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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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jetzt, Leute, Fillide empfängt einige anspruchsvolle Herren in ihrem Haus an der Via Frattina. Wer hat Lust auf Huren, Zocken, Gesang und Tanz?»
    ∗
    Fillide drehte sich in Gegenbewegung zu ihrem Kleid hin und her. Sie hielt sich den roten Taft vor den Körper und ließ ihn zur Untermalung ihres Lachens rascheln. Am Halsausschnitt liefen Spitzenrüschen in zwei konkaven Schwüngen auf einen Punkt zwischen ihren Brüsten zu. Sie hatte das Kleid so drapiert, dass das obere Drittel ihres dunklen Brustwarzenhofs durchschimmerte. «Wie findet ihr das,
Ragazzi

    Onorio holte sich eine Flasche Wein vom Tisch. «Mit dem ganzen roten Stoff siehst du aus wie ein Kardinal mit dicken Titten.»
    «Vielleicht hat ihr das ja auch ein Kardinal gekauft?» Prospero reckte sich, um der Kurtisane einen flüchtigen Wangenkuss zu geben. Er neigte den Kopf und kratzte mit seinem Bart über ihr Dekolleté. «Einer ihrer noblen Kunden?»
    Sie verpasste ihm mit den Fingerknöcheln eine Kopfnuss.
    Caravaggio kam mit Gaspare herein.
Scipione hat Fillides Porträt erkannt. Hat er ihr diese teuren Kleider gekauft?
, fragte er sich. Er durchquerte den Raum so zögerlich, als könnte sich der hedonistische Kardinalnepot hier genießerisch auf einem Diwan räkeln.
    Von einem silbernen Kandelaber tropfte Wachs auf den Orientteppich, der auf dem Tisch ausgebreitet war. Die Bilder und Wandteppiche verschwammen im Dunkeln. In der hintersten Ecke verhüllte ein schwerer weißer Vorhang ein Bett. Ein konvexer Spiegel am Fußende der Matratze zeigte den in die Länge gezogenen Umriss eines liegenden Mannes. Er trug ein weites weißes Hemd und eine rote Hose und stützte sich, den Neuankömmlingen zugewandt, auf einen Ellbogen. Im Spiegel fing er Caravaggios Blick auf. Zuerst wirkte sein Gesicht wie das eines auf der Lauer liegenden, gefährlichen Tiers, doch dann zeigte sich auf ihm ein verächtliches Grinsen.
    «Der, der dir das Kleid geschenkt hat –», sagte Caravaggio in Richtung des Spiegels, «ist kein Kavalier.»
    Der Mann auf dem Bett zupfte sich zweimal mit dem Zeigefinger am Ohrläppchen.
Du schwule Sau
.
    Eine schwarzhaarige Frau kam aus der Küche. Ihre Haut war so blass, dass das Kerzenlicht sie wie rotes Kadmium auf eine leere Leinwand warf. Sie brachte eine Terrine mit gekochtem Hammelfleisch.
    Gaspare half ihr, es auf dem Tisch abzusetzen. «Wenn du gestattest,
mia cara
Menica», sagte er.
    «Willst du etwa ein Gedicht darüber schreiben, wie gern du dein kochend heißes Fleisch in ihren Suppentopf schieben möchtest?» Fillide fasste Gaspare mit der linken Hand am Kinn. Ihr Ringfinger war unnatürlich abgespreizt – eine Erinnerung an einen groben Gast. «Verschone uns, Gaspare.»
    Fillides rundes Gesicht zeigte noch letzte Spuren von Babyspeck. Ihr an den Schläfen gelocktes bernsteingelbes Haar leuchtete im Kontrast zu ihrer Haut. Ein frisches Rosenrot blühte auf dem Fleisch ihres Schlüsselbeins und in der Höhlung ihres Halsansatzes. Ihre Unterlippe war so voll, dass allein damit jede andere Kurtisane ein Vermögen verdient hätte. Sie war Caravaggios Judith und seine heilige Katharina gewesen. Sie war auch die Magdalena, an der er jetzt arbeitete. Als sie sich vor Lachen krümmte, fand er sie menschlicher als die Farbe, die er für sie verspritzt hatte. Aber nur knapp.
    Menica kam zu Caravaggio, stellte sich auf seine Füße und schlang ihm die Arme um den Hals. Auf seinen Zehen streckte sie sich und brachte ihren Mund dicht an sein Ohr. «Ranuccio liegt auf dem Bett, Michele. Er hat etwas von einem Kampf mit dir gesagt.»
    Er strich Menica über die Wange. Nach sechs Jahren als Hure wurde ihre Haut rauer. Er küsste sie auf die Stirn und rief durch den Raum: «Prudenza hat dich in der Taverne gesucht, Ranuccio.»
    Onorio erstarrte und griff zu seinem Dolch. Fillide funkelteMenica an. Ein verkrampftes Lachen erscholl vom Bett her, als der Vorhang aufgezogen wurde.
    Ranuccio setzte die Füße auf den Boden. Er kratzte in seiner Strumpfhose herum und fand etwas, das er mit seinen langen, dünnen Fingern wegschnippte. Sein Bart und seine Haare waren braun mit gelblichen Strähnen wie zu feuchter Silage verrottetes Stroh. Er griff nach der Flasche in Onorios Hand. «Gib schon her, Longhi», sagte er und zerrte ein weiteres Mal an der Flasche, bis Onorio sie losließ.
    «Das ist lustig, seht mal.» Ranuccio umarmte Fillide von hinten und roch an ihrem Haar. «Die hier wollte Prudenza abstechen.»
    «Was erwartest du denn auch?»,

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