Mit 12 fühlt man ganz anders
verschmiert. Jetzt trödel nicht so rum, Celia, du müßtest längst unterwegs sein! Katja, bist du bald fertig mit der Kratzerei auf deinem Teller? Wie der Hahn auf dem Mist! Fips, stell das Radio ab, das Geplärre ist ja nicht zum Aushalten!“
Fips haute auf den Knopf.
„Das Ding muß doch kaputtzukriegen sein!“ rief Mami. „Vielleicht hättest du die Güte, Celia, deinen Teller mal selbst abzuräumen! Hier, vergiß dein Brot nicht wieder! Glaubst du, ich mache es zum Vergnügen?“
„Entschuldige!“
Celia warf Katja einen bedeutungsvollen Blick zu und drehte die Augen zur Decke.
„Nun spiel nicht gleich wieder die beleidigte Leberwurst! Es ist doch jeden Tag das gleiche Theater mit dir!“
„Kannst du mir mal verraten, was heute eigentlich los ist?“ erkundigte sich Katja vorsichtig.
„Was soll schon los sein, nichts ist los!“
„Du bist doch sonst nicht so!“
„Na, dann bin ich eben heute mal so! Es könnte doch sein, meine liebe Tochter, daß mir das allmorgendliche Theater irgendwann einmal gründlich auf den Keks geht, oder? Oder glaubst du, das ist so komisch, jahraus, jahrein Tag für Tag die gleiche Platte abzuspielen, euch eure Sachen nachzutragen und hinterherzuräumen, euch zu bedienen, für euch zu denken, mich über eure schlechten Manieren zu ärgern und...“
„Okay, sehe ich ja ein“, unterbrach Katja die Mutter, „aber irgend etwas muß doch passiert sein, daß du gerade heute...“
„Ach, laßt mich doch in Ruhe!“
Mami sprang auf und rannte nach draußen. Gleich darauf hörten sie die Schlafzimmertür zuknallen.
„Sie haben Krach gehabt“, flüsterte Celia der Schwester zu. „Papi ist so spät nach Hause gekommen. Mitten in der Nacht. Und heute morgen hatte er ganz schlechte Laune. Dauernd hat er an Mami rumgemeckert, daß sein Kragen falsch gebügelt ist und daß wir zuviel Wasser und Strom verbrauchen. Frau Haubenstock hat schon wieder einen Brief geschickt mit einer Rechnung drin, der lag heute morgen im Flur.“
„Darum war vorhin so dicke Luft!“
Katja seufzte tief. Sie war fast erleichtert, daß es höchste Zeit war, in die Schule zu gehen. Gemeinsam mit Celia verließ sie das Haus.
„Bis heute mittag hat sie sich wieder eingekriegt“, meinte Celia hoffnungsvoll. „Bestimmt ruft Papi bald an, und sie vertragen sich wieder. Tun sie doch immer.“
„Hoffen wir’s!“
Aber dieser Tag schien unter einem schlechten Stern zu stehen. Auch die Laune der Lehrer war heute nicht die beste. Es hagelte Ermahnungen, in Bio mußten sie eine Ex schreiben, auf die keiner genügend vorbereitet war, in Englisch gab es eine Extra-Arbeit als Strafe für zu großen Lärm im Unterricht und in Mathe die doppelte Hausaufgabe.
Als Katja aus der Schule kam, stand Papis Wagen vor der Tür. Das war nichts Ungewöhnliches, es kam vor, daß Papi zum Mittagessen zu Hause erschien, wenn auch nicht sehr häufig. Heute war es Katja unangenehm. Sie spürte, wie zu ihrer schlechten Laune eine Unruhe hinzukam, wie vor einem drohenden Gewitter.
Der Tisch war bereits gedeckt und die Zwillinge waren dabei, das Badezimmer in eine Seenlandschaft zu verwandeln. Celia saß tief beleidigt auf ihrem Platz und redete mit niemandem ein Wort, und Mami hatte ein verheultes Gesicht. Katja wäre am liebsten sofort umgedreht und davongegangen.
Zum Glück besann sie sich auf ihre Pflichten als große, vernünftige Tochter, stellte die Schuhe der Zwillinge, die wie immer mitten im Flur lagen, unter das Regal und sorgte im Badezimmer für Ordnung.
„Katja! Wir wollen essen! Brauchst du eine schriftliche Einladung!“ rief Mami gereizt.
„Entschuldige, ich habe den Saustall im Badezimmer beseitigt, den Markus und Fips hinterlassen haben“, murmelte Katja gekränkt.
Mami nahm keine Notiz. Sie füllte den Gemüse-Eintopf in die Suppenteller, nahm schweigend ihren Löffel und rührte in ihrem Teller herum, ohne einen Bissen zu essen. Papi schlang drauflos und schaute alle paar Sekunden auf seine Armbanduhr. Auch die Zwillinge stürzten sich wie immer auf das Essen, während Celia mit angewidertem Gesicht winzige Happen zu sich nahm, um zu demonstrieren, wieviel Überwindung es sie kostete, so etwas Gräßliches wie Gemüse-Eintopf zu essen. Katja machte sich seufzend über ihren Teller her.
„Hast du nicht ein bißchen geriebenen Käse da? Das schmeckt ja nach gar nichts!“ maulte Papi.
„Tut mir leid“, sagte Mami übertrieben höflich. „Wie du mir heute so nachdrücklich klargemacht
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