Mister Traumprinz (Doppelband)
Vorausgesetzt, wir sind leise, meint mein Vater. Aber mit ein bisschen Glück arbeitet der sowieso die ganze Zeit und wir haben sturmfreie Bude!
Als ich gegen acht mit Putzi das Haus verlasse, nieselt es und ich ziehe mir die Kapuze über. Gegen Regen kann man sich wenigstens schützen, im Gegensatz zu Florian.
»Willst du nicht mal zur Sache kommen?«, frage ich Putzi, der zwar wie ein Weltmeister herumschnüffelt, aber dabei vergisst, das Bein zu heben. »Es regnet nämlich, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte.«
»Doch, das ist mir auch schon aufgefallen«, sagt eine Stimme hinter mir und ich stoße vor Schreck einen Schrei aus. Nein, bitte nicht schon wieder, bete ich stumm.
»’tschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken!«
Ich schaue neben mich und würde am liebsten auf der Stelle weiterschreien, aber vor Freude, versteht sich, denn neben mir steht ER! Mister Oberschnuckel, Fynn, mein Traumprinz. Ich reiße mir die Kapuze runter und strahle ihn an.
»Ach, du bist es!«, sage ich und versuche, dabei nicht allzu euphorisch zu klingen. Was soll der Typ sonst von mir denken?
»Und wen hast du erwartet?«, fragt Mister Traumprinz grinsend. »Den Nikolaus?«
Ich kichere nervös. »Nein, aber dich auch nicht unbedingt. Hattest du nicht gesagt, dass du immer, äh, dass der Ludwigspark, äh, dass du da herumrennst?«
Mein Gott, Mira, schalte bitte vorübergehend dein Hirn ein! Bitte!
»Schon«, antwortet Fynn, als hätte ich gerade einwandfreie Sätze gesprochen. »Aber da du, äh, und da dachte ich, dass du, äh, vielleicht …«
Plötzlich kichern wir beide los. »Kann es sein, dass du in den letzten Tagen manchmal im Stadtpark unterwegs warst?«, frage ich ihn tapfer. Gut, Mira! Das war ein klarer, gut verständlicher Satz. Weiter so!
Mein Traumprinz nickt. »Und hast du dafür den Ludwigspark etwas genauer …«
Ich nicke und wir grinsen uns an wie nasse Honigkuchenpferde.
»Kein Wunder, dass ich dich nicht getroffen habe«, sagt Fynn leise. »Sollen wir ein Stück weitergehen?«
Apropos Hund. »Wo hast du denn den, äh …« Wie hieß diese Bestie noch mal gleich?
»Du meinst Hamlet?« Fynn sieht mich fragend an. »Der ist zu Hause. Ich komme gerade von einem Kumpel und da ist es für mich eine Abkürzung durch den Park, weißt du?«
Klaro, und die Erde ist eine Scheibe. Egal, wo dieser Kumpel auch wohnt, eine Abkürzung kann es für Fynn kaum sein. Es sei denn, man hat die Beethovenstraße heute Nacht abgebaut und woanders hingestellt. Aber egal. Noch nie inmeinem Leben habe ich mich mehr über eine kleine Notlüge gefreut, und während wir weitergehen, muss ich mich zusammenreißen, nicht zu hüpfen.
»Scheißwetter«, sage ich stattdessen.
»Stimmt«, sagt mein süßer Begleiter. »Aber wir könnten uns ja kurz unterstellen.« Er zeigt auf einen kleinen Pavillon am Rande des Parks. »Oder musst du gleich wieder nach Hause?«
Himmel, nein, ich habe Zeit bis zum Jahr 2913!
Als wir regengeschützt in dem kleinen Rundbau stehen, zeigt Fynn auf einen der Pfeiler. »Wenn mich nicht alles täuscht, ist das aus der Barockzeit.« Er zieht eine Grimasse. »Haben wir gerade in Kunst: Barock und Rokoko!«
»Vielleicht ist es sogar eine seltene Form von Barockoko«, gebe ich zu bedenken und tue so, als würde ich die Säule näher studieren. »So was ist äußerst selten, weißt du?«
Fynn klopft nun mit dem Knöchel auf die verzierte Säule. »Es könnte sogar Hardrock-koko sein. Hörst du den Sound?«
Ich halte mein Ohr dran und nicke. »Stimmt. Wummert eindeutig noch richtig nach!«
Dann schweigen wir und schauen in den dunklen, nass glitzernden Park. Mein Herz klopft aber so laut, dass ich Angst habe, Fynn könnte es hören.
»Was machst du denn in den Ferien?«, frage ich, um von dem Lärm abzulenken.
»Hm. Ein bisschen abhängen und mit meiner Band proben. Und du?«
»Ich bekomme morgen Besuch von Freunden aus Frankfurt. Was für ein Instrument spielst du denn?«
»Gitarre.«
»Cool«, sage ich und meine dabei eigentlich mehr die Außentemperatur. Mir ist mittlerweile so kalt, dass ich mich zusammenreißen muss, nicht mit den Zähnen zu klappern. Verdammt, gibt es eine Möglichkeit, zu gehen und trotzdem zu bleiben? In diesem Moment fängt Putzi leise an zu jaulen und Fynn streichelt ihm über das nasse Fell.
»Ich fürchte, der muss bald in die Wärme«, sagt er leise. Dann steht er plötzlich direkt vor mir. »Und du bist ja auch ganz nass!« Mit seinem rechten
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