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Mit 80 000 Fragen um die Welt

Mit 80 000 Fragen um die Welt

Titel: Mit 80 000 Fragen um die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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schlimmer kommen könnte. Keine Sau will nach Arkansas, aber wir müssen dorthin. Schließlich hatte ich Ihnen ja versprochen, jede Frage dieser Welt zu beantworten. Das habe ich nun davon.
    Links und rechts des Interstate Highways liegen Roadkills, totgefahrene Gürteltiere. Und vermutlich gibt es in Arkansas wesentlich mehr von diesen kleinen gepanzerten Säugern als Menschen. Der U S-Bundesstaat ist halb so groß wie Deutschland, hat aber kaum drei Millionen Einwohner. Deshalb nennen ihn die Amerikaner den «Natural State». Arkansas ist grün. Und im Sommer eine grüne Hölle: feucht und heiß. Statt durch die Natur zu streifen und Gürteltiere zu jagen, verharren die meisten deshalb im kühlen Hauch einer Klimaanlage. In klimatisierten Autos fahren sie in ihr klimatisiertes Büro und anschließend ins klimatisierte Fitnessstudio. Danach geht es entweder ins klimatisierte Restaurant oder im klimatisierten Wagen an den Drive-in-Schalter einer klimatisierten Fastfood-Bude.
    Drive-in ist überall: Drive-in-Cafés und Drive-in-Bauernhöfe mit Drive-in-Scheunen, in denen sie Milch und Eier verkaufen. Ich habe sogar einen Drive-in-Eisladen gesehen. Du fährst mit deinem Pick-up vor die Theke, bestellst sieben Kugeln in der Waffel und hältst dann auf einem überdachten Parkplatz direkt an der Straße. Vergiss dabei nicht,den Motor laufen zu lassen, sonst versagt deine Klimaanlage, und du willst doch nicht, dass dein leckeres Eis schmilzt?
    Als wir Little Rock erreichen, ist es schon dunkel. Im Holiday Inn Presidential finden wir zwei freie Zimmer und allerlei Artefakte aus dem Weißen Haus. Bill Clinton stammt aus Arkansas, war einige Jahre Gouverneur in Little Rock, und das Hotel ehrt ihn mit Fotos und Erinnerungen aus dieser Zeit. Ein Bild von Monica Lewinsky kann ich nicht entdecken. Good night and good luck.
    Manche sagen, der in jeder Beziehung liberale Clinton sei gewissermaßen der erste schwarze Präsident des Landes gewesen. Wenn das so ist, dann hat Amerika nun mit Barack Obama seinen zweiten schwarzen Präsidenten. Gibt es irgendeinen Menschen auf der Welt, der Angst vor diesem schwarzen Mann im Weißen Haus haben könnte?

    Termin im Parlamentsgebäude der Stadt. Im State Capitol Building, der etwas zu klein geratenen Kopie des Kapitols in Washington, treffe ich Jeannie Burlesworth. Sie begrüßt mich in weißer Bluse und schwarzem Hosenanzug. Jeannie ist so aufgeräumt wie Sarah Palin, so selbstbewusst wie ein Cowgirl und so überschminkt wie Britney Spears. Sie trägt eindeutig zu viel Rouge.
    Frau Burlesworth ist die Chefin von «Secure Arkansas» – ein Kollege aus Little Rock hatte mir den Tipp gegeben, diese Organisation mal zu besuchen. Außerdem sind da noch Betty und Shirley, zwei Rentnerinnen in Pastellfarben. Die beiden begleiten ihre Vorsitzende aus Sicherheitsgründen. «Ihr kommt aus Deutschland, da waren wir uns nicht sicher, ob ihr vielleicht Neonazis seid», lächelt Betty.
    Auf der Internetseite des Vereins heißt es, man engagiere sich für Bürgerrechte, Verfassung und freie Marktwirtschaft. Man findet eine Schuldenuhr, die an den Bund der Steuerzahler erinnert. Ich möchte mehr über Secure Arkansas erfahren.
    «Frau Burlesworth, ist Arkansas nicht sicher genug?»
    «Nein, es ist überhaupt nicht sicher! Wir, der Steuerzahler, wir, die Mittelklasse, fühlen uns bedroht von der Flut illegaler Einwanderer. Es ist eine Invasion.»
    «Eine Invasion?»
    «Dennis, wir Amerikaner sind sehr großzügige Menschen, aber diese Illegalen halten ihre Hand auf, nehmen unser Geld und unsere Jobs und wollen immer mehr. Die nutzen unser Bildungssystem, unser Wohlfahrtsprogramm und verstopfen unsere Krankenhäuser.»
    Schon hat sie sich in Rage geredet: «Das alles ist ein Genozid an der Mittelklasse!» Jeannie Burlesworth hält mir einen langen Vortrag, bei dem sie abwechselnd zu mir unddann mahnend das Wort direkt in die Kamera spricht. Fazit: Die Ausländer sind an allem schuld.
    «Aber sollte man den illegalen Einwanderern nicht helfen?»
    «Nein, die sind illegal hier. Manche sind krank, manche sind kriminell, und wissen Sie was, Dennis?»
    Jetzt macht sie eine rhetorische Pause, richtet den Blick in die Kamera und redet zur ganzen Welt: «Ja, wir Amerikaner haben Angst vor Terrorismus!»
    Frau Burlesworth spürt, dass mich ihre Worte nicht erreichen, und unterbricht das Interview für einen Augenblick. Sie wolle ja nicht, dass ich sie für eine Rassistin halte, das sei ihr wichtig.
    Ich möchte

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