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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Urlaube,
die sie oft zusammen mit Bea und ihren Töchtern verbracht hatte. Als die Mädchen
noch klein gewesen waren, hatten sie die Ferien jahrelang zusammen auf den ägäischen
Inseln verbracht, und erst seit Lilly und Johanna ohne die Mütter ihren Urlaub machten,
hatten sie die langen Flugstunden auf sich genommen und in Kanada Vancouver Island
und Nova Scotia bereist, doch inzwischen sehnte sie sich wieder nach lauen Urlaubsabenden
im Mittelmeer oder auch in der Karibik.
    »Ja, es
war das Paradies. Irgendwie schon«, sagte Ulrike in ihre Gedanken hinein. »Zumindest
für ein paar Wochen.«
    Sie schwiegen
einen Moment. Schließlich fragte Caro: »Meinst du, du könntest auch ohne Claus glücklich
werden?«
    »Ich denke
die ganze Zeit darüber nach.«
    Caro nickte.
    »Aber ich
weiß es noch nicht.«

9
     
    Stehen wie ein Baum.
    Es war 6
Uhr morgens, und Wang San stellte sich vor, er stünde fest auf einem steinigen Felsvorsprung
hoch über dem Meer. Der Wind zerrte an ihm, und er schwankte ein bisschen hin und
her, aber eben nur ein bisschen. Seinen Körper überließ er ganz der Luft, die um
ihn herum wirbelte und aus unberechenbar verschiedenen Richtungen kam, mal aus dem
Norden, dann wieder von Osten. Der Wind und er waren Freunde. Er wusste, dass er
ihm nicht schaden würde, wenn er nachgiebig blieb, sich nicht verhärtete. Wichtig
war die Bodenhaftung. Was machten schon ein paar abgeknickte Äste und verlorene
Nadeln? Da sie auf den Boden fielen, wo er wurzelte, blieb er mit ihnen in Kontakt.
Er war stark, genauso stark wie der Wind.
    Plötzlich
hörte er hinter sich eine Frauenstimme, die ihm einen ›Guten Morgen‹ wünschte. Er
erstarrte. Wer wagte es, ihn bei seinen Qi-Gong-Übungen zu stören, die er Morgen
für Morgen verrichtete und die ihm heilig waren? Er wollte seine Lebensenergie,
die in den Leitbahnen des Körpers, den Meridianen, kreiste, im Fluss halten. Sie
schützte ihn vor geistiger, seelischer und körperlicher Krankheit. Wang San ließ
die Arme sinken und korrigierte seine Ausgangsposition: die Beine etwas weiter auseinander
und fester auf die Erde. So.
    Unwillig
drehte er sich um und sah eine große Frau mit sehr kurzem dunkelblondem Haar in
langer, schlabberiger Sporthose auf sich zukommen.
    »Was halten
Sie von Hände reiben und ins Tor des Lebens atmen?, « fragte sie, als sie
dicht vor ihm stand.
    Wang San
starrte die Frau an und rang mit sich. Am liebsten hätte er sie in die Wüste geschickt,
aber dann lächelte er und fragte höflich: »Sie praktizieren auch Qi Gong?«
    »Ja. Ich
habe in Köln ein paar Kurse besucht. Im Helfta Haus in der Südstadt. Kennen Sie
das?«
    Obwohl Wang
San noch nie davon gehört hatte, nickte er, denn er wollte sich nicht länger mit
Worten aufhalten.
    »Wenn Sie
wollen, können Sie mitmachen.«
    »Gern.«
In Köln war Bruni manchmal frühmorgens zum Rheinufer gefahren, im Morgengrauen,
wenn die Stadt gerade erwachte. Dort hatte sie ihre Qi-Gong-Übungen gemacht, und
egal, ob sie die eine oder andere der Brokatübungen praktizierte, die den Namen
trugen, weil sie so kostbar waren wie Brokat, oder aus dem Spiel der 5 Tiere übte,
die gleichmäßige, tiefe Atmung, die Konzentration in Verbindung mit den verschiedenen
Körperhaltungen in Bewegung oder auch Ruhe kamen einer Meditation gleich. Hinterher
fühlte sie sich jedes Mal wie erfrischt und voller Energie. Auch war sie sicher,
dass Qi Gong die Blutzirkulation verbesserte und das Immunsystem stärkte, denn seit
sie es praktizierte, war sie viel seltener krank gewesen.
    Bruni nahm
die Ausgangsposition ein und Wang San stellte fest, dass sie den richtigen Stand
hatte, nicht zu steif und nicht zu locker in den Hüften.
    »Lassen
Sie uns am inneren Lächeln arbeiten und die Hände vor dem Körper zusammenreiben,
während wir ausatmen.«
    Langsam
und konzentriert führte er die Bewegung vor, und er beobachtete Bruni genau dabei,
wie sie sie nachmachte. Sie war begabt, das musste er zugeben.
    Nach einer
halben Stunde schweigsamer Konzentration, in der sie einander gegenüber gestanden
und verschiedene Übungen gemacht hatten, ruhig und bedacht, griff Wang San nach
seinen Schuhen. Er überlegte immer noch, woher er die Frau kannte, und plötzlich
fiel es ihm ein. Sie gehörte zum ›Ahrstübchen‹ und damit zur potenziellen Konkurrenz.
Ihm kam eine Idee, das war die Gelegenheit, sie ein wenig auszuhorchen. Seine
Mutter würde sich freuen. Wang San lächelte über das ganze Gesicht.
    »Wie wäre
es mit einem

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