Mit 50 hat man noch Träume
Hand, und sie schüttelte sie kräftig.
»Das ist
Caro«, stellte sie die Freundin vor. »Und ich heiße Bruni.«
Die Freundinnen
lächelten ihn an.
»Was wollen
Sie denn von Ulrike?«, fragte Bruni und bedachte Caro mit einem vielsagenden Blick,
und in genau demselben Moment dachten beide genau dasselbe.
Barbados.
»Wir haben
uns in Bridgetown kennengelernt. Bridgetown Barbados. Isch bin hier, weil isch in
Deutschland einen Job suche, und Ulrike hat misch vor ein paar Wochen ihre Adresse
gegeben.« Er strahlte sie an.
»Wo bleiben
die Getränke?«, rief Dieter Schmitz. Seine Augen verweilten einen Moment länger
als nötig auf John.
Caro beeilte
sich, zu seinem Tisch zu kommen. Auf dem Rückweg setzte sie rasch das Tablett auf
der Theke ab und verschwand mit einem kurzen, auffordernden Nicken Richtung Bruni
in der Küche.
»Bin gleich
zurück«, sagte Bruni daraufhin unmittelbar zu John und legte ihm die Speisekarte
vor. »Werfen Sie doch mal einen Blick hinein, bestimmt haben Sie Hunger.«
In der Küche belegte Bea gerade
ein Kuchenblech mit Aprikosen.
»Ulrikes
Lover aus Barbados ist hier!« Nahezu gleichzeitig sprudelte es aus Caro und Bruni
heraus.
»Was?« Bea
sah sie verständnislos an, in jeder Hand ein Stück Obst.
»Ulrikes
Lover aus Barbados ist da«, wiederholte Caro mit Nachdruck und prustete los.
Es dauerte
einen Moment, bis Bea begriff. »Das ist nicht euer Ernst«, zweifelte sie und legte
das Obst beiseite.
»Doch«,
antwortete Caro.
»Und wo
ist er?«, wollte Bea wissen.
»Vorn an
der Theke«, grinste Bruni und sagte: »Ein Bild von einem Mann.«
Bea wusch
sich die Hände. »Da wird Ulrike sich aber freuen.«
Caro grinste
jetzt auch und sagte: »Angeblich will er in Deutschland arbeiten. Allerdings scheint
er davon auszugehen, dass sie ihm einen Job besorgen kann.«
Bea, das
Handtuch noch in der Hand, holte tief Luft. »Super Idee. Doch nicht etwa im …?«
Sie fragte sich, was in Ulrike vorging. Was hatte sie diesem Typen versprochen,
und wie naiv konnte jemand überhaupt sein?
»Ulrike
muss sofort herkommen.« Mit diesen Worten griff sie entschlossen nach ihrem Handy,
das auf der Fensterbank lag, und tippte eine Nummer ein, aber Fehlanzeige. Die Freundin
nahm nicht ab.
»Nur die
Mailbox«, schimpfte sie und drückte auf den Ausknopf.
»Und nun?«,
fragte Bruni.
Bea schob
rasch den Kuchen in den Ofen, stellte die Küchenuhr ein und pfefferte ihre weiße
Schürze über einen Stuhl. »Jetzt plaudern wir erst einmal ein bisschen mit ihm.«
Als sie in den Gastraum kamen, saß
neben John ein Mann. Ulrikes Mann. Bea, Bruni und Caro fielen beinahe die Augen
aus dem Kopf. Im Vergleich zu dem hünenhaften Schwarzen sah Claus schmal und unscheinbar
aus. Sein strähniges, fast graues Haar, das müde Gesicht und die gebeugten Schultern
zeugten von seinem Seelenzustand und standen in deutlichem Kontrast zu John, der
vor Selbstbewusstsein und Vitalität nur so strotzte. Die beiden unterhielten sich.
Noch , dachte
Bea und flüsterte den Freundinnen zu: »Bitte nicht. Das darf nicht wahr sein. Was
macht der denn hier?«
Sie verspürte
den heftigen Impuls, auf dem Absatz kehrtzumachen, denn die nahende Katastrophe
war so unausweichlich wie die Tatsache, dass auf den Tag immer die Nacht folgte.
Sie merkte, dass sie in höchste Alarmbereitschaft geriet.
Mit verhaltener
Euphorie begrüßten die Freundinnen Claus, und Bea dachte: Hoffentlich verschwindet
er bald wieder. Sie fragte sich, ob sie sich für diesen Gedanken schämen musste,
wischte ihn aber rasch beiseite und erkundigte sich danach, wie es ihm ginge.
»So lala.«
Claus erzählte ein wenig von seinem Job und den Zwillingen, aber sein Blick flackerte
unruhig, und dann stellte er die Frage, die ihm wohl schon die ganze Zeit unter
den Nägeln brannte.
»Wo ist
Ulrike?« Zum ersten Mal sah er einer nach der anderen in die Augen.
»In Köln«,
sagte Bea und Caro ergänzte: »Sie hat heute ihren freien Tag.«
Bruni stellte
zwei weitere Bitburger vor ihn und John auf die Theke. »Geht aufs Haus«, lächelte
sie.
Caro verschwand
im hinteren Teil des Raumes, wo sie in sicherer Entfernung und zur Freude von Dieter
Schmitz an dessen Tisch Platz nahm.
»Ah, Sie
wollen auch zu Ulrike?« John sah Claus erstaunt an. »When will she be back?«, wandte
er sich an Bea und fügte hinzu: »Kann isch hier auf sie warten?«
»Selbstverständlich.
Aber es kann dauern, bis sie zurückkehrt. Wir haben ja erst Mittag.« Bea spürte,
wie ihr
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