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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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gut gelaunt plappernden Knirps mit struppigen Haarstoppeln und strahlenden Augen. Dafür lohnte sich fast das Ausharren in der kalten Kirche und der unheimliche Weg zurück.
    Sie warf Pauline ihren feuchten Umhang zu und streifte die durchnässten Schuhe von den Füßen.
    «Ich bin gleich bereit, ich möchte nur die Hände waschen und mein Haar richten, ja, und ein trockenes und weniger zerknittertes Kleid anlegen. Dann   …»
    «Und dann?» Magnus betrachtete sie amüsiert. «Ich hoffe, dann essen wir und du erzählst mir, was du heute erlebt hast. Außer Nebel. Es muss eine ganze Menge gewesen sein, du warst lange   …»
    Sie bedeutete ihm mit unwirsch gehobener Hand zuschweigen, legte den Finger auf die Lippen und lauschte mit angehaltenem Atem.
    «Hörst du?», flüsterte sie, «auf der Treppe. Da schleicht jemand herauf.»
    Auch Magnus lauschte, nur um gleichmütig die Hände auszubreiten. «Es hört sich an wie Hopperbeck aus der vierten Etage. Warum sollte er nicht die Treppe heraufkommen? Er wohnt hier.»
    Rosina schüttelte unwillig den Kopf und schlich, den Finger immer noch auf den Lippen, zur Tür. Die Schritte kamen näher, verharrten – da riss sie die Tür mit einem Ruck weit auf. Vor ihr stand, blass mit umschatteten dunklen Augen, der vornehme Fremde aus der Katharinenkirche.
    ***
    Weddemeister Wagner trat in den Hof hinter der Mattentwiete, er zog sein blaues Sacktuch heraus und wischte sich das Gesicht ab. Diesmal war es kein Schweiß oder bloße Nervosität, sondern die Nässe der Luft. Anders als Rosina mochte er diesen dichten Nebel nicht, er brauchte immer klare Sicht und eindeutige Geräusche. Auch fühlte er sich von ihm weniger an eine Welt von Mythen und Märchen, als vielmehr an ein Leichentuch erinnert, was zweifellos an seinem Beruf lag.
    Sein Gesicht fühlte sich von der Kälte steif an, er schob den Unterkiefer hin und her, es half wenig. In der Wärme der Stube würde er schon auftauen, wobei er nicht sicher war, ob es bei den Gamradts warm war. Familien von Speicherarbeitern waren immer arme Leute.
    Er hatte mit Befriedigung gehört, dass Gamradt nicht nur im van Keupen’schen Speicher arbeitete, sondern mitseiner Familie auch in dem maroden Mietshaus im Hof zwischen Cremon und Mattentwiete wohnte. Für sie musste es ein Leichtes gewesen sein, in der Brandnacht unbemerkt in den Hof und wieder zurückzuschleichen. Andererseits gab es von den umliegenden Straßen drei Durchgänge zum Hof, da konnte jeder rein. Er stopfte das Tuch in die Rocktasche zurück und blinzelte in das diffuse Dunkel, bis er den Weg gefunden hatte, der mit dem Bau des Hauses wie eine enge Schneise durch das Labyrinth der Schuppen und Unterstände geschlagen worden war.
    Während er durch den nassen Sand stapfte, sah er zu den Rückseiten der Häuser der Mattentwiete und des Cremon hinauf. Das Eckhaus am Cremon war leicht als das der van Keupens zuzuordnen. Seine Fenster waren dunkel, auch die des Kontors, für Bergstedt, die anderen Schreiber und die Handelslehrlinge war Feierabend. Er hoffte, das gelte auch für die Gamradts. In den Speichern, in deren tiefen, von der Straße bis an den Fleet reichenden Böden mussten die gelagerten Waren vor zu viel Kälte wie vor zu viel Wärme geschützt bleiben, nur durch die Tür bei der Seilwinde und daneben eingebaute schmale Fenster gelangte Licht hinein. Jetzt war es dort längst dunkel. In der Kunstblumenmanufaktur mochten die Frauen noch beim Licht von Kerzen oder Öllampen fleißig sein, doch das glaubte er nicht. Die Arbeit war diffizil und der Abend vor dem Tag des Herrn nicht die Zeit für Überstunden, erst recht nicht in dieser düsteren Jahreszeit.
    Die gegenüberliegenden rückseitigen Häuserfronten gehörten zur im spitzen Winkel mit dem Cremon zusammentreffenden Mattentwiete. In einem der letzten Häuser musste sich die Wohnung der Vinstedts befinden. Er war schon dort gewesen, mit Karla, seiner Frau, doch er wusste nicht zu entscheiden, welche Fenster dazugehörten. Lieberwäre er jetzt dort, er musste unbedingt mit Rosina sprechen. Nach dem, was Madam Augusta ihm gerade berichtet hatte, bedurfte er gemeinsamer Überlegungen. Er hatte sich ordentlich erschreckt, als sie, diese feine Dame, mit ihrem Mädchen plötzlich in der Fronerei stand und ihn zu sprechen verlangte. Die Fronerei war kein Ort, den Leute freiwillig betraten, selbst wenn ihre Weste rein wie frischgefallener Schnee war. Sie habe zuerst bei den Vinstedts vorgesprochen, ließ sie ihn

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