Mister Traumprinz (Doppelband)

haben sich anscheinend nur vorübergehend versteckt, aber dann nicke ich. »Okay, ran an den großen Unbekannten!«
    Wir schauen uns kurz an, dann klickt Mira auf Favoriten . Vor lauter Anspannung halte ich die Luft an und mir wird klar, dass ich mich nicht zum Bankräuber eignen würde. Viel zu schwache Nerven!
    Es erscheint ein neues Feld. In einem Kästchen steht leider noch kein Foto , daneben steht ein Name: 345easydrive .
    »Three-four-five-easydrive … Wow, das reimt sich sogar. Soll ich mal draufklicken?« Mira kippelt auf ihrem Stuhl. »Dann erfahren wir vielleicht etwas mehr über ihn!«
    »Okay. Lass mich mal machen!«, sage ich und merke, dass mich das Jagdfieber nun doch gepackt hat. Ein Doppelklick und schon wissen wir eine ganze Menge mehr über den angeblichen Favoriten meiner Mutter. Er ist uralt (47), Sternzeichen Waage (wie ich!), er hat blaue Augen, eine normale Figur, ist 1,86 groß, gut in Form, ist geschieden, hat ein Kind und raucht nicht.
    »Jetzt scroll doch noch mal weiter!« Mira ist ganz hibbelig. »Steht denn nirgendwo, was er macht und wo er wohnt?«
    Auch das haben wir schnell gefunden. »O nein!«, rufe ich entsetzt. »Er wohnt hier in Hellenburg!« Insgeheim hatte ich die ganze Zeit gehofft, dass der Mann weit, weit weg wohnen würde. Vielleicht sogar im Ausland, aber diesem Hoffnungsfunken wird gerade der Strom abgedreht.
    »Er arbeitet in einer Fahrschule!« Mira grinst mich an.»Daher das Pseudonym. Aber vielleicht ganz praktisch, wenn’s mit deiner Mutter und ihm was wird, oder? So’n Führerschein ist heutzutage ganz schön teuer!«
    »Sehr komisch!«
    »Entschuldige bitte«, sagt Mira, als sie mein Gesicht sieht. »Ist mir nur so rausgerutscht. Und wer weiß, vielleicht ist er auch ganz nett? Ich kann mir kaum vorstellen, dass deine Mutter sich mit Idioten abgeben würde, oder?«
    Weiß man es denn? Vielleicht habe ich in den letzten Jahren nicht allzu viel gelernt, aber eins weiß ich sicher: Eltern sind unberechenbar.
    »Keine Ahnung. Wie viele Fahrschulen gibt es denn in Hellenburg?«
    Meine Freundin zuckt die Schultern. »Das müsste ja im Telefonbuch stehen.«
    Nach einigem Blättern wissen wir mehr. Sogar sehr viel mehr: Eine der Fahrschulen hat nämlich den Namen »Easydrive«.
    »Klarer Fall«, sagt Mira. »Immerhin scheint er nichts verbergen zu wollen, sonst hätte er ein ganz anderes Pseudonym gewählt.« Sie klappt das Telefonbuch zu. »Und jetzt?«
    Genau diese Frage beschäftigt mich den ganzen Abend. Vor allem, nachdem meine Mutter von der Arbeit nach Hause gekommen ist und sich sofort an den Laptop gesetzt hat, um sich um ihre Hausaufgaben kümmern zu können. Wer’s glaubt, wird selig …
    Ich klicke auf einen der gespeicherten Horoskoplinks.Vielleicht wissen die da oben, wie es weitergeht. Ist zwar alles Mist, aber lesen kostet ja nichts.
    Gerne würden Sie jemandem Ihre Gefühle ausdrücken, aber immer wenn eine passende Situation vorhanden ist, fehlen Ihnen die Worte. Der Donnerstag verspricht Erfolg in Liebesdingen. Bis zum Wochenende könnten Sie schon auf Wolke sieben schweben. Ein Ausflug am Wochenende rundet Ihr Glück ab.
    Moment mal, ein Ausflug … Donnerstag machen wir ja einen Ausflug mit den Italienern! Ich werde verrückt. Amanda kocht schon vor Wut, weil wir mit den Italienern auf Tour gehen, aber sie wird komplett durchdrehen, wenn ausgerechnet ich einen feurigen Italiener näher kennenlerne.
    Es ist fast zwei Uhr, als ich nachts zum x-ten Mal auf den Wecker schaue. Italiener hin oder her, meine Verzweiflung wird von Minute zu Minute größer und um halb drei fasse ich einen Entschluss: Ich werde einen klitzekleinen Blick auf Mamas Mails werfen, nur um zu sehen, wie dieser 345easydrive in Wirklichkeit heißt. Ich habe beschlossen, dass das nur legitim ist. Schließlich geht es auch um meine Zukunft. Und ich bin mir sicher, dass meine Mutter sich hinterher Vorwürfe machen würde, wenn ihre jüngste Tochter wegen dieser Geschichte den Verstand verloren hat. Oder?
    Im ganzen Haus ist es mucksmäuschenstill, dennoch zucke ich zusammen, als die Tür zum Arbeitszimmer meiner Mutter leise quietscht. Behutsam schließe ich die Tür hintermir und schleiche auf Zehenspitzen weiter. Vergesst alles, was ihr über Daniel Craig gelesen habt, Leute. Der neue Bond heißt Faber. Karoline Faber! Allerdings fühlt sich mein Magen an, als würde er geschüttelt und gerührt. Mit einer einzigen Berührung erwecke ich Mamas Laptop zum Leben. Und der Monitor