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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Abwesenheit, was eine Eigenthümlichkeit ihres Irrsinns war; aber ihre Gesundheit verlangte keine besondere Pflege.
    Gegen Ende Juni erhielt William Andrew eine neue Depesche aus Calcutta. Die Seecorrespondenzen signalisirten den »Franklin« von keinem Punkte der Route, die er auf seiner Fahrt an den Philippinen und Celebes vorüber, durch das Meer von Java und den Indischen Ocean hätte berühren müssen. Da dieses Schiff seit drei Monaten den Hafen von San-Diego verlassen hatte, so war anzunehmen, daß es mit Mann und Maus untergegangen war, sei es durch Schiffbruch, sei es durch Zusammenstoß, und zwar noch vor der Ankunft in Singapore.

Sechstes Capitel.
Das Ende eines traurigen Jahres.
    Diese Katastrophen, welche die Familie Branican nach einander betroffen hatten, brachten Len Burker in eine Lage, die er nicht unberücksichtigt lassen konnte.
    Wir haben nicht vergessen, wie bescheiden die Vermögensverhältnisse der Mrs. Branican gewesen sind, daß sie aber die Universalerbin ihres reichen Onkels Edward Starter werden sollte. Stets in der ungeheuren Waldesgegend zurückgezogen, man möchte sagen, in dem entlegensten Theile von Tennessee, hatte sich dieser Sonderling verbeten, ihm irgend eine Mittheilung zu machen. Da er erst neunundfünfzig Jahre alt war, so konnte sein Vermögen wohl lange auf sich warten lassen.
    Vielleicht hätte er seine Bestimmungen geändert, wenn er erfahren haben würde, daß Mrs. Branican, die einzige directe Verwandte, die ihm von seiner Familie übrig geblieben war, nach dem Tode ihres Kindes geistiger Umnachtung verfallen war. Aber er kannte dieses doppelte Unglück nicht; er hätte es übrigens auch nicht erfahren können, da er sich entschieden geweigert haben würde, irgend einen Brief anzunehmen. Len Burker hätte ihm zwar schreiben können, und Jane gab es ihm auch zu verstehen, aber er hieß sie schweigen, und sie hütete sich wohl, noch einmal die Rede darauf zu bringen.
    Sein eigenes Interesse ließ ihn davon Abstand nehmen, und zwischen Interesse und Pflicht darf der Mensch nicht zögern, wäre dies nur einen Augenblick. Seine Lage wurde mit jedem Tag precärer, wenn er nicht noch einmal das Glück versuchen wollte.
    Und in der That war seine Stellung eine ganz einfache: Stirbt Mrs. Branican kinderlos, so war ihre Cousine Jane die einzige Verwandte, die sie beerben konnte. Seit dem Tode des kleinen Wat sah Len Burker die Rechte seiner Frau auf das Erbe Edward Starter’s, d. h. die seinigen, deutlich wachsen.
    Kamen nicht alle Umstände zusammen, um ihm dieses große Vermögen zuzuführen? Nicht nur das Kind war todt, nicht nur Dolly war irrsinnig, sondern nach dem Ausspruche der Aerzte konnte sie nur die Rückkehr Johns heilen.
    Und gerade jetzt beunruhigte das Schicksal des »Franklin« Alles in San-Diego. Wenn die Nachrichten noch einige Wochen ausblieben, John Branican nicht mehr zurückkehrte, das Haus Andrew nicht erfuhr, daß das Schiff in einem beliebigen Hafen angelegt habe, wenn weder der »Franklin« noch die Bemannung zurückkehrte, dann stand nichts mehr im Wege als die geisteskranke Dolly, daß das Vermögen der Familie Burker zufiel. Und was würde ein gewissenloser Mensch in einer solchen verzweifelten Lage nicht Alles versuchen, um nach dem Tode Eduard Starter’s in den Besitz des Vermögens zu kommen?
    Aber damit Mrs. Branican erbe, mußte sie ihren Onkel überleben. Len Burker hatte daher ein großes Interesse daran, daß das Leben der unglücklichen Frau bis zu dem Tage dauere, wo das Erbe Edward Starter’s ihr zufallen würde. Er hatte jetzt nur mit zwei Dingen zu rechnen: Entweder, daß Dolly zu früh sterbe, oder daß Capitän John, nachdem er sich vielleicht längere Zeit auf irgend einer unbekannten Insel aufgehalten hatte, wieder heimkehre. Aber das Letztere war am wenigsten zu fürchten und der Untergang des »Franklin« fast schon mit Bestimmtheit anzunehmen.
    So war die Lage Len Burker’s, so war die Zukunft, der er entgegenging, und dies Alles in der Zeit, wo er sich fast von allen Geldmitteln entblößt sah.
    Wenn sich das Gericht in seine Geschäfte gemischt hätte, so würde er sich wegen Betrugs zu verantworten gehabt haben. Ein Theil der Gelder, die ihm allzu Unvorsichtige anvertraut hatten, waren nicht mehr in seiner Casse. Schließlich begann man dieselben zurückzufordern, obwohl er die späteren Gelder immer wieder zur Auszahlung von Interessen der anderen verwendete. So konnte es nicht weitergehen. Der Ruin kam immer näher, aber

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