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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Schreibers des Großmeisters bedeckt war; die Buchstaben hatten alle die gleiche Stärke und waren im gleichen Winkel von sechzig Grad nach rechts geneigt.
    Heiligster Vater
    Der Großmeister des Ordens des Hospitals des heiligen Johannes von Jerusalem wünscht, ein würdiges und verdientes Subjekt zu ehren, das Begehr und Neigung hegt, sich in seinen und den Dienst des Ordens zu stellen. Er bittet Eure Heiligkeit untertänigst zu geruhen, ihm die Autorität und Macht zu gewähren, das von ihm begünstigte und erwählte Subjekt mit dem Habit eines Ritters auszustatten, ungeachtet der Tatsache, dass dieses Subjekt einst in einem Duell Totschlag begangen hat. Er bittet, dies Ersuchen als eine ausnahmsweise Gunst zu gewähren, weil ihn das tiefe Verlangen leitet, eine solch virtuose und verdienstvolle Person zu ehren und zu unterhalten. Möge der Herr Euch lange beschützen.
    Wignacourt hatte den Brief mit weniger sicherer Hand als sein Sekretär gezeichnet, mit hakender Feder und Tintenklecksen unter seinem Namen.
    Caravaggio wollte Martelli fragen, wer diese virtuose und verdienstvolle Person sei, aber der alte Mann packte ihn an derSchulter und schüttelte ihn. «Du wirst ein Ritter sein, mein Junge. Sobald der Heilige Vater zustimmt.»
    Caravaggio sackte zusammen. Es war, als ob sein Knochenmark aus lauter Spannung bestanden hätte und seine Erleichterung ihn nun hohl und schwach werden ließ. Vor dem Mann – wer auch immer es war –, der ihn töten würde, konnte ihn dieser Brief retten.
    Martelli zog ihn hoch und führte ihn aus dem Oratorium.
    Als sie nach draußen gingen, blickte Caravaggio zum Kruzifix auf. Eines Tages würde er nach Rom zurückkehren, was dem ermordeten Polidoro verwehrt geblieben war. Er würde als Ritter zurückkehren, als freier Mann.
    ∗
    Martelli führte Caravaggio zur Taverne der italienischen Ritter. Der alte Mann hielt vor dem Tor an, um mit dem Pilier der Ritter Kastiliens zu reden. Im Hof umkreiste Roero mit geballten Fäusten den Brunnen.
Ich kenne diese Art der Wut
, dachte Caravaggio.
Er hat versucht, mich in der Kathedrale einzuschüchtern, und das ist ihm misslungen. Das wird er sich nicht bieten lassen
. Der Küchenjunge kam zum Wasserholen und beobachtete dabei ängstlich Roero.
    Caravaggio bog nach links zur Treppe ab, um ein weiteres Aufeinandertreffen zu vermeiden. Aber Roero rief ihn und folgte Caravaggio ins Kloster. «Denkt daran, dass Euer Bild des heiligen Johannes für die Ritter sein soll, nicht für eine Bande effeminierter Ästheten in Rom.»
    Er weiß über meinen Auftrag Bescheid. Diese Ritter gieren genauso wie der Inquisitor nach meinen Geheimnissen
.
    Roero trat näher. «Ich habe von all den hübschen Jungen gehört, die Ihr für die Kardinäle und Kaufleute in Rom gemalt habt. Ich habe auch gesehen, wie Ihr Euch mit diesem Küchenjungen abgegeben habt. Ich bin mir sicher, dass er nicht nurEure Farbpigmente reibt.» Er deutete mit dem Daumen zu dem Jungen am Brunnen. «Ich will nicht, dass über Euer Gemälde des heiligen Johannes solche Gedichte geschrieben werden wie über die Bilder Eurer Lustknaben. Ich will nichts davon hören, dass Ihr für ihn entflammt seid.»
    Er weiß, dass ich Ritter werden soll, und er hasst mich, weil ich das reine Blut seines Ordens verunreinige
, dachte Caravaggio.
Lass dich nicht auf einen Kampf ein, Michele
.
    Roero ballte in seinem Handschuh die Faust und gab Caravaggio einen Schlag auf die Schulter. Er prallte mit dem Kopf gegen die Wand. Roero funkelte ihn an. Caravaggio rieb sich über seine Beule. Er wusste, dass er zu viel von sich selbst verlangte. Wie die eines jeden anderen Mannes war auch
seine
Ehre ebenso viel wert wie seine Seele.
    Der Ritter zog einen Dolch aus dem Gürtel. «Ich schneide dir das Fleisch von den Rippen. Und dann zertrümmere ich dir die Knochen.»
    Caravaggios Antwort kam automatisch. «Ich schneide dir die Eier ab, du aufgeblasener Hanswurst.» Noch während er das sagte, bereute er es bereits, enttäuscht von sich selbst. Aber es war zu spät.
    Sie gingen aufeinander los. Als Roero einen Ausfallschritt machte, hob Caravaggio die Hände, um ihm den Dolch zu entreißen.
    Im Hof erscholl die Stimme einer Frau. «Mein Gott, Roero, er ist unbewaffnet.» Roero gab keine Antwort. Wieder rief die Frau. «Signor Roero, nein!»
    Roero zögerte. Die beiden Kämpfer sahen sich nach der Frau um. Sie hielt den Küchenjungen an der Hand. Sie war ein oder zwei Jahre älter als er, und die Ähnlichkeit wies

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