Mit 12 fühlt man ganz anders
die auf die Idee kommen, uns nachzulaufen!“
Doch auf die Idee waren die Jungen längst gekommen. Sie kamen langsam näher und warteten, welche Richtung sie einschlagen würden.
„Hört mal zu!“ flüsterte Christine. „Wir tun so, als gingen wir nach rechts, und da vorn drehen wir uns blitzschnell um und gehen links in den Kaufhof rein. Drinnen gleich wieder links, nächsten Gang rechts und wieder links. Wenn sie uns nicht nachgehen, gehen wir zum Hinterausgang raus. Und wenn sie uns nachgehen, müssen wir sie irgendwie abhängen.“
„Oder wir verstecken uns in der Damentoilette“, schlug Anja vor.
„Damit sie dann vor der Tür Wache halten, bis wir wieder rauskommen? Da können wir ja warten, bis wir schwarz werden!“ widersprach Katja. „Wir schaffen das schon, sie an der Nase rumzuführen. Schlimmstenfalls trennen wir uns im Kaufhof und locken sie auf eine falsche Spur. An der Bushaltestelle treffen wir uns dann wieder.“
„Gut. Also, dann los!“ kommandierte Claudia.
Helga und Anja nahmen die Tonne und marschierten davon, die anderen folgten ihnen. Hinter ihnen setzten sich die Jungen in Bewegung. Die Mädchen taten, als gäbe es sie nicht. Sie starrten geradeaus, beschleunigten Meter für Meter ihre Schritte, und ebenso taten es die Jungen.
Die Schaufensterfront des Kaufhofs kam in Sicht.
„Achtung!“ wisperte Anja. „Laßt euch vorher nichts anmerken!“
Nur noch wenige Schritte.
„Jetzt!“ zischte Anja.
Helga reagierte zu spät. Während Anja eine scharfe Wendung nach links vollführte, ging sie noch zwei Schritte geradeaus. Peng! machte die Schnur, und die Tonne rollte mit dumpfem Poltern zu Boden.
Katja, Claudia und Christine stürzten vor und hoben die Tonne auf, dann rasten alle fünf in den Kaufhof hinein. Die Jungen blieben verblüfft stehen, aber nur für einen Augenblick. Dann stürmten sie den Eingang wie eine Fußballmannschaft das gegnerische Tor.
Mit einem unverschnürten Paket von dieser Größe die Flucht zu ergreifen war gar nicht so einfach. In den Gängen und an den Verkaufstischen drängten sich die Menschen, und bald waren die Mädchen eingekeilt wie in einem überfüllten Fahrstuhl. Nicht weit von ihnen entfernt boxten sich die Jungen ihren Weg durch die Menge und grinsten zu ihnen herüber.
„Die Rolltreppe rauf und auf der anderen Seite gleich wieder runter!“ kommandierte Claudia.
„Mit der Tonne?“
„Klar!“
„Du hast Nerven!“
Irgendwie schafften sie es, die Tonne vor sich auf die Rolltreppe zu schieben.
„Sie haben uns verloren!“ rief Helga. „Sie sind weg!“
„Super!“ Katja schaute sich noch einmal von oben um. Von den Jungen war keine Spur mehr zu sehen. „Scheinen tatsächlich aufgegeben zu haben.“
Claudia und Helga bugsierten die Tonne zu der abwärtsfahrenden Rolltreppe hinüber, die anderen liefen wie die Hirtenhunde um sie herum.
„Legt sie auf das Geländer, das ist am einfachsten“, riet Anja. „Aber gut festhalten!“
In gemeinsamer Anstrengung gelang es ihnen, das Paket wieder nach unten zu schaffen. Als sie unten ankamen, wurden sie von der Schar fröhlich grinsender Jungen empfangen. Die Mädchen waren so verblüfft, daß sie zunächst gar nicht wußten, was sie tun sollten.
Katja faßte sich als erste. Sie griff nach der Tonne, hielt sie wie ein Schutzschild vor sich und stürmte vorwärts.
„Weg da! Zur Seite! Na los, macht Platz!“ schimpfte sie und drängte sich durch die Gruppe.
Anja, Claudia, Helga und Christine folgten ihr.
Katja rannte, so schnell es mit dem voluminösen Paket im Arm möglich war. Die anderen hinterher. Rechts und links wurden Leute beiseite geschoben, sie bekamen Püffe und Knüffe und kämpften um ihr Gleichgewicht. Jetzt war alles egal, nur fort hier!
Die Jungen versuchten zu folgen. Aber was man den Mädchen aus Überraschung hatte durchgehen lassen... auf die Jungen entlud sich nun der Volkszorn. Wie eine Mauer stellten sich ihnen verärgerte Kaufhausbesucher in den Weg. Ein Detektiv war zur Stelle, zunächst irrtümlich der Meinung, es handle sich um einen Fall von Kaufhausdiebstahl. Die Verfolger saßen in der Falle. Und während die Mädchen durch das Hauptportal drängten und im Freien landeten wie ein aus der Flasche schießender Sektkorken, mußten sich die Jungen eine vielstimmige Standpauke anhören, die ihren Sprachschatz um ein paar besonders farbige Schimpfwörter bereicherte. Als sie den Kaufhof fluchtartig verließen, war von den Mädchen keine Spur mehr zu
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