalteten Finger. Ihr volles, blondes Haar umspielte ihr Gesicht, ihr Lippenstift leuchtete wie ein roter Apfel. »Ich esse alles.«
    Er bestellte zwei Tsingtaos. Normalerweise trank er zum Mittagessen niemals Alkohol, aber heute war er mutig und, wie

Weitere Kostenlose Bücher