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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Erdbeeren
vor sich auf dem Tisch stehen, sie war allein, und die Gelegenheit schien günstig.
    Caro nickte
ihm freundlich zu. »Wenn du Lust hast, setz dich doch ein Weilchen zu mir«, forderte
sie ihn auf. Ben schwang seine Beine über die Mauer, griff nach seiner Tasche und
schlenderte ihr entgegen. Er achtete darauf, nicht zu schnell zu gehen.
    »Hut ab.«
Caro lächelte ihn an. »Wie du dich für die Wangs ins Zeug gelegt hast neulich morgen,
als die Leute aus dem Ort ungläubig vor dem Tempel standen, das hat mich sehr beeindruckt«,
sagte sie, als er etwas umständlich neben ihr auf einem Holzstuhl Platz genommen
hatte. Sie steckte sich eine Erdbeere in den Mund und hielt ihm die Schale hin.
»Köstlich. Probier mal.« Genussvoll verzog sie das Gesicht. Ben starrte fasziniert
auf ihre fein geschwungenen Lippen, dann griff er in die Schale und suchte sich
eine dicke, rote Erdbeere heraus.
    »Lecker.«
Sie war so gut, dass er gleich noch eine nahm. »Aber ihr habt euch doch auch für
die Chinesen stark gemacht.«
    »Klar«,
sagte Caro. »Es war ja fast so, als würde eine Meute hungriger Löwen nur darauf
warten, über ihre Beute herzufallen und sie in Stücke zu reißen. Das war schon krass.«
Bereits als Kind hatte sie instinktiv jede Art von Ungerechtigkeit erkannt und sich
dagegen zur Wehr gesetzt, und heute, als Erwachsene, war es für sie umso selbstverständlicher,
Partei für andere zu ergreifen, wo es nötig schien.
    »Aber die
Wangs haben mit dem Tempelbau nicht rechtskonform gehandelt«, wandte er ein. Ben
dachte an die Diskussionen in der Schule.
    »Warum sollten
sie nicht ihren eigenen Tempel haben?«, fragte Caro. »Finde ich ja auch.
Sie sollten sich schließlich nicht im Keller verstecken, um Räucherstäbchen anzuzünden,
was?«
    Er grinste
Caro an und beobachtete, wie roter Erdbeersaft über ihr Handgelenk lief. Ben schaute
weg. Er fand sie ungemein attraktiv, aber sie war erwachsen und viel zu alt für
ihn, und dieses Bewusstsein schüchterte ihn ein. Auf einmal wünschte er sich so
sehr, dass es fast schmerzte, er hätte bereits Erfahrung mit Frauen, aber bislang
hatte er nur Kussfreundinnen gehabt, und die waren alle jünger gewesen als er. Er
schluckte, dann sagte er: Ȇbrigens, mein Vater regt sich immer schnell auf. Tut
mir leid, wenn er sich neulich morgens, als wir alle da draußen auf der Straße standen,
danebenbenommen hat.« Er spürte, wie ihm vor Scham ganz heiß wurde.
    Caro nickte
und sah ihn mitleidig an. »Ein schwieriger Zeitgenosse, was?«
    Ben zuckte
mit den Schultern und rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Man kann sich
seine Eltern ja nicht aussuchen.« Unauffällig schielte er auf die Ethnokette, die
auf einem dünnen T-Shirt über ihren Brüsten hing und bei jeder ihrer Bewegungen
ein wenig hin und her baumelte.
    »Ich bin
übrigens im Verein Gegen Rechts engagiert«, sagte er unvermittelt.
    Caro sah
ihn überrascht an. »Das gibt es hier?«
    »Ja, klar.
Wir verteilen Informationsmaterial in der Schule, und manchmal veranstalten wir
auch Konzerte Gegen Rechts .«
    »Klasse
Idee.«
    »Es gibt
ein paar Holzköpfe hier, vor allem in meinem Alter, die nehmen den Mund manchmal
ein bisschen voll, und dagegen tun wir was.«
    Caro schob
sich noch eine Erdbeere in den Mund.
    »Letztes
Jahr sind in den Räumen der Winzergenossenschaft drei Bands aufgetreten, in einem
Konzert Gegen Rechts . Dieses Jahr haben wir auch wieder was geplant. Im Juli.«
    »Sag mir
Bescheid, wenn es so weit ist, ja?«
    Ben strahlte
übers ganze Gesicht.
    Der Junge
wurde Caro immer sympathischer, obwohl seine Unsicherheit sie irgendwie belustigte.
Er hatte etwas Weiches an sich, das ihr gefiel, aber er schien auch konsequent sein
zu können, wenn ihm etwas wichtig war, und das imponierte ihr. Aber wenn man jung
ist, strotzt man nur so vor Energie und Begeisterungsfähigkeit, dachte sie. Sie
hatte sich früher auch engagiert, nicht gegen rechtsradikale Tendenzen, aber gegen
Atomkraftwerke. Sie war von Demo zu Demo gezogen, hatte Plakate hoch gehalten und
sich mit der Polizei angelegt. Eigentlich müsste ich jetzt auch wieder auf die Straße,
überlegte sie, und gegen die Laufzeitverlängerung etwas unternehmen.
    Ben kramte
eine Packung Kaugummi aus der Tasche und bot ihr einen an, aber sie lehnte dankend
ab. Ihm war siedend heiß eingefallen, dass er gestern Abend Knoblauch gegessen hatte.
    »Hast du
zu Hause Stress wegen des Vereins?« Prüfend sah sie ihn an. Bens Mutter kannte sie
aus dem

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