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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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spiele in die drei anderen Motive hinein, bilde sozusagen den gemeinsamen Nenner, wusste Hastroll aus Erfahrung, dass Freiheit um der Freiheit willen noch einmal einen völlig anderen Stellenwert hatte.
    Männer träumen davon, neu anzufangen. Nicht notwendigerweise mit einer anderen Frau. Der Traum von der weißen Weste, vom Verschwinden, vom Verlassen des Flugzeugs beim Zwischenstopp, um sich in einer fremden Stadt ein neues Leben aufzubauen – in Grand Rapids beispielsweise oder in Nashville. Männer träumen von einem Apartment ganz für sich allein, von Stille, sie träumen davon, der Delta Force beizutreten und im Irak zu kämpfen oder sich einer fremden Person mit einem Spitznamen vorzustellen, den sie sich schon immer gern gegeben hätten. Männer träumen von einer Zeit und einem Ort, wo sie all das Wissen einsetzen können, das sie damals vor der Ehe noch nicht hatten. Und dann wären sie vielleicht glücklich.
    Als er im Wohnzimmer in seinem Lieblingssessel saß, während seine Frau im Bett lag und stundenlang schluchzte, entwickelte Hastroll Verständnis für diese Männerträume. Wenn man nur lange genug im Dunkeln herumsaß, dachte er, schien der Traum einen Mord wert zu sein.
     
    »Hin und wieder flogen die Fetzen bei denen«, sagte Rand Harper, Pepins Nachbar. »Aber bei mir und Havis auch.« Seine Frau, Havis Davenport, saß neben ihm auf dem Sofa. Die beiden waren Ende zwanzig und hatten gerade erst geheiratet. Havis war seit Kurzem schwanger, was ihr jetzt schon deutlich anzusehen war. Überall in der Wohnung hingen Fotos von der Hochzeit. Im Bad war Hastroll, der sich entschuldigt hatte, um pinkeln zu gehen, eine gerahmte Seite aus Town & Country aufgefallen. Der Text las sich wie ein Portfolio überragender Leistungen und hochwertiger Immobilien, das Foto zeigte das Brautpaar in der Limousine, mit der es in die luxuriösen Flitterwochen gekarrt wurde. Die jungen Leute sahen so affektiert, attraktiv und angespannt aus, dass es für sie, dachte Hastroll, nirgendwo anders hingehen konnte als bergab.
    »Ich finde, wir kommen prima miteinander aus«, sagte Havis.
    »Etwas anderes habe ich nie behauptet, Schatz, ich wollte bloß sagen, dass wir uns auch schon einmal gestritten haben, deshalb aber noch lange nicht drauf und dran sind, uns gegenseitig umzubringen.«
    »Hoffentlich nicht«, sagte Havis.
    Hastroll blickte von seinen Notizen auf.
    »Rand hat für Lehman gearbeitet«, sagte sie.
    »Was tut das zur Sache?«
    »Du standest deswegen unter Druck«, sagte sie.
    »Ich glaube kaum, dass sich der Detective für meine berufliche Situation interessiert.«
    »Nun ja«, sagte sie, »irgendwen muss es schließlich interessieren.«
    Hastroll schlug eine neue Seite in seinem Notizblock auf. »Sie haben also niemals etwas Ungewöhnliches gehört?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Rand.
    »Haben Sie die beiden am Tag von Alice’ Tod gesehen?«
    »Ehrlich gesagt«, sagte Havis, »habe ich sie so gut wie nie zusammen gesehen.«
    »Könnten Sie sich deutlicher ausdrücken?«
    »Die Frau habe ich monatelang nicht gesehen. Ich glaube, sie haben den größten Teil des Jahres getrennt verbracht. Ich glaube, sie war verreist.«
    »Jetzt kommt wieder die Geschichte vom hässlichen Entlein«, sagte Rand.
    Seine Frau gab ihm einen Klaps auf den Arm.
    »Wieso, stimmt doch! Früher war sie eine fette …« Er wandte sich Hastroll zu. »Also gut, sie war übergewichtig, und dann …«
    »Was dann?«, fragte Havis.
    Er sah erst sie an und dann Hastroll.
    »Dann wurde sie … attraktiv.«
    Seine Frau verschränkte die Arme, dann stand sie auf und räumte die Tassen vom Sofatisch. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen an mich, Detective?«
    »Nein«, sagte Hastroll.
    »Dann entschuldigen Sie mich.« Sie ging in die Küche, ließ die Tassen in die Spüle fallen und knallte die Schlafzimmertür hinter sich zu.
    Rand seufzte. Er warf zur Kontrolle einen kurzen Blick über die Schulter, lehnte sich vor und dämpfte die Stimme.
    »Es ist, als hätte sie den Teufel im Leib.«
    »Das kann ich nicht beurteilen.«
    Rand schaute ein zweites Mal nach, ob die Tür auch wirklich geschlossen war.
    »Hören Sie, Detective, mir sind ein paar merkwürdige Dinge aufgefallen. Ich wollte vor Havis nichts sagen, denn wenn sie erfährt, dass unser Nachbar seine Frau, Sie wissen schon, um die Ecke gebracht hat, wird sie erst recht hysterisch.«
    »Reden Sie weiter.«
    »Wir haben Alice tatsächlich monatelang nicht gesehen. Ich kann Ihnen nicht

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