Mit 50 hat man noch Träume
Puls sich beschleunigte, was dazu führte, dass ihr heiß wurde. Lächelnd
schlug sie vor: »Vielleicht kommt ihr besser ein anderes Mal wieder.«
Claus starrte
erst sie, dann John mit weit geöffneten Augen an. »Sie wollen zu meiner Frau? Ulrike
Maifeld?«
»Wir warten
zusammen auf sie, Mann.« Mit diesen Worten schlug John Ulrikes Mann beschwichtigend
auf die Schulter und lachte über das ganze Gesicht. »No problem.«
An Claus’
Schläfe begann eine Ader zu pochen. »Woher kennen Sie sie?«
»Von Barbados.
Wirklisch nette Frau.«
Claus’ Augen
wurden groß. Auf jeder Postkarte, die Ulrike ihm geschickt hatte, hatte sie geschrieben,
dass sie sich gut amüsieren würde, und in diesem Moment war er sich sicher, dass
der Grund ihres Amüsements leibhaftig vor ihm saß. Was wurde hier gespielt? Aber
sie war nicht einmal hier, um ihm alles zu erklären. Warum hatte sie so lange vorgegeben,
auf Barbados zu sein, sich stattdessen jedoch in Altenahr aufgehalten? Das kurze
Telefonat, das sie nach seiner Rückkehr miteinander geführt hatten, hatte ihm keine
Klarheit gebracht.
»Du hättest
dich besser mit ihr verabredet«, sagte Bea vorsichtig zu Claus.
»Wir sind verabredet.«
»Ehrlich?«
»Und ob.«
Auf einmal
war Bea danach zumute, der Freundin eigenhändig den Hals umzudrehen. Warum, verdammt
noch einmal, war sie bloß so unfähig, sich ihren Problemen zu stellen? Ulrike war
also wieder einmal davongelaufen, und sie hatte weder sie noch Bruni noch Caro auch
nur mit einem einzigen Wort auf Claus’ Kommen vorbereitet.
Bruni stellte
eine Schale mit Wasabinüssen auf die Theke und John griff sofort zu. Er legte den
Kopf in den Nacken und warf sich die Portion, die er in seiner großen Handfläche
hielt, mit einem ruckartigen Schwung in den Mund. Die Ungeniertheit der Geste und
die darin verborgene Gier irritierten Bea, fasziniert beobachtete sie, wie er die
Nüsse mit seinen kräftigen Zähnen zermalmte.
Plötzlich
erhob Claus sich von seinem Barhocker und baute sich vor John auf, der ganz offensichtlich
nicht verstand, was vor sich ging. Caro, die gerade mit einem voll beladenen Tablett
näher kam, blieb wie angewurzelt stehen.
»Sie schlafen
mit meiner Frau und besitzen auch noch die Unverfrorenheit, ihr nachzustellen? Ihr
hinterherzureisen? Und ihr …?«, wandte Claus sich empört an Bruni und Bea, »… ihr
spielt diese Schmierenkomödie auch noch mit?«
Bea, Bruni,
Caro und John stierten Ulrikes Mann an. Sie waren sprachlos.
»Sie irren
sisch«, erwiderte John erregt. Er war sichtlich erschrocken. »Isch habe wirklisch
nie mit Ihrer Frau …« Weiter kam er nicht, denn Claus warf verächtlich einen Fünf-Euro-Schein
auf die Theke und stapfte erhobenen Hauptes hinaus zur Tür, die mit einem lauten
Knall ins Schloss fiel.
Die Männer
am hinteren Tisch blickten ihm mit offenem Mund hinterher.
»Crazy little
guy. Will he come back with a gun?«, fragte John Bruni mit aufgerissenen Augen.
»Ich glaube
nicht«, beruhigte sie ihn. »Aber ziemlich geladen ist er schon.«
Nachdem
der erste Schreck nachgelassen hatte, sah Caro die Freundinnen an. Mit dem Kopf
auf John deutend flüsterte sie: »Ich schätze, er sagt die Wahrheit. Goldzähne hat
er jedenfalls nicht.«
»Wieso Goldzähne?
Was meinst du damit?«
»Na, Ulrikes
Lover hatte welche, das hat sie uns doch erzählt.«
47
Eine Stunde später kehrte Bea dem
›Ahrstübchen‹ mit einem Aufatmen den Rücken und überließ es der Obhut von Caro und
Bruni, die die Stellung hielten. Sie wusste, dass John nach wie vor an der Theke
saß, fest entschlossen, auf Ulrike zu warten, ganz egal, wie lange es dauern mochte.
Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass sie sich beeilen musste. Das Fußballspiel begann
um 15 Uhr, und wenn sie noch rechtzeitig zum Anpfiff ins Apollinaris-Stadion nach
Bad Neuenahr kommen wollte, musste sie sich beeilen. Sie war innerlich aufgewühlt,
denn Johns und Claus’ Erscheinen hatte ihr wieder einmal Ulrikes Probleme vor Augen
geführt, und irgendwie tat Claus ihr sogar leid, es schien, als kämpfe er auf verlorenem
Posten. Er hatte schlecht ausgesehen, fahl und grau. Während der Fahrt über die
schmale Landstraße, vorbei an Mayschoß, Rech und Dernau, versuchte sie sich davon
zu lösen, sie wollte einfach nur den Wind im Gesicht spüren, sonst nichts. Von Problemen
hatte sie momentan genug.
Inzwischen
war es glühend heiß geworden. Das Thermometer hatte die 30-Grad-Marke überschritten,
und als Bea sich zwischen den
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