Mistreß Branican
wenigstens, was von ihm übrig geblieben ist! erwiderte der Chinese, indem er sich die Rippen rieb. Das waren wohl ein bischen zu viel Schafe, Master Jos, mehr als zehntausend!
– Nie zu viel Hammelkeulen, nie zu viel Coteletten, erwiderte der Gentleman, daher auch nicht zu viel Schafe, Gîn-Ghi! Es ist nur ärgerlich, daß wir kein einziges erwischt haben.
– Trösten Sie sich, Herr Meritt, erwiderte Zach Fren, am Fuße des Abhanges liegen Hunderte derselben zu Ihren Diensten.
– Sehr gut!… O!… Sehr gut!« versetzte phlegmatisch der Engländer.
Dann wandte er sich zu seinem Diener, der sich jetzt nicht mehr die Rippen, sondern die Schultern rieb.
»Gîn-Ghi?
– Herr Jos?
– Zwei Coteletten für heute Abend… Zwei Coteletten… blutige!«
Jos Meritt und Gîn-Ghi erzählten dann, was vorgefallen war. Sie waren der Karawane ungefähr drei Meilen voraus, als sie von den Schafen überrascht wurden. Ihre Pferde flohen, trotz ihrer Anstrengung, sie zurückzuhalten. Sie wurden umgerissen, getreten, und ein Glück, daß sie nicht zu Brei zerstampft wurden, und ebenso ein Glück, daß Mrs. Branican und ihre Gefährten zur rechten Zeit gekommen waren, um ihnen zu helfen.
So war denn Jeder dieser ernsten Gefahr entgangen, und man setzte den Weg wieder fort. Gegen sechs Uhr Abends kam die Karawane in Alice-Spring an.
Achtes Capitel.
Jenseits von Alice-Spring.
Am folgenden Tage, dem 24. October, beschäftigte sich Mrs. Branican mit der Reorganisation der Karawane für den weiteren Weg, der wahrscheinlich beschwerlich werden würde, da er sich durch fast unbekannte Gegenden von Centralaustralien hindurchzog.
Alice-Spring ist nur eine Station der Overland-Telegraf-Line und besteht aus etwa zwanzig Häusern, so daß sie nicht einmal eine Ortschaft genannt werden kann.
Mrs. Branican begab sich zuerst zu dem Oberhaupte dieser Station, Mr. Flint, der vielleicht etwas über die Indas wußte. Kam dieser Stamm, bei welchem Capitän John gefangen gehalten wurde, nicht manchmal aus dem Westen von Australien bis in die Gegenden des Centrums?
Mr. Flint konnte in dieser Hinsicht nichts Bestimmtes sagen; wenn auch die Indas zeitweilig den westlichen Theil von Alexandraland verlassen, so hatte er doch nie etwas von einem John Branican gehört. Was Harry Felton anbelangt, so wußte er, daß dieser ungefähr achtzig Meilen östlich von der Telegraphenlinie, an der Grenze von Queensland, gefunden wurde. Nach seiner Meinung wäre es das Beste, sich genau an die Angaben zu halten, die der Unglückliche vor seinem Tode gemacht hatte. Er rieth, die Richtung gegen die Districte von Westaustralien einzuschlagen; außerdem hoffte er, daß diese Expedition eben dort erfolgreich enden würde, wo er, nämlich Flint, vor sechs Jahren vergebens Leichhardt aufsuchte, da die Kämpfe der Eingebornen untereinander ihn bald zum Verlassen jener Gegenden zwangen. Er stellte sich Mrs. Branican zur Verfügung, um ihr alle Hilfsquellen der Station zu erschließen. Er hätte dies, fügte er hinzu, auch für David Lindsay gethan, als dieser Forschungsreisende sich im Jahre 1886 in Alice-Spring aufhielt, bevor er die Richtung gegen Nash und die östlichen Gebirge der Mac-Donnell-Ranges einschlug.
So sah um jene Zeit der Theil von Australien aus, den die Expedition jetzt in der Richtung gegen Nordwesten durchsuchen wollte.
Zweihundertsechzig Meilen von Alice-Spring entfernt, bei dem 127. Meridian, befindet sich die Grenze von Norden nach Süden, die Südaustralien, Alexandraland und Nordaustralien von jener Provinz trennt, die unter dem Namen Westaustralien bekannt ist und zur Hauptstadt Perth hat. Diese Provinz ist die größte, am wenigsten bekannte und am wenigsten bevölkerte von Australien. In Wirklichkeit ist sie geographisch nur durch den Umriß ihrer Küsten bestimmt, welche die Länder Nuyts, Lieuwin, Wlaming, Endrack, Witt und Tasmanland umfassen. Die neueren Karten geben im Innern dieses Landes, das nur von den nomadisirenden Eingebornen durchzogen wird, in seinen ungeheuren Einöden drei Wüsten an:
1. Im Süden die Wüste, die sich zwischen dem 30. und 28. Breitegrade ausdehnt, die von Forrest im Jahre 1869 erforscht und von Gilles in ihrer ganzen Länge 1875 durchzogen wurde
2. Die Gibson-Wüste, zwischen dem 28. und 23. Grade, deren ungeheure Flächen Giles im Jahre 1876 durchzog.
3. Die Große Sandy-Wüste, zwischen dem 23. Grade und der nördlichen Küste, welche der Oberst Warburton unter furchtbaren Gefahren im Jahre 1873 von
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