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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Geschichte, er wollte ihr den eigentlichen Anlass seiner Reise zeigen, vielleicht mehr zu seiner als ihrer Freude.
    Er legte die Uhr auf seine flache Hand und strich zärtlich darüber. «Silber», sagte er, «der Graf lehnte Luxus ab. Der Deckel ist von Schildpatt überzogen, und seine silbernen Einlagen, diese Blüten, Ranken und Tauben – seht Ihr, wie ungemein kunstvoll und zierlich sie gearbeitet sind? Nur der Ring um das Zifferblatt und die eingearbeitete Sonne sind von Gold.»
    Er öffnete den Deckel und zeigte ihr das unter einem gläsernen Innendeckel liegende, filigran ziselierte Ziffernblatt. Oberhalb der Schraube für die Zeiger war ein halbrunder Himmel aus tiefblauem Email eingearbeitet, die linke Hälfte mit einer strahlenden Sonne, die rechte mit nächtlichen Wolken und Regen.
    «Seht darunter den Namenszug des Uhrmachers: Bushman, London. Er hat ihr ein Geschenk aus ihrer Heimat gemacht, das muss sie doppelt gefreut haben, denkt Ihr nicht auch?»
    «Das hat es sicher», stimmte Rosina zu. Als Geschenk für eine königliche Geliebte empfand sie die Uhr ziemlich schlicht. Es schien zu stimmen, dass sich Struensee – anders als böse Zungen behaupteten – keineswegs in seinem Amt bereichert hatte.
    «Was habt Ihr nun vor?», fragte sie, als Henrik die Uhr in ihre Hülle steckte und wieder unter seinem Hemd barg.
    «Ich muss nach Celle», erklärte er mit neuer Entschlossenheit. «Der Meister sagt, er habe einen guten Gehilfen in Aussicht, vielleicht sogar einen Gesellen; sobald er seine Arbeit antritt, werde ich reisen. Von hier muss ich keinen dänischen Besitz mehr passieren, südlich der Elbe beginnt ja schon das Hannöversche.»
    Rosina wünschte Henrik Glück und wandte sich zum Gehen. Da fiel ihr noch etwas ein.
    «Vorgestern habt Ihr und Euer Meister mit einem vornehmen Herrn gesprochen, am Nachmittag. Könnt Ihr mir sagen, wer er ist?»
    «Vorgestern?» Henrik betrachtete stirnrunzelnd den steinhart gewordenen Gipsklumpen. «Das war Donnerstag. Ich weiß nicht, Madam. Ein vornehmer Herr, sagt Ihr?»
    Schritte näherten sich vom Portal, Rosina wandte sich um. Obwohl das Licht nur noch schwach war, erkannte sie Taubner.
    «Ich erinnere mich nicht, Madam», sagte Henrik, den Blick auf seinen Meister gerichtet, der, einen schwarzen Mantelumhang über dem Arm, mit langen Schritten näher kam. «Es kommen viele Leute her, so wie Ihr. Damen und Herren. Der Ruf meines Meisters ist bekannt, und dass er fürdie Zarin in Sankt Petersburg gearbeitet hat, macht ihn in dieser Stadt ohne fürstliche Regierung besonders begehrt.»
    Die Antwort war weder befriedigend noch überzeugend, doch Rosina fror inzwischen viel zu sehr, um Meister Taubner noch in ein Gespräch zu verwickeln. So verabschiedete sie sich und verließ die Kirche, die Blicke der beiden Männer im Rücken.
    Es dämmerte schon, und der dichte Nebel, der vom Fluss in die Straßen und Höfe gekrochen war, ließ sie noch mehr frösteln. Der Friedhof sah alles andere als einladend aus, im Dunst an seinem Rand nahe bei den Eichen glaubte sie eine Bewegung zu sehen, sicher war es nur – egal, was es war. Es gab keine Gespenster, töricht, überhaupt daran zu denken. Sie musste sich beeilen, Magnus würde schon warten. Zum Glück war er ständig mit irgendwelchen Briefen und Papieren beschäftigt; falls es ihn störte oder beunruhigte, wenn sie so oft allein ihre eigenen Wege ging, zeigte er es nicht. Jedenfalls nicht zu sehr. Ihr Körper war vom langen Stehen in der kalten Kirche steif bis in die Zehen, es wurde Zeit für die Winterschuhe und das warme, mit doppeltem Stoff gesteppte wattierte Kleid. Fröstelnd eilte sie weiter und bog von der am Hafenrand verlaufenden Bei den Mühren genannten Straße in die Katharinenstraße ein. Es war nur ein geringer Umweg zu ihrer Wohnung am nördlichen Ende der Mattentwiete, und zwischen den hohen alten Häusern war es milder als direkt am Wasser.
    Der Nebel hüllte sie ein wie ein feuchtes Tuch. Sie verband mit ihm einige unangenehme Erinnerungen, zum Beispiel eine hektische nächtliche Bootsfahrt auf der Elbe, dennoch mochte sie den Nebel, selbst in dieser Kälte. Sie blieb stehen und fühlte sich wie in einer Märchenwelt. Die hohen Fachwerkfassaden mit den matten Lichtern hinter ihren Fenstern waren schon in der Entfernung wenigerSchritte nur diffuse Flecken, und obwohl es noch nicht spät war, war niemand auf der Straße. Die wenigen Geräusche, zumeist polteriges Räderrollen und Knarren von den

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