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Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge

Titel: Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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half. Sie plauderten mit den anderen Bürgerkriegs-Interessierten und fuhren dann durch die Dunkelheit zurück, vorbei am Haus der Larkins, das unbeleuchtet dalag. Olive schüttelte den Kopf. »Ein bisschen sonderbar fand ich Louise ja immer«, sagte sie. Louise hatte die Berufsberatung in Olives Schule gemacht, und etwas an ihr … nicht nur, dass sie zu viel und zu exaltiert redete, nein, auch das dicke Make-up, und dann dieses Getue um ihre Kleider … »Bei der Weihnachtsfeier hatte sie jedes Mal einen ganz schönen Schwips«, sagte Olive. »Einmal war sie sogar richtig betrunken. Da hab ich sie am Schluss in der Turnhalle gefunden, wo sie auf der Tribüne saß und ›Vorwärts, Christi Streiter‹ sang. Es war abstoßend, wirklich.«
    »Tja«, machte Henry.
    »Genau«, stimmte Olive zu. »Du sagst es.«
    Und so rappelten sie sich gerade wieder auf, fanden sich langsam zurecht in ihrem Seniorendasein, als Christopher eines Abends anrief, um ihnen mit ruhiger Stimme mitzuteilen, dass Suzanne und er sich scheiden ließen. Henry war an dem Apparat im Schlafzimmer, Olive an dem in der Küche. »Aber wieso ?«, fragten sie wie aus einem Mund.

    »Sie möchte es so«, sagte Christopher.
    »Aber was ist passiert, Christopher? Ihr seid doch erst ein Jahr verheiratet, um Gottes willen.«
    »Mom, es ist eben passiert. Das ist alles.«
    »Gut, dann komm heim, mein Junge«, sagte Henry.
    »Nein«, erwiderte Christopher. »Mir gefällt es hier. Und die Praxis läuft gut. Ich habe nicht vor, wieder zurückzukommen.«
    Henry verbrachte den Abend auf der Wohnzimmercouch, das Gesicht in den Händen vergraben.
    »Jetzt komm. Reiß dich zusammen«, sagte Olive. »Du bist doch nicht Roger Larkin, Himmelherrgott.«
    Aber ihre Hände zitterten, und sie ging zum Kühlschrank und räumte ihn komplett aus und scheuerte die Innenwände und die Roste mit einem Schwamm, den sie in eine Schüssel mit kaltem Wasser und Sodapulver tauchte. Dann räumte sie alles in den Kühlschrank zurück. Henry saß immer noch mit dem Kopf in den Händen da.
    Immer häufiger saß Henry von da an mit dem Kopf in den Händen im Wohnzimmer. Eines Tages sagte er, plötzlich ganz zuversichtlich: »Er kommt wieder. Du wirst schon sehen.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    »Er ist hier zu Hause, Olive. Diese Küste ist seine Heimat.«
    Und wie um sich die Kraft dieser geographischen Magnetwirkung auf ihren einzigen Sprößling zu beweisen, begannen sie mit der Ahnenforschung - fuhren nach Augusta, um in der Bibliothek dort zu recherchieren, fuhren zu Friedhöfen viele Meilen entfernt. Henrys Familie war schon seit acht Generationen im Lande, Olives seit zehn. Ihr erster Vorfahr war aus Schottland gekommen, hatte sieben Jahre seine Überfahrt abgedient und sich dann ein neues Leben aufgebaut. Die Schotten waren kampflustig und zäh, und sie mussten Schrecknisse aller Art aushalten - Skalpierungen, eisige Hungerwinter,
Blitze, die in ihre Scheunen einschlugen, Kinder, die reihenweise starben. Trotzdem ließen sie sich nicht unterkriegen, und Olive wurde kurzfristig ein wenig leichter ums Herz, wenn sie all dies las.
    Aber Christopher war und blieb fort. »Alles bestens«, sagte er, wenn sie ihn anriefen. »Alles bestens.«
    Aber wer war er? Dieser Fremde im fernen Kalifornien. »Nein, erst mal lieber nicht«, sagte er, wenn sie ihn besuchen wollten. »Im Moment passt es gerade nicht so gut.«
    Olive fiel es schwer, stillzusitzen. Statt einem Kloß in der Kehle spürte sie einen Kloß im ganzen Körper, einen anhaltenden Schmerz, hinter dem sich genug Tränen anzustauen schienen, um die ganze Bucht zu füllen, die sie vom Fenster aus sehen konnte. Bilder von Christopher stürmten auf sie ein: wie er als Kleinkind nach einer Geranie auf dem Fensterbrett gegriffen hatte, und sie hatte ihm auf die Finger gehauen. Aber geliebt hatte sie ihn! Bei Gott, wie sie ihn geliebt hatte! In der zweiten Klasse wäre er fast in Flammen aufgegangen, als er im Wald hinter dem Haus sein Diktat zu verbrennen versuchte. Aber dass sie ihn liebte, das wusste er. Wir wissen genau, wer uns liebt und wie sehr - das war Olives feste Überzeugung. Warum erlaubte er seinen Eltern nicht wenigstens, ihn zu besuchen? Was hatten sie verbrochen?
    Sie konnte die Betten machen, die Wäsche waschen, den Hund füttern. Aber zum Kochen mochte sie sich nicht mehr aufraffen.
    »Was gibt’s heute zum Essen?«, fragte Henry, wenn er die Kellertreppe heraufkam.
    »Erdbeeren.«
    Henry schalt mit ihr. »Du

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