Mister Peanut
es schien, zum ersten Mal seit Ewigkeiten entspannt.
Wenn Georgine die Flasche ansetzte, berührte der Glasrand kaum ihre Oberlippe. »Ich muss dir etwas gestehen«, sagte sie.
»Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Ich habe mich nur deinetwegen bei Spellbound beworben. Lach nicht! Es stimmt. Wegen Peng, du bist tot! Ich weiß noch, wie ich das Spiel früher gespielt habe und dabei immer dachte, wie perfekt es ist. Wir haben den Figuren die Namen unserer Mitschüler gegeben. Da ist Miss Girgus! Mr. Romano! Schieß doch! Vorsicht, die wollen dich von hinten abknallen! Nachdem ich Peng! gepielt habe, dachte ich: ›Das ist es, was ich machen will.‹ Aus dieser Euphorie heraus habe ich auch Labyrinth programmiert. Es ist eine Hommage an dein Werk.«
»Ich bin geschmeichelt.«
»Weißt du, ich habe dich letztes Jahr auf der Unterhaltungselektronikmesse in Las Vegas gesehen. Du hast einen Vortrag über die allwissende Perspektive in Multiplayer-Ballerspielen gehalten.«
»Du hättest dich vorstellen sollen!«
»Ich war zu schüchtern. Ich dachte nur, wow, er ist ein Genie und scharf noch dazu.«
»Ich bitte dich …«
»Darf ich dir von einer Spielidee erzählen?«
»Natürlich.«
»Das wird ein ziemlich großes Projekt, ich habe es zwar noch nicht programmiert, aber es geht mir nicht aus dem Kopf.«
»Ich höre.«
»Also gut«, sagte sie. Sie beugte sich vor, legte die Arme auf dem Tisch übereinander und presste ihre Brüste dagegen.
Oh, dachte David, die Tyrannei der Titten. Auf ihrem T-Shirt stand: W ARUM IST DAS H UHN DURCHS M ÖBIUSBAND GESTIEGEN ? Als er ihr zum Tisch gefolgt war, hatte er kurz den Blick von ihrem Apfelpo genommen und die Antwort gelesen: W EIL ES AUF DIE ANDERE S EITE WOLLTE .
»Es heißt Playworld «, erklärte sie. »Es basiert ganz entfernt auf Die Doppelwelt , ein Buch von Piers Anthony, das ich als Kind gelesen habe. In dieser Welt wird den lieben langen Tag nur gespielt. Für sämtliche materiellen Bedürfnisse ist gesorgt, und als Währung zählt allein die Spielgeschicklichkeit. Im Großen und Ganzen also der coolste Kommunistenstaat im Universum. Die Leute werden nach Spielständen klassifiziert und genießen das entsprechende Ansehen. Man wird von Fremden oder Freunden zu einer ganzen Reihe von Spielen und Wettkämpfen herausgefordert, körperlichen wie geistigen – zu Hindernisläufen, Brettspielen, Nahkämpfen. Auf diese Weise interagiert man mit anderen, lernt seine Partner kennen, lebt sein Leben. Ach ja, und alle laufen nackt herum, nur zum Sex ziehen sie Kleidung an.«
»Das gefällt mir.«
»Sex in Klamotten?«
»Nackt rumzulaufen.«
»Mir auch. Playworld arbeitet mit zwei Programmierschnittstellen. Ich stelle mir das Ganze so ähnlich vor wie World of Warcraft – als Massenphänomen, an dem sich Leute aus aller Welt beteiligen und das Einkünfte über Abos generiert. Gleichzeitig funktioniert es wie Facebook, weil man ein Profil anlegen kann, nur dass das Profil in diesem Fall auch die Kompetenz des Spielers anzeigt und seine Position auf der Weltrangliste. Das eingestellte Bild ist nicht echt, es zeigt nicht den Spieler selbst, sondern einen hochkomplexen Avatar – stell ihn dir vor wie bei Second Life –, eine Warhol’sche Version deiner Persönlichkeit, eine verzerrte oder idealisierte Variante, eine Karikatur deiner selbst, so muskulös oder dünn oder sexy oder bucklig, wie du sein möchtest. Du bist es, und du bist es nicht. Die künstlerische Gestaltung des Avatars soll ungefähr so aufwendig sein wie bei Spore . Um online zu gehen, braucht man ein Headset, ähnlich wie bei Halo . In der Spielwelt findet man sich dann in einem offenen Raum wieder, auf einem Jahrmarkt zum Beispiel oder in einem riesigen Nachtclub oder hundert Jahre in der Zukunft in der Bourbon Street. Alles ist so bunt wie in einem Flipper, überall laufen Avatare herum, man versammelt sich an den unterschiedlichsten Treffpunkten oder auf den Spielfeldern, um seine Kräfte miteinander zu messen. Man kann zuschauen und applaudieren, und alles, was man sagt oder tut, trägt zum Geräuschteppich bei. Man kann in Echtzeit mit seinen Gegnern kommunizieren, man kann miteinander chatten oder die anderen zu einem Spiel herausfordern. Man könnte beispielsweise Scrabble spielen oder Schiffe versenken oder Schach, oder man spielt eine Runde Escher X oder Peng, du bist tot! … was auch immer. Wir könnten die Schirmherren sein und sämtliche Spellbound-Spiele einbinden, es wäre wie in einem
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