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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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neuer Sponsor für den Verein in Sicht?«
    »Nein.«
Wang San schüttelte den Kopf. »Parallel hat sie vorsichtshalber ein Stipendium beantragt.«
    »Gute Idee.«
    »Leicht
ist ihr die Entscheidung, hier zu bleiben, übrigens nicht gefallen, aber ich glaube,
sie empfindet so etwas wie Sippenhaft, und das hat den Ausschlag gegeben. Du kannst
es auch Solidarität mit der Familie nennen, ganz wie du willst.« Er sah Bruni an.
In seinen Augen war kein Glanz. »Hast du noch einen Moment Zeit?«, fragte er.
    Sie zögerte,
nickte dann aber zustimmend. John half Ulrike in der Küche, also kam es auf ein
paar Minuten nicht an.
    Bruni sah
an sich hinunter, und auf einmal schämte sie sich dafür, dass sie heute ihre älteste
Jogginghose trug. Sie war grau und schlabberig, und an der Außennaht vom linken
Bein hatte sie soeben auch noch ein Loch entdeckt.
    Sie betraten
die Wiese am Ufer, die um diese Zeit noch feucht vom Morgentau war. An Grashalmen
glitzerten Wassertropfen wie Diamanten im Licht, und die klare Unschuld des frühen
Tages versetzte Bruni einen schmerzhaften Stich. Still beobachtete sie Wang San,
der für sie beide einen halbwegs trockenen Platz suchte, an dem sie sich niederlassen
konnten. Schließlich führte er sie unter das Blätterdach einer riesigen Birke, das
sich hoch über dem Boden ausbreitete wie ein luftiges Zelt. In den Wipfeln der Bäume,
die das Ufer umsäumten, turnten Vögel umher und sangen fröhlich ihr Lied, obwohl
die Zeit der Balz und der Paarung längst vorüber war. Bruni stellte fest, dass ihr
Gesang sich tatsächlich nicht mehr ganz so enthusiastisch anhörte wie noch vor wenigen
Wochen.
    Sie zogen
ihre Jacken aus und ließen sich nieder, und Bruni schlang ihre Arme um die Knie,
als ob sie sich daran festhalten wollte.
    »Wang Ai
will euch nicht im Stich lassen, ist es das?«, fragte sie.
    »Ich glaube
schon.« Wang San machte eine kleine Pause, bevor er weitersprach. »Und irgendwie
ist sie hier ja auch unser Aushängeschild. Mit ihr können wir punkten.«
    »Du meinst,
ohne Wang Ai gelänge euch das nicht?«
    »Nicht so
einfach jedenfalls.« Wang San nickte, und Bruni fand, dass er in diesem Moment unglaublich
traurig aussah. Sie verspürte die Regung, ihm über den Arm zu streicheln, ihn zu
trösten, aber sie unterließ es. Seit dem Abend im Western Saloon hatte sich
eine Kluft zwischen ihnen aufgetan, die sie erst einmal überwinden mussten, und
die eine neue, vorsichtige Art des Umgangs bewirkte. Bislang hatten sie noch kein
einziges Mal offen über den Abend gesprochen, und vielleicht war es auch besser
so.
    »Natürlich
ist es für Wang Ai nach wie vor auch verlockend, in Deutschland zu studieren und
nebenbei in einer deutschen Frauenmannschaft Fußball zu spielen«, relativierte Wang
San das zuvor Gesagte.
    »Viel Zeit
für das Studium wird ihr aber nicht bleiben. Es wartet doch sicher ein straffes
Trainingsprogramm auf sie, oder?«
    »Ja, aber
wir Chinesen sind fleißig, wie du weißt.«
    Zum ersten
Mal sah sie ihn heute lächeln, aber sein Lächeln war voller Selbstironie. Es tat
ihr weh, ihn so traurig zu sehen.
    »Wir alle
hoffen darauf, dass bald ein neuer Sponsor gefunden wird«, meinte er und lehnte
den Kopf in den Nacken. Inzwischen war das blasse Blau des Morgenhimmels einem tieferen
Blau gewichen, keine Wolke war weit und breit zu sehen. »Mei Ling und Wang Ai studieren
schon ständig im ›Kölner Blick‹ die Wohnungsanzeigen.«
    »Und was
sagen deine Eltern dazu?«
    »Es gefällt
ihnen nicht, dass Mei Ling ausziehen will, aber was sollen sie machen? Sie ist erwachsen,
und wir sind in Deutschland und nicht in China. Wenn sie und Wang Ai ihren Weg zusammen
gehen wollen, sollen sie ihn gehen. Meine Mutter hofft natürlich, dass Mei Ling
in Köln dann öfter den Sohn einer befreundeten Familie trifft, den sie schon seit
Längerem als potenziellen Kandidaten ins Auge gefasst hat. Spätere Heirat nicht
ausgeschlossen.«
    »Weiß Mei
Ling von den Plänen eurer Mutter?«
    »Natürlich,
sie liegt ihr oft genug damit in den Ohren.«
    Bruni nickte.
»Und wer wird sie im Restaurant ersetzen?«
    »Sie wird
weiterhin mithelfen, zumindest an einem Tag am Wochenende. Aber natürlich wird sie
uns an allen Ecken und Enden fehlen, nicht nur im Restaurant.«
    Bruni lehnte
den Kopf in den Nacken und sah durch das Blätterdach nach oben. Das Blau des Himmels
war immer intensiver geworden, inzwischen hatte es einen azurfarbenen Ton angenommen.
Wenn es eine Farbe gab, die etwas in ihr zum

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