Mit 12 fühlt man ganz anders
entdecken.
Die saßen - nun wieder flüsternd, glucksend, kichernd und lachend vor Vergnügen - im Bus und besprachen die Erlebnisse des Nachmittags.
Kindergeburtstag oder Superfete?
„Was ziehst du an?“ fragte Helga Katja auf dem Heimweg von der Schule.
„Keine Ahnung. Und du?“
„Meine Mutter will, daß ich mein Samtkleid anziehe, das sie mir zum fünfundsiebzigsten Geburtstag meiner Oma gekauft hat. Mach ich aber nicht. Die glauben doch alle, ich ticke nicht richtig, wenn ich da im Kleid antanze! Ich mach mich doch nicht lächerlich!“
„Ich ziehe meinen lila Overall an“, sagte Katja. „Der ist irre! Und ich fühle mich unheimlich wohl drin. Ist mir doch egal, was die anderen denken! Wie ist denn Melanies Mutter so? Kennst du sie?“
„Ziemlich altmodisch, glaube ich. Sieht man ja schon, ich meine, wie Melanie immer angezogen ist. Fehlt nur noch die Schleife im Haar. Hoffentlich gibt’s nicht nur Kakao und Kuchen und Topfschlagen. Das wäre ätzend!“
„Echt ätzend. Wir sind doch keine Babys mehr!“ Dieser Ansicht waren auch die anderen. Über das Alter der Kindergeburtstage war man endgültig hinaus. Diesmal mußte es eine richtig „erwachsene“ Party sein, und es würde bestimmt ganz toll werden, da waren sie sicher. Da sie das Geschenk gemeinsam überreichen wollten, trafen sie sich vorher bei Claudia, die die Sitztonne in leuchtendgrünes Kreppapier verpackt und mit einem roten Band verschnürt hatte. In der großen Schleife steckte ein Strauß gelber Narzissen.
„Toll, Claudia!“ lobte Katja. „Das sieht wirklich super aus!“
„Hoffentlich geht es uns beim Transport nicht kaputt!“ meinte Anja besorgt.
„Jetzt haben wir ja ein paar starke Männer bei uns, die uns die Arbeit abnehmen können.“
„Klar!“ Bennie reckte sich hoch auf und schlug sich mit den Fäusten auf die Brust. „Her mit dem Ding, ich mach das schon!“
„Also, gehen wir!“ kommandierte Claudia.
Bennie hob die Tonne auf die Schulter und ging zur Tür.
„Vorsicht!“ schrien die andern im Chor.
„Mann, du hättest fast die Blumen geköpft! Wie hoch glaubst du denn, sind unsere Türen?“
„Na ja, die Männer der Tat!“ rief Daniel dem Freund zu. „Haufenweise Muskeln und nichts im Hirn.“
„Du mußt gerade reden!“
Beim zweiten Versuch bückte sich Bennie tief, die anderen hielten ihm Haustür und Gartentor auf, und sie brachten das Geschenk heil über die Straße. Doch hier lauerten neue Gefahren. Ein kräftiger Westwind erfaßte Blumen und Schleife und drohte die Pracht auseinanderzureißen. Mit viel Gelächter und Warnungsrufen sprangen die Mädchen immer wieder hinzu, um Schleife, Blumen und Papier festzuhalten oder zurechtzurücken. So waren sie bereits in ausgelassener Partystimmung, als sie an Melanies Tür klingelten.
Melanie kam persönlich, um ihnen zu öffnen.
„Happy birthday to you! Happy birthday to you!“ klang es im Chor, wobei Max auffiel, denn er war bereits im Stimmbruch und wechselte in jedem Wort zweimal die Stimmlage.
„Ja, Wahnsinn!“ sagte Melanie fassungslos. „Was ist denn das? Bringt ihr ein ganzes Faß Wein oder sollte es sich um eine Tonne Waschpulver handeln? Kommt rein, da drüben die Treppe runter, wir feiern im Keller.“
„Mann, ihr habt einen richtigen Partykeller, ist ja irre! Seit wann denn das?“
Christine war als erste unten.
„Den haben meine Eltern für eine Karnevalsfete hergerichtet. Hinterher hat es uns so gut gefallen, daß wir beschlossen haben, der Keller sollte Partykeller bleiben. “ Melanie ließ das Paket nicht aus den Augen, während sie sprach. Bennie setzte seine Last in der Mitte des Raumes ab, und alle stellten sich im Kreis auf, um Melanie beim Auspacken zuzusehen.
Melanie bekam einen roten Kopf vor Aufregung und Verlegenheit, als sie nun vorsichtig den Blumenstrauß herauszog, das Band entfernte und die Sitztonne aus dem Papier schälte.
„Ist ja irre!“ jubelte sie, als sie ihr Geschenk in voller Schönheit vor sich hatte. „Genau so eine habe ich mir schon immer gewünscht! Das ist eine tolle Idee von euch! Tausend, tausend Dank!“
Melanie ging von einem zum anderen und verteilte Küßchen, nach einem kurzen Zögern auch bei den Jungen, die ihre Verlegenheit mit lauten Kommentaren zu überspielen suchten.
„Wir haben uns gedacht, das ist das Richtige, damit man bei dir auch mal länger hocken bleiben kann!“
„Genau!“
„Und wenn einer Durst hat, tippt er nur bedeutungsvoll auf die Tonne und
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