Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
Vom Netzwerk:
noch schwerer als mein großer schlanker Sohn, der unter siebzig Kilo wog.
    Auf der Plattform setzten wir sie auf ihre Hintern, damit mit dem Scheren angefangen werden konnte. Während wir uns mit ihnen in unserer Unerfahrenheit abmühten, brauchte Jones nur ein Minimum an Kraft. Ganz ruhig, wie ausgestopfte Spielzeuge, lagen sie gegen seine Beine gelehnt, als er arbeitete. Wenn die Schere sie ein wenig zwackte, betupfte er die Stelle mit etwas antiseptischer Heilsalbe, aber es geschah nur ganz selten.
    Jones erzählte uns, daß es unterschiedliche Schersysteme gäbe, er aber die Neuseeland-Methode vorzöge. Die einzelnen Schnitte mit dem Schurmesser wurden als >Striche< bezeichnet und in einem ganz bestimmten Rhythmus ausgeführt, der mit dem geringsten Kraftaufwand und den wenigsten Bewegungen das Vlies vom Schaf trennte. Als erste kam die Bauchwolle dran, die separat geschoren wurde. Und das restliche Vlies folgte dann in einem Stück.
    John und ich rollten die Vliese in Bündeln zusammen und verschnürten sie so, daß wir die Schwanzwolle zu einem Seil formten, es damit umwickelten und am Schluß nach innen steckten. Die Bündel kamen anschließend in die bereiten Säcke.
    Der elektrische Motor surrte vor sich hin und Jones, der mit einem elastischen Rückgrat gesegnet schien, beugte sich über seine Aufgabe und richtete sich noch nicht einmal auf, wenn das geschorene Schaf durch ein wartendes von uns ausgewechselt wurde. Die kahlen Schafe, die nackt und ziemlich lächerlich aussahen, wurden mit einem >E< für Egerton als Markierung bestrichen und von dem jungen Hund zurück in die Herde getrieben. Die ersten geschorenen Schafe schienen völlig inmitten derer unterzutauchen, die noch drankommen mußten, aber so allmählich füllten sich die >Bettbezüge< mit den Vliesen, und der Augenblick näherte sich, in dem die geschorenen Tiere in der Überzahl waren.
    Mit dem Besen hielten wir eifrig den Schauplatz sauber und waren alle froh, als Shirley zum Pausieren mit Tee und belegten Broten auf tauchte.
    »Ich möchte nichts essen«, sagte unser Scherer. »Je weniger man bei dieser Arbeit im Magen hat, um so besser. Wenn man viel ißt, bekommt man Krämpfe.«
    Er war ein angenehmer junger Mann, der ein Jahr auf der Hochschule für Landwirtschaft gewesen war. Durch die hohen Preise für Grundbesitz war es unwahrscheinlich, daß er je seinen eigenen Hof würde kaufen können. So hatte er sich zum Ziel gesetzt, für jemand anderen dessen Hof zu verwalten. Seine Familie lebte auf einem kleinen Pachtgut. »Aber das wird sicher abgetreten werden müssen, wenn mein alter Herr in Rente geht oder stirbt«, sagte er. »Es würde mir nichts ausmachen, für den Gutsbesitzer zu arbeiten, wissen Sie. Ich wär’ mit einem Job auf dem Gut zufrieden, zum Beispiel als Schäfer.«
    Wir fingen wieder an zu arbeiten und brachten ihm ein großes altes Schaf.
    »Riechen Sie’s?« fragte er plötzlich und richtete sich auf. »Maden. Können Sie sie riechen?«
    Wir nahmen einen schwachen, aber merklichen süßen Geruch wahr. Er teilte die dicke Wolke um den Schwanz auseinander, und wir entdeckten eine ganze krabbelnde Kolonie dieser Maden. Mit dem Schurmesser legte er das rohe Fleisch darunter frei, aber es war noch nicht zu spät.
    Jones reinigte die Stelle und rieb dort anschließend Maschinenöl in die Wolle. »Falls noch welche übrig sind, gehen sie dadurch ein«, erklärte er uns. »Der Schaden ist nicht groß, aber bei diesem Wetter müssen Sie ein Auge darauf behalten. Am besten, Sie bringen sie mal zu Old Jonathon zum Desinfizieren. So hält man die Fliegen fern.«
    Mit Old Jonathon hatten wir bereits gesprochen, der aber hatte eine lange Warteliste, auf der wir noch ganz unten standen. Daher überwachten wir während des heißen Wetters selber die Schafe. Dabei entdeckten wir den schlimmsten Fall: Ein dickes Lamm schien die Maden nur so auszuspucken, die es von einer Stelle an seinem Hinterteil abgebissen hatte. Wir holten sie raus und verwendeten verdünnte Karbolsäure gegen Entzündungen und zum Abtöten eventueller Überlebender. Die Wolle wuchs wieder nach, aber sie war dunkler als vorher, und aufgrund dieser Stelle konnten wir später dieses Lamm immer herausfinden.
    Kurz nach Mittag war das letzte Schaf geschoren. Zwei der Säcke waren prallvoll mit Vliesen, den dritten hatten wir nicht gebraucht. Erleichtert trieben wir die Herde mit ihrem veränderten Äußeren wieder auf die Weide zurück. Die Tiere machten den Eindruck,

Weitere Kostenlose Bücher