Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
Vom Netzwerk:
komm schon, Junge. Warum gibt es keinen Fisch?»
    «Die Fischer müssen auf den Ordensgaleeren arbeiten, Pater. Am Ende des Sommers lassen die Ritter sie dann wieder für zwei Monate fischen gehen. Dann ist
Lampuki
-Saison.»
    «Was ist das?»
    «Er wird in einem Teigmantel gebacken, mit Zwiebeln und Kapern und Knoblauch –»
    «Stopp, du machst mich hungrig.» Della Corbara hielt sich den Bauch und lachte. «Ich höre gar nicht hin. Das ist ja die reine Folter.» Er klopfte Caravaggio auf den Arm. «Als würde man auf die
Strappado
gespannt.»
    Die Malteser verließen das Gasthaus so unauffällig wie möglich.
Ein randalierender Säufer mit gezogenem Schwert könnte einen Raum nicht schneller leeren als ein Inquisitor
, dachte Caravaggio.
    Della Corbara beobachtete den Exodus. «Man muss sich doch vor nichts fürchten, nicht wahr? Nicht, seitdem Ihr mich kennt.»
    Caravaggio kräuselte die Lippen, als röche er etwas Unangenehmes.
    Della Corbaras schmales Gesicht zuckte. «Gelegentlich erinnere ich mich an einen sündigen Gedanken, den mir jemand gebeichtet hat, und frage mich, ob es nicht mein eigener gewesen ist.»
    «Ihr hört zweifellos, was Ihr hören wollt.»
    «Eure Gemälde zeigen all die großen Sünder, Judas und Salome, die Mörder der Märtyrer. Ihr macht sie Euch zu eigen, weil Ihr selbst ein Mörder wart. Aber Ihr sucht auch nach etwas jenseits des Todes. Ihr versucht Erlösung zu malen. Die Schwierigkeit ist nur, dass Ihr nicht wisst, wie sie aussieht. Ich will Euch helfen, und im Gegenzug wird mir das helfen, auf einen neuen Posten in Rom versetzt zu werden. Wenn ich hier nicht für Furore sorge, muss ich am Ende noch Hexen in Kalabrien verbrennen.»
    «Das würde Euch doch gefallen.»
    Der Inquisitor kratzte sich die Nase. «Habt Ihr schon einmal eine Leiche nach einer Verbrennung gesehen?»
    «Nein. Gibt es dann überhaupt noch eine Leiche?»
    «Glaubt Ihr etwa, Menschen brennen besser als Hammelfleisch? Der Körper ist nur noch eine Hülle, hat aber die Form eines Menschen.» Er beugte sich vor und packte Caravaggio am Handgelenk, als griffe er nach einem Vogel, bevor dieser wegfliegen konnte. «Beim Leben des Heiligen Vaters, ich weiß, dass Ihr mir helfen werdet. Wir werden beide nach Rom gehen.»
    Caravaggio starrte die bleiche Hand auf seinem Ärmel an. Was ihm Sorgen bereitete, wusste der Inquisitor so gut wie er selbst.
    Mit gefletschten Zähnen veränderte sich della Corbaras Miene von einer bittenden zu einer wütenden wie bei einem erregten Mann, dem eine Verführung misslingt. «Ich weiß, was Ihr wollt. Ich weiß es so genau, als hätte ich Euch die Seele aus der Brust gerissen, auf einem Pult glatt gestrichen und mir in meinem Arbeitszimmer laut vorgelesen. Ihr wisst nicht, wie die Erlösung aussieht? Seht her. Ich bin es.»
    Caravaggio rückte von ihm ab. Er roch Bratenduft aus der Küche. Er war nicht wie dieser Inquisitor. Er würde ein Ritter werden.
Sonst bleibe ich immer der Junge, der am Hof der Marchesa gehänselt wird. Verbittert wie dieser Priester
.
    Der Kellner brachte eine Platte mit
Bragioli
, in eine Scheibe gebratenes Rindfleisch gerollte Eier mit Speck, mit Zwiebeln in Wein gedünstet.
    Della Corbara betrachtete das Gericht mit einer so erregten Abscheu, als würde es mit dem abgeschnittenen Kopf eines Mannes, den er nicht leiden konnte, aufgetischt. Er schob die Becher wie ein Glücksspieler über die Tischplatte. «Der Teufel spielt um Eure Seele. Könnt Ihr Euch sicher sein, ihn zu überlisten?»
    Als der Dampf des heißen Gerichts um das Gesicht des Inquisitors waberte, war Caravaggio sich sicher, dass er Satan standhalten, wenn nicht gar übertölpeln konnte. «Nur mit Euch an meiner Seite, nicht wahr? Zweifellos sticht ein Inquisitor sogar Satan.»
    Della Corbara schob seinen Teller beiseite.
    ∗
    Auf den Stufen der Kathedrale hielt Caravaggio im gleißenden Sonnenlicht inne. Roero erwartete ihn hinter der schweren zweiflügligen Tür und winkte ihn zu sich heran. Neben der Tür hing ein mannshohes Kreuz. Roero zeigte mit dem Finger darauf. «Seht Ihr das Kruzifix, Maler?»
    Auf das Kreuz war ein Christus mit olivenfarbener Haut gemalt. «Eine gute Arbeit», sagte Caravaggio.
    «Von einem Schüler Raffaels. Ihr müsstet den Stil eigentlich erkennen.» Roero kam näher. «Es ist von Polidoro aus Caravaggio. Eurem großen Vorgänger.»
    Obwohl es in der Kirche kühl war, wurde Caravaggio heiß.
So müssen sich die Märtyrer gefühlt haben. Auch wenn ihr Ende

Weitere Kostenlose Bücher