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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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sagen, was da los war. Die beiden waren sehr verschlossen. Aber einmal bin ich spät nach Hause gekommen – das war während Alice’ Abwesenheit – und habe diese völlig fremde Blondine aus dem Apartment kommen sehen.«
    »Wann war das?«
    »Ist Monate her. Drei vielleicht. Vier. Ich weiß es nicht genau.«
    »Was noch?«
    »Am Abend vor Alice’ Tod habe ich David auf der Straße mit dem Handy telefonieren sehen.«
    »Warum war das seltsam?«
    »Weil er im Kreis lief und sich richtig aufgeregt hat.«
    »Konnten Sie hören, was er gesagt hat?«
    »So etwas wie ›Was muss ich tun, damit das Ganze aufhört?‹. Ich konnte nicht alles verstehen. Aber es klang, als sei er mit den Nerven am Ende.«
     
    Der mit Spannung erwartete Höhepunkt des Tages kam für Hastroll, sobald er den Schlüssel in die Wohnungstür steckte. Die große Frage war, was Hannah als Erstes zu ihm sagen würde. Er war für die Nuancen ihrer Stimme so empfänglich wie ein Hund für einen Pfeifton.
    »Ich bin zu Hause«, rief Hastroll, und es konnte sein, dass Hannah gar nichts erwiderte. Und seine Laune, von Hoffnung getragen, stürzte dann brutal ab. Manchmal lief der Fernseher, er ging ins Schlafzimmer, und Hannah löste den Blick für einen Moment vom Bildschirm und sagte: »Oh, ich habe dich gar nicht reinkommen hören«, nur um dann weiterzuschauen. Er wartete ab, ob sie vielleicht noch mehr sagen würde – was nie der Fall war –, dann ging er ins Wohnzimmer und genehmigte sich einen Drink.
    »Ich bin wieder da«, rief Hastroll, und es konnte sein, dass Hannah zurückrief: »Ich bin hier«, was so viel bedeutete wie: Komm rein, wenn du möchtest, aber geändert hat sich nichts.
    »Ich bin wieder da«, rief Hastroll, und es konnte sein, dass Hannah rief: »Ward, bist du das?« Und diese Betonung weckte ein Fünkchen Hoffnung in ihm. Diese Betonung erinnerte ihn an das eine Gefühl: Liebe. Seine Seele wurde beflügelt. »Ich bin’s«, rief er und lief ins Schlafzimmer. Vielleicht würde sie endlich aufstehen und ihn umarmen. Vielleicht würde sie sich auf den Mund küssen lassen. Vielleicht würde sie sagen: »Liebling, heute geht es mir schon viel besser!«, sich erheben und strecken und ihre Arme um seinen Hals schlingen. Hastroll glaubte ehrlich, er würde weinen müssen, falls es so käme. Er eilte ins Schlafzimmer und sagte: »Natürlich bin ich das.« Und Hannah, enttäuscht, sagte: »Oh. Dachte ich’s mir doch.« Und das war alles.
    »Ich bin wieder zu Hause«, rief Hastroll, und hin und wieder – heute Abend zum Beispiel – antwortete Hannah: »Könntest du bitte herkommen?« Keine Frage, sie klang verletzlich. Flehentlich. Sie stand kurz vor einem Entschluss; sie hatte ihm etwas mitzuteilen. Vorsichtig, zögerlich betrat er das Schlafzimmer. Sie trug denselben Slip wie an dem Tag, an dem sie sich hingelegt hatte. Er fragte sich, warum der Slip sauber blieb. Wusch sie ihn heimlich? Weichte sie ihn im Waschbecken in Waschmittel ein? Wie trocknete er so schnell? Ging sie tagsüber, wenn er nicht da war, in den Waschsalon? Sie kämmte sich und schminkte sich, so viel war klar, und sie aß das Essen, das er ihr brachte – immerhin war sie noch nicht verhungert –, aber wann immer er nach Hause kam, lag sie wieder im Bett. Kein schmutziges Geschirr weit und breit, der Pegelstand der Milch im Kühlschrank unverändert, und jeden verdammten Tag trug sie denselben Slip.
    »Ja, Liebes«, sagte er und blieb neben dem Bett stehen.
    »Ward«, sagte sie. Sie streckte ihm die Hand entgegen.
    Er griff danach. Ihre Handfläche war feucht.
    Sie schaukelte seine Hand hin und her, schloss die Augen, führte sie sich an die Lippen, rieb sich mit Zähnen und Zahnfleisch an seiner Haut wie eine Katze.
    Er hielt ihre Hand fest, kniete nieder, nahm sie zwischen beide Hände. Sie musterte ihn genau, ließ ihren haselnussbraunen Blick zwischen seinen Augen hin und her wandern.
    »Hannah, was ist los? Sag es mir. Bitte.«
    »Nein«, sagte sie und schlug sich eine Hand vor den Mund. »Nein, geh weg.«
     
    Der andere Nachbar der Pepins war ein älterer Mann, auf dessen Türklingel B AGDASARIAN stand. Er begrüßte Hastroll geistesabwesend und nur mit einer Unterhose bekleidet. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Hastroll und zeigte seine Dienstmarke vor, »würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen.« Aber Bagdasarian hatte sich schon umgedreht und ihn im Flur stehen lassen. Hastroll steckte einen Fuß in die Tür und folgte dem Mann nach

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