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Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge

Titel: Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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heute weiter? Daddy fährt noch mal kurz in die Schule rüber, ich geh meine Rosen düngen, und was habt ihr Mädchen vor?« Sie zog die Augenbrauen hoch und klopfte mit ihren lackierten Fingernägeln auf die Tischplatte.
    Julie und Winnie schwiegen. Winnie stippte mit der Fingerspitze in den Sirup und steckte sie dann in den Mund.

    »Winnie, bitte, sei kein solches Ferkel.« Ihre Mutter stand auf und stellte ihre Tasse ins Spülbecken. »Julie, du wirst dich viel besser fühlen, wenn du aktiv wirst.«
    Anita war auch aktiv geworden an dem Tag, an dem die Hochzeit ausgefallen war. Sie hatte Bruce einen Brief geschrieben. Sie hatte ihm geschrieben, dass sie ihn erschießen würde, wenn er ihr je wieder unter die Augen käme, wenn er sich jemals wieder in die Nähe ihrer Tochter wagte. »Das gilt als Straftat, glaube ich«, hatte Jim ihr mit ruhiger Stimme gesagt. »Drohungen per Post zu verschicken.«
    »Du kannst mich mal mit deiner Straftat«, sagte Anita. »Der Verbrecher hier ist ja wohl er.«
    Winnie dachte daran, wie Cliff Mott ihrer Mutter im Lebensmittelladen befohlen hatte, ihre Verrücktheiten für sich zu behalten. Es war ein seltsames Gefühl - vor ganz kurzem war sie noch so stolz gewesen auf ihre hübsche Mutter, und jetzt grübelte sie nach über das, was die Leute über sie sagten und ob sie nicht vielleicht wirklich verrückt war, und dabei fiel ihr plötzlich auf, dass ihre Mutter keine Freundinnen hatte wie andere Mütter. Niemanden, mit dem sie telefonierte oder zwischendrin einen Einkaufsbummel machte.
    Jetzt saß Winnie mit Julie am Küchentisch und sah durch das Fenster, wie ihre Mutter mit einer kleinen Schaufel in der Hand zu den Rosen schlenderte. »Dir ist schon klar, worum es hier eigentlich geht, oder?«, sagte Julie leise. »Sex.«
    Winnie nickte, aber so ganz klar war es ihr nicht. Die Sonne schien so grell in die Küche, dass ihr Kopf zu schmerzen begann.
    »Es stinkt ihr, dass ich mit ihm geschlafen habe.«
    Winnie stand auf, trocknete einen Teller ab und räumte ihn in den Schrank. Julie starrte geradeaus, mit so leerem Blick, als sähe sie gar nichts. So sah Winnie ihre Mutter auch manchmal schauen. »Winnie«, sagte Julie, immer noch mit
diesem Starren, »sag Mom nie die Wahrheit. Denk an meine Worte. Lüg sie an. Lüg, dass sich die Balken biegen.«
    Winnie trocknete noch einen Teller ab.
    Die Sache war schlicht die, dass Bruce es mit der Angst bekommen hatte. Er wollte nicht Schluss machen mit Julie, er wollte nur nicht heiraten. Er wollte einfach so mit ihr zusammenleben. Anita hatte Julie gesagt, wenn sie wie eine ordinäre Schlampe mit einem Mann zusammenleben wollte, der sie vor versammelter Gemeinde am Altar stehen ließ, dann bräuchte sie sich nie mehr zu Hause blicken zu lassen.
    »Das meint sie nicht so«, hatte Winnie zu Julie gesagt. »Alle möglichen Leute leben doch einfach so zusammen, überall.«
    »Traust du dich zu wetten? Traust du dich zu wetten, dass sie es nicht so meint?«, hatte Julie gefragt. Und Winnie hatte sich der Magen auf eine Weise zusammengezogen wie sonst nur beim Autofahren; sie traute sich gar nichts mehr zu wetten, wenn es um ihre Mutter ging.
     
    »Mal ein Bild. Lies ein Buch. Knüpf einen Teppich.« Bei jedem ihrer Vorschläge haute Anita mit der Hand auf den Tisch. Julie antwortete nichts. Sie knabberte an einem Kräcker, während Anita und Winnie ihre Suppe aßen; sie hatten einen weiteren Tag hinter sich gebracht, und es war Samstagmittag. »Putz die Fenster«, sagte Anita. »Winnie, trink nicht aus deinem Teller wie ein Schwein.« Anita wischte sich den Mund mit einem Stück Küchenrolle ab, die sie statt Servietten benutzten. »Und ruf vor allem Beth Marden an und frag sie, ob du im Herbst wieder im Kindergarten arbeiten kannst.« Anita stand auf und stellte ihren Teller in die Spüle.
    »Nein«, sagte Julie.
    » Jetzt hab ich’s.« Ihre Mutter war ganz beglückt über ihren neuen Einfall, das sah Winnie ihr an. Wenn ihre Augen diesen
speziellen Schimmer bekamen, wollte Winnie sie jedes Mal umarmen, so wie man ein verwirrtes Kind umarmen will.
    »Haferplätzchenteig«, sagte Anita. Sie nickte erst Julie zu, dann Winnie. »Wir machen den Teig, aber wir backen ihn nicht. Wir essen ihn einfach als Teig.«
    Julie sagte nichts. Sie begann, an einem Fingernagel zu zupfen.
    »Na, wie findest du das?«, fragte Anita.
    »Muss nicht sein«, sagte Julie mit kurzem Aufblicken. »Ich meine, nein danke - ist eine liebe Idee.«
    Anitas Gesicht wurde

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