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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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sie nicht aussprach, was immer sie zu sagen hatte. Er wollte nach Hause, und wenn sie mitkommen wollte, dann war er auch damit einverstanden. Als ihre Miene sich also aufhellte und sie sagte, sie würde gern den ganzen Marsch bis zum Kalalau Beach in Angriff nehmen, eine Strecke von achtzehn Kilometern und mindestens zweieinhalb Tagen, überraschte ihn das völlig – und wenn auch nur aus dem einzigen Grund, dass sie auf so einer Expedition gezwungen wären, miteinander zu reden. Sie würden sich aufeinander verlassen können müssen.
    Als er sein Anliegen telefonisch anmeldete, riet Harold ihm ab. Nur sehr erfahrene Wanderer seien in der Lage, den Pfad zu bewältigen, und jedes Jahr kämen mehrere Touristen auf ihm um. Ein Ausflug nach Hanakapi’ai sei machbar, sagte Harold, und ebenfalls schwierig genug, um ihnen ein Erfolgserlebnis zu bescheren. Es sei unverantwortlich, den Plan gutzuheißen.
    Außerdem würden sie in drei Tagen abreisen. Es war schon später Vormittag, und sie würden sich die nötige Ausrüstung besorgen müssen, falls Alice auf der Wanderung bestand.
    David entdeckte sie auf der Terrasse. Sie war schwimmen gewesen. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, und er stand in der Küche und beobachtete sie durch die gläserne Terrassentür, bemerkte die Rettungsringe an ihrer Taille, die strammen Unterschenkel, deren zusätzliches Gewicht er spürte, wenn er ihr die Hand reichte, um ihr auf dem Anstieg vom Strand zur Ferienwohnung zu helfen. Er schob die Tür auf und stellte sich neben sie ans Geländer. »Ich möchte mit dir über diesen Ausflug reden«, sagte er.
    Er habe sich mit einem Einheimischen ausführlich darüber unterhalten. Er hielt sein Plädoyer. Als er mit dem Satz schloss, das Ganze sei zu riskant, sagte sie: »Seit wann interessiert dich, ob eine Sache riskant ist?«
    »Wovon redest du?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    Sie verschränkte die Arme.
    »Was ist los, Alice?«, fragte er. »Sag es mir endlich.«
    »Nichts.«
    David presste sich die Handballen gegen die Augen. »Ich halte das nicht mehr aus«, sagte er, »ich will einfach nur …«
    »Was?«
    Er wusste es selbst nicht. »Was willst du?«, fragte er resigniert.
    »Ich will wandern «, sagte sie. »Das hier ist der Mount Everest der Wanderwege, richtig? Ich muss das tun. Ich muss irgendetwas tun.«
    »Nein, bitte!«
    »Komm mit, oder ich gehe allein.«
    Er hörte sie, aber er hörte nicht zu, wenigstens nicht so, wie Harold es ihm angeraten hatte. Stattdessen stellte er sich den schmalen Pfad in Hunderten Meter Höhe vor und wie die schweren Rucksäcke sie niederdrücken würden, den einsetzenden Regen – und wie Alice, deren Füße einfach unter ihr wegrutschten, plötzlich weg war.
    Ja, doch, er würde mitkommen, und sei es nur, damit sie Ruhe gab.
    Harold erwirkte eine Genehmigung, und bis zum Abend waren sie vollständig ausgerüstet. Bevor es losging, schlug David vor, alles für die Heimreise zu packen, und er traf die entsprechenden Vorbereitungen.
    Sie fuhren mit dem Taxi bis zum Ke’e Beach, wo man sein Auto, so schrieben es die Parkregeln vor, nicht über Nacht abstellen durfte. Sie saßen schweigend nebeneinander, während es nach Westen ging und dann um den nördlichsten Punkt der Insel herum und über eine Serpentinenstraße hoch hinauf; sie erhaschten durch die Bäume hindurch einen Blick aufs Meer und auf die Felswände, aus denen einzelne Bäumchen herausragten. Vielleicht würde man sich an ihren Ästen nach einem versehentlichen Sturz mit letzter Kraft festklammern können. Sie überquerten einspurige Brücken über schmalen Schluchten, an deren Grund das Wasser aus den Bergen strömte und dem Ozean entgegen; vor angebauten Schuppen mit handgemalten Schildern saßen Einheimische, die W ANDERKARTEN und G EFÜHRTE T OUREN im Angebot hatten und hinter denen Surfbretter und Kajaks zu langen Reihen aufgestellt standen.
    »Wie kommst du darauf«, fragte David schließlich, »dass es mir egal sei, ob eine Sache zu riskant ist?«
    Alice, die an der Küstenseite saß, spähte zum Fenster hinaus und nach jeder scharfen Kurve nach unten. »Willst du wirklich wieder damit anfangen?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte er, »das will ich.«
    »Dann kannst du für den Rest des Tages Selbstgespräche führen.«
    Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Wenn er allein mit ihr sein könnte, ganz ungestört, würde er sie umbringen. Er würde ihr einen Felsbrocken auf den Kopf schlagen und ihren

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