Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman
schlanken Schwerträger zu sich, dessen Edelmut vom Kampf ungebrochen zu sein schien. «Ruffetti, unser Freund braucht einen Arzt.»
Als er näher kam, runzelte der Schwertkämpfer mit gehörigem Schrecken die Stirn. «Bring ihn in mein Haus», sagte er.
Caravaggio legte die Hand an die Schläfe. Als er sie zurückzog, war sie rot von Blut.
∗
Die Ermittler des zuständigen Gerichts fanden Caravaggio im Bett in Ruffettis Haus. Er war am Hals und an der linken Kopfseite verletzt.
Einer der Offiziere zog sich einen Stuhl ans Bett. «Einer der Farneser ist nach dem Kampf beim Palazzo an seinen Verletzungen gestorben.»
«Welcher Kampf?» Caravaggio berührte den Verband an seinem Hals und hustete.
Die beiden Ermittler tauschten einen Blick. Der Sitzende, der klein und schmal und graugesichtig war, zog die Augenbrauen hoch. Der andere strich sich durch den dichten, schwarzenBart. Die Richtung, die diese Angelegenheit nehmen würde, war ihnen nur allzu vertraut.
«Ein Handgemenge, ein Schwertkampf beim Palazzo Farnese in dieser Woche. Colonna-Leute sind in den Hof eingedrungen. Ungefähr zweihundert Mann waren beteiligt.»
Caravaggio hätte beinahe gesagt, dass es nicht mehr als sechzig gewesen waren. Er sah, wie sich der dünne Ermittler in der Erwartung, von ihm korrigiert zu werden, auf seinem Stuhl vorbeugte. «Das sind eine Menge Leute. Ist jemand verletzt worden?»
«Ich sagte doch, dass einer von den Farneses tot ist.»
«Gott sei seiner Seele gnädig.»
«Man sagt, Ihr wäret dort gesehen worden.»
«Unmöglich. Ich habe zu viel zu tun. Wer sagt, dass ich dort gewesen bin?»
«Glaubwürdige Zeugen.»
«Also niemand, den ich kenne. Wie auch immer, ich bin viel zu beschäftigt, um so etwas zu tun. Ich male ein Porträt des Heiligen Vaters.»
Der Mann auf dem Stuhl stutzte, aber sein Kollege beugte sich über Caravaggio und hielt sich dabei am Bettpfosten fest. «Wir haben gehört, dass Ihr das Porträt bereits vollendet habt.»
«Der Kardinalnepot hat mit mir über den Rahmen des Porträts gesprochen. Ihr könnt ihn fragen.»
«Das tun wir vielleicht auch.» Der bärtige Ermittler zeigte mit dem Finger auf Caravaggio, aber der Sitzende schnalzte mit der Zunge.
«Was ist mit Euch geschehen?», fragte der kleine Ermittler. Er zog ein Täfelchen aus der Tasche und machte sich mit einem Stift Notizen.
«Ich habe mich mit meinem eigenen Degen verletzt.» Caravaggio quälte sich ein Lachen ab, das nach Selbstkritik klingen sollte. «Ich bin hier irgendwo in der Nähe die Treppe hinabgestürzt.»
Der Stift kratzte über die Tafel. «Wo?»
«Daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Ich war etwas, wisst Ihr – ich war betrunken.»
«Saufgelage mit dem Kardinalnepoten?», sagte der größere Mann.
«Bei Jesus, Cosimo», zischte sein Kollege. «Hat Euch jemand gesehen oder geholfen, nachdem Ihr gestürzt seid?»
«Zu dem Zeitpunkt war niemand in der Nähe.»
«Warum seid Ihr hierhergekommen?»
«Zum Glück wusste ich, dass ich in der Nähe des Hauses meines Freundes, des Advokaten Signor Ruffetti, war.»
Noch ein Blick zwischen den Ermittlern.
So ist es, meine Herren
, dachte Caravaggio.
Ich habe Freunde, die das Recht kennen.
«Mehr kann ich dazu nicht sagen.»
Er lauschte ihrem finsteren Abgang über die Treppe nach. Als er schluckte, fühlte sich seine Kehle so an, als würde sie in alle Richtungen aus seinem Hals herausplatzen.
Am Nachmittag brachte Onorio ihm eine Flasche Wein. Während Caravaggio trank, setzte sich Onorio zu ihm aufs Bett.
«Einer der Farneser ist tot.» Caravaggio setzte die Flasche auf seinem Oberschenkel ab.
Onorio lief vor Aufregung rot an, und seine Augen funkelten. «Der war nicht wichtig.»
«Was würde man sagen, wenn ich gestorben wäre?»
«Man würde sagen, dass du Ranuccio hättest töten sollen, als du die Chance dazu hattest.» Onorio schlug sich auf die Schenkel. «Ein bisschen Blut an deinen Händen schadet nichts. Es macht einen Mann aus dir.»
Caravaggio blinzelte. «Hast
du
den Farneser umgebracht?»
«Gib mir mal die Flasche,
Cazzo.
» Onorios Stimme bebte vor Begeisterung. Er goss sich den Wein in die Kehle.
Caravaggio zitterte. Onorio hatte ein Leben beendet. Caravaggio erkannte ihn nicht wieder, weil er in eine Welt geratenwar, in der seine einzigen Freunde die Toten waren. «Ich habe hier gelegen und daran gedacht, wie nahe ich dem Tod gekommen bin», sagte er. «Ich hätte auch hinüber sein können.»
«Du hast recht. Sterben ist
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