Selbstbeherrschung hochkurbeln, um sie nicht anzubrüllen.
»Na ja, so wild war das doch gar nicht«, sagt Fynn, aber im Schein der Laterne sehe ich, dass er rot wird. »Es hat sich einfach so ergeben, weißt du?«
»Und weiß sie das auch?«, flötet Amanda. »Ich meine, dass es einfach nur so war?«
Jetzt fängt Fynn an zu stottern und ich merke: Es reicht mir!
»Wir sehen uns nächste Woche!«, sage ich so ruhig, wie es nur geht. »Und viel Spaß im Schullandheim!«
»Warte doch noch kurz«, höre ich Fynn rufen, aber ich drehe mich nicht mal mehr zu ihm um. Mit großen Schritten gehe ich den dunklen Weg entlang, und sobald ich mir sicher bin, dass sie mich nicht mehr sehen können, sprinte ich los. Aber ich habe die Rechnung ohne Putzis Stummelbeine gemacht. Verdammt, ich muss hier weg, und zwar schnell! Kurzerhand klemme ich mir den kleinen Hund unter den Arm und renne, als wäre der Teufel hinter mir her. Soll er doch schauen, was sich mit seiner Susi noch so alles ergibt!
Völlig außer Atem komme ich zu Hause an.
»Ist was passiert?«, fragt meine Mutter besorgt, als sie mich hereinkommen sieht.
Ja, Mama, ich habe den konkreten Verdacht, dass ich auf einen hübschen Hochstapler hereingefallen bin, auf den alle Mädchen von Hellenburg stehen, und da sich mit den meisten anscheinend immer mal was ergibt , möchte ich ab sofort nicht mal mehr seinen Namen hören!
»Da war so ein großer, frei laufender Hund im Park und der hat Putzi nicht in Ruhe gelassen«, sage ich stattdessen. »Da sind wir lieber schnell abgehauen!« Ist ja fast wie eine Gleichung in Mathe: frei laufender Hund = Amanda, Putzi = Mira. Kann man nur hoffen und beten, dass der frei laufende Hund bald gefasst und ins Tierheim gebracht wird.
»Mir ist eigentlich auch gar nicht recht, dass du in der Dunkelheit so lange im Park unterwegs bist!«, sagt meine Mutter. »Vielleicht führen Papa und ich den Hund abends besser aus.«
Mir egal. Ich bin sowieso nicht mehr an irgendeinemPark auf dieser Welt interessiert. Meinetwegen können sie heute Nacht alle in Flammen aufgehen. Dieses Kapitel habe ich abgeschlossen.
»Ich muss noch ein paar Hausaufgaben machen«, murmle ich. »Und falls noch jemand anruft, sagst du einfach, ich schlafe schon, okay?«
Meine Mutter sieht mich forschend an, aber dann nickt sie. »Verstanden!«
In der Mailbox ist eine Nachricht von Jana, die mich nicht gerade aufmuntert, obwohl es wohl so gedacht war:
Von:
[email protected] Betreff: Super!!!
Datum: So., 04 November 19:04:12 ( MEZ )
An:
[email protected] Manno, da habt ihr aber wirklich ganze Arbeit geleistet! Die Wand sieht ja echt megastark aus! Danke, dass ihr uns gleich ein Bild davon geschickt habt! Ein Hoch auf die Digi-Kameras! Was haben die Bandmitglieder denn gesagt? Ich finde die Idee, die Ws aus dem Namen als große Blitze darzustellen, echt gut. Knallt voll raus! Ich nehme mal an, dass der süße Fynn dich seitdem auf Händen trägt, oder? Macht die Liebe schon Fortschritte? Einen ausführlichen Bericht, please!!!
Bin ganz froh, wieder zu Hause zu sein, obwohl die Schule morgen wieder angeht. Aber dieser Bungalowpark war echt das Allerletzte. Vielleicht ganz nett im Sommer, wenn manschwimmen kann, aber um diese Jahreszeit ist da nicht nur die Katz verreckt, sondern die ganze Arche Noah.
Muss noch was für die Schule machen, meld mich morgen wieder. Viel Spaß mit Fynn und eine schöne Woche! CU Jana.
PS : Habe natürlich sofort das kleine rote Herz entdeckt, das du auf dem Bühnenbild versteckt hast. Hat das wohl eine besondere Bedeutung??? (((-:
Das rote Herz. Verdammt. Wenn ich jetzt könnte, würde ich das dunkelblaue Spray nehmen und es total dick übersprühen, denn es hat keine Bedeutung mehr. Oder? Ich bin gerade dabei, Jana zurückzuschreiben, als ich das Telefon klingeln höre. Ich gehe schnell zur Tür und lausche.
»Nein, die ist schon schlafen gegangen«, höre ich meine Mutter sagen. »Ja. Ja, das kann ich machen. Wiederhören!«
Kurz darauf klopft es an meiner Zimmertür und meine Mutter schaut herein. »Auftrag erfüllt!«, sagt sie grinsend. »Und ich soll dich von einem gewissen Fynn herzlich grüßen.«
»Danke!«, sage ich und lächle sie an. Ein Lächeln wie aus dem Sonderangebot: dünn und nicht sehr überzeugend.
Warum kann das Leben, wenn es schon mal schön ist,
nicht einfach so bleiben?
D er erste Gedanke, der mich heute Morgen wie ein Hammerschlag trifft, ist: »Mit Fynn ist alles aus und vorbei.« Aber das