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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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tiefe Schatten auf seine Haut, als wären seine Augen, die Wangenknochen und das Kinngrübchen mit einem Kohlestift nachgezeichnet worden. Seine Lippen waren zusammengepresst, rund und geriffelt wie ein Schließmuskel. Er verlagerte sein Gewicht, als wollte er sich im Kreuz strecken. Dann sank er wieder in sich zusammen.
    «Zweifellos seid Ihr der größte Künstler, der je diese bescheidenen Gestade erreichte.» Er sprach hinter vorgehaltener Hand. Er wirkte schlampig und verdruckst wie ein verwahrloster Straßenkater. Aus einem Mundwinkel wehte sein Atem hervor. «Ich frage mich, warum Ihr hergekommen seid?» Eine Antwort ließer nicht zu. «Ich habe Euch Fragen zu stellen. Sie sind aber nicht fürs Protokoll.»
    Der Notar klappte das Buch zu und verließ den Raum.
    Wie eine den Mond verdunkelnde Wolke zog ein Grinsen über das Gesicht des Inquisitors. Es verschwand langsam, als hätte sich ein geheimes Rätsel gelöst oder als sähe ein Schachspieler seinen Sieg nur noch fünf Züge entfernt.
    Caravaggio hatte schon oft vor Richtern gestanden und war mit der Folter bedroht worden, doch hatte er dabei stets seine Listigkeit und ein fast schon theatralisches Vergnügen an der Sache ausgespielt. Es irritierte ihn, dass ihm vor della Corbara die Knie zitterten wie auf der
Capitana
, als das Schiff auf den Wellen in der Straße von Messina geschaukelt hatte.
    Der Inquisitor erhob sich, als würde er wie eine Marionette an Fäden hochgezogen. Er schob die Hände in die Ärmel seiner Robe. «Kommt mit mir.»
    Sie gingen durch den Flur. Della Corbaras linker Fuß war nach außen verdreht. Ein gebrochenes Schienbein musste wohl schlecht gerichtet worden sein. Bei jedem Schritt trat der Fuß einen Moment später auf, als er sollte. An den Wänden am Ende der Haupttreppe hingen die Familienwappen der achtzehn Inquisitoren, die della Corbara auf Malta vorausgegangen waren. Darunter hing eine Gemäldesammlung, in der die Todesarten der großen christlichen Märtyrer dargestellt waren.
    «Viele Möglichkeiten, einen Menschen umzubringen, nicht wahr?» Der Inquisitor neigte den Kopf in Richtung der Galerie. «Aber Ihr wisst ja bereits alles übers Töten.»
    «Ich bin kein Heiliger, das ist wohl wahr.»
    «Gut. Weil Ihr genug Martyrien gemalt habt, um genau zu wissen, was mit Heiligen passiert.» Della Corbara zog die Lippen nach unten. «Wie dem auch sei, was bedeutet der Tod schon für uns? Wir sind von unserem Hinscheiden nicht weiter entfernt als von einem Husten oder Niesen oder einer Begegnungmit einem gewalttätigen Fremden. Wie die Märtyrer.» Er ging an den Gemälden vorbei den Flur entlang. «Hier ist der heilige Sebastian, von Pfeilen durchbohrt, die heilige Anna, der man die Brüste abschnitt, und hier jetzt der heilige Laurentius, auf einem Grill geröstet.»
    «Grauenhaft.»
    «Laurentius sah das anders. Als er starb, scherzte er mit seinen Verfolgern, um zu beweisen, dass ihm das Martyrium willkommen war. ‹Dreht mich um, auf dieser Seite bin ich schon gar›, sagte er.» Das Lachen des Inquisitors war ein geschmackloses Kichern.
    Da er jetzt nicht mehr in der Tribunalskammer war, entspannte sich Caravaggio ein wenig. Vielleicht wurde gar nicht gegen ihn ermittelt. Er blickte in die hageren, diebischen Gesichtszüge des Inquisitors und ermahnte sich, wachsam zu bleiben.
Der hier würde dich noch wegen deiner Träume verfolgen
, dachte er,
und Gott weiß, dass meine Träume nicht einmal vor dem freundlichsten Priester Gnade fänden.
    «Ich meine nicht, dass die Geschichte grauenhaft ist», sagte er. «In derlei Dingen lasse ich mich von Euch leiten, Pater. Ich meine, dass diese Gemälde armselig sind.»
    Della Corbara wackelte mit dem Kopf. «Sie entsprechen auch nicht meinem Geschmack, das ist wahr. Ich habe in Rom in Kardinal del Montes Galerie Eure
Heilige Katharina
von Alexandria gesehen. Das Bild zieht den Betrachter in die Gedanken der Heiligen hinein.»
    «Das freut mich sehr, Pater.»
    «Obwohl das in sich selbst eine Häresie sein könnte. Ein Heiliger sollte geheimnisvoller sein.»
    Caravaggio zwang sich dazu, von den mittelmäßigen Bildern wegzuschauen und sich ganz dem Mann zu widmen, der neben ihm in den Schatten stand.
Nur weil er das Wort Häresie im Scherz benutzt hat, heißt das noch lange nicht, dass er nicht auch über die Flammenlachen würde, während ich verbrannt würde. Neben ihm kann ich fast die Hitze spüren, als wäre er selbst der Scheiterhaufen
.
    «Es liegt an den Augen. Habe ich

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