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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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ergreifend
Angst um ihre Männer hatten. Am vergangenen Sonntag war ein Freund von Dieter Schmitz
nach dem Gottesdienst bei ihnen eingekehrt, und nach einer guten Stunde war seine
Frau hereingerauscht und hatte ihm öffentlich eine Szene gemacht. Sie hatte ihm
vorgeworfen, ein Auge auf sie und ihre Freundinnen geworfen zu haben und in der
Tat, sie hatte recht. Ihnen war längst aufgefallen, dass die männlichen Gäste gern
mit ihnen flirteten – so gut sie das halt konnten. Der Altenahrer an sich hatte
leider nur knapp halb so viel Charme wie die Landschaft rund um den entzückenden
Ort.
    Bea seufzte.
Weder waren sie Männer fressende Bestien noch arrogante Großstadtweiber, aber wie
machten sie das den Leuten, vor allem den Frauen, klar? Es wurde Zeit, dass die
Touristen kamen.
    Mei Ling
deutete auf eine Wiese links von der Straße, von der aus sich ein atemberaubender
Blick über die weiten, völlig unbebauten Hügel bot. »Picknick?«, schrie sie nach
hinten.
    »Ja!« Beim
Absteigen spürte Bea ihr Hinterteil, es fühlte sich taub an, lange schon war sie
nicht mehr Motorrad gefahren und daher den harten Sitz nicht gewohnt. Sie dehnte
und reckte die steifen Glieder, doch allein das Bewusstsein, dass sie mit fast 50
in Lederkleidung auf dem Sozius eines Motorrads zusammen mit einer jungen Chinesin
durch die Eifel fuhr, zauberte ein breites, zufriedenes Lächeln auf ihr Gesicht.
    Mei Ling
trank Wasser, sie selbst ein Glas Wein zu den deutsch-chinesischen Snacks, die sie
auf der Decke im Gras ausgebreitet hatten. Es gab mit Sternanis gewürzte, mehrere
Tage in Sojasauce eingelegte Hühnerschenkel sowie Hackbällchen, marinierte Paprika
und süß-sauer eingelegte Möhren, scharf gebratenen Tofu und Rhabarberkuchen. Mei
Ling, die bei einer Größe von 1,70 Meter vielleicht gerade mal 50 Kilo wog, war
dünn wie eine Bohnenstange, aber sie langte nach Herzenslust zu und Bea fragte sich,
wo sie all die Kalorien hinsteckte. Bea seufzte leise. Diese Zeiten waren für sie
ein für alle Mal vorbei. Heute ein Brötchen zu viel hieß morgen ein Kilo mehr auf
der Waage. Der Stoffwechsel, der sich mit zunehmendem Alter unwiderruflich verlangsamte,
ließ sich durch nichts bestechen. Als sie bemerkt hatte, dass ihr Körper sich veränderte,
sie trotz unveränderter Ernährungsgewohnheiten breiter und schwerer wurde, hatte
sie es zunächst gar nicht mit dem Älterwerden in Verbindung gebracht. Bis sie feststellte,
dass sie die zugenommenen Pfunde nicht mehr loswurde, und so hatte sie schließlich
in Köln damit angefangen, mit Caro joggen zu gehen. Vor lauter Arbeit war sie hier
noch nicht dazu gekommen.
    Was soll’s,
dachte Bea, griff sich einen Hühnerschenkel und biss entschlossen hinein. Sie hatte
definitiv nicht vor, sich wie so viele Frauen unter das Joch des Jugend- und Schlankheitswahns
zu begeben, und wenn ein oder zwei Pfund zu viel auf ihren Rippen saßen, war es
eben so. Botox oder Hyaluronsäure gegen Falten, womit sich Dermatologen und andere
Ärzte eine goldene Nase verdienten, empfand sie als schnöde Geschäftemacherei.
    »Meine Cousine
Wang Ai aus Shanghai kommt uns morgen für drei Wochen besuchen«, erzählte Mei Ling
fröhlich, während sie sich ein Hackbällchen griff.
    »Freust
du dich?«
    Mei Ling
nickte kauend.
    Bea ließ
den Blick entspannt über die Wiese schweifen.
    »Oft bringen
Chinesen bei einem Verwandtschaftsbesuch gleich die ganze Familie mit, aber Wang
Ai kommt allein. Sie reist mit einer Reisegruppe an, bleibt dann aber bei uns, statt
mit den anderen weiter nach Italien und Frankreich zu fahren.«
    »Wie alt
ist sie?« Ihre Augen verfolgten einen schwarzen Punkt auf der Wiese, der langsam
größer wurde.
    »Einige
Jahre jünger als ich, 22«, antwortete Mei Ling und sagte: »Ich habe sie das letzte
Mal vor ein paar Jahren gesehen, als ich meinen Onkel und meine Tante in Shanghai
besucht habe.«
    »Und, ist
sie auch so hübsch wie du?« Bea wandte den Kopf und lächelte Mei Ling an.
    »Viel hübscher,
und auch viel sportlicher. In China ist sie ein Fußballstar.«
    »Ach.« Bea
staunte.
    »Sie spielt
in der chinesischen Nationalmannschaft.«
    »Wow!«
    »Aber das
Beste ist: Sie spricht sogar Deutsch, ihre Mutter ist Deutsche. Wenn sie da ist,
müsst ihr sie unbedingt gleich kennenlernen.«
    »Gern.«
Bea ließ sich gesättigt und zufrieden nach hinten auf die Decke sinken. Um sie herum
zwitscherten Vögel, ansonsten unterbrach nur das entfernte Brummen eines Motorflugzeugs
die Stille.
    Nach

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