Mister Traumprinz (Doppelband)
Zeigefinger wischt er ganz vorsichtig einen Regentropfen von meiner Wange und ich habe das Gefühl, unter Strom zu stehen. »Pass bloß auf, dass du nicht krank wirst!«
O Mann. Ich bin schon längst krank: schwer liebeskrank!
»Mach ich«, stammle ich, ultraverwirrt. »Also dann …«
»Bis bald«, antwortet mein Traumprinz. »Bis bald, Mira mit i !«
Wie in Trance laufe ich nach Hause. Erst das »Um Himmels willen!« meiner Mutter holt mich wieder in die Wirklichkeit zurück. »Ihr seid ja völlig nass! Schnell ab mit dir in die Badewanne!«
Es ist fast wie früher, als Mama noch Mama war und sich nicht pausenlos selber hinterherjagte. Und während ich im warmen Wasser liege, schweifen meine Gedanken zurück in den Pavillon. Immer wieder spüre ich Fynns Zeigefinger an meiner Wange. Ganz sanft. Wie eine Feder. Wie es wohl wäre, wenn er mich in die Arme nehmen würde und mich küsst? Würde er das auch so zärtlich machen? Das Badewasserkommt mir plötzlich noch wärmer vor und ich stelle mir vor, wie Fynn und ich unter Wasser schwimmen. Wir schweben durch Korallenriffe hindurch, begleitet von vielen bunten Fischen und Delfinen.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragt meine Mutter, die besorgt zur Tür hereinschaut.
Ich nicke. O ja, alles in bester Ordnung …
So lange, bis ich aus der Badewanne steige und in den Spiegel schaue: Knubbelalarm! Die rechte Busenseite ist irgendwie gewachsen, aber eben nur die rechte Seite! O Gott, wie das aussieht! So könnte ich nicht mal in einem Ganzkörperbadeanzug mit Fynn durch die Meere schwimmen. Wenn das so bleibt, kann ich mich nur noch nachts in übergroßen Sweatshirts aus dem Haus trauen. Und überhaupt: Seit wann wachsen unter meinen Armen so viel Haare? Warum fällt mir das erst jetzt auf? Auf einen Schlag ist das gesamte Paradies aus meinem Kopf verschwunden und ich würde am liebsten in Tränen ausbrechen.
»Wozu brauchst du denn einen Ladyshaver?«, fragt meine Mutter verwundert, als ich sie um Hilfe bitte. »Die paar Härchen stören doch niemanden!«
Bin ich niemand ? »Mich stören sie aber«, sage ich wütend. »Und zwar gewaltig!«
»Du sollst dir nicht so viel von irgendwelchen Zeitschriften einreden lassen«, sagt meine Mutter. »Die wahre Schönheit wohnt in uns.«
Das mag ja sein, aber da sieht sie leider niemand.
Was bedeutet es,
wenn ein Junge ›bis bald‹ sagt?
H eißt das »ich fahre voll auf dich ab« oder »wenn ich dich nicht bald wiedersehe, werde ich wahnsinnig«? Oder heißt es einfach nur »bis bald«? Diese Frage geistert mir immerzu durch den Kopf und wird erst von anderen Gedanken verdrängt, als es Sturm klingelt und die Twins die Treppe hochpoltern. Natürlich reißt Frau Kunert sofort ihre Wohnungstür auf und keift, weil es ihr zu laut ist. Soll ihr Hansili doch meinetwegen einen Flügelinfarkt erleiden oder sich gar die Hüfte brechen: Meine Freunde sind da und wir fallen uns laut johlend in die Arme!
»Geile Wohnung habt ihr!«, ruft Jana begeistert. »Und so nette Nachbarn!«, was ihr einen tadelnden Blick meiner Mutter einbringt, die seufzend zu Frau Kunert hinuntergeht, um die Wogen wenigstens etwas zu glätten. Jetzt kommt auch Frau Lindenberg, die Mutter der Zwillinge, in die Wohnung.
»Hallo, Mira!«, ruft sie fröhlich. »Wie schön, dich wiederzusehen!«, und mit einem Blick zur Wohnungstür: »Ist die Tante da unten immer so gut drauf?«
»Meistens«, sage ich und umarme sie. »Außerdem hat sie einen Vogel namens Hansili.«
»Du meine Güte«, kichert Frau Lindenberg. »Wenn Leute ihren Macken schon Namen geben, ist meistens alles zu spät!« Die Mutter von Jana und Yannick ist Psychologin und somit Expertin für Macken aller Art. Sagt sie.
Nach einer Stunde haben wir endlich unsere Ruhe: Mama und Lukas sind auf dem Weg zu Oma, Frau Lindenberg düst zurück nach Frankfurt und mein Vater ist wie immer in seiner Kanzlei. Und endlich kann ich von meinem Besuch im Stadtpark erzählen.
»Wusste ich doch, dass das ein guter Ratschlag war!«, sagt Jana zufrieden. »Und wie geht es jetzt weiter?«
» Bis bald, hat er gesagt«, brumme ich. »Was immer das heißen mag …«
»Du, Yannick, was heißt bei euch Jungs eigentlich bis bald ?«, fragt seine Schwester ihn neugierig.
Yannick, der sich bei dieser Art von Gesprächen immer sehr schnell ausklinkt, schaut von seinem Zeichenblock hoch. »Na, was denn schon? Bis bald eben! Wo ist das Problem?«
Jana und ich schauen uns an und rollen die Augen. Jungs
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