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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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gefunden hat. Das ist unser Vertrag. Sein Geselle hatte ihn in Kopenhagen verlassen, er hat dort die Tochter eines Stuckatormeisters geheiratet. Ich konnte keine Postkutsche nehmen. Wenn mich die Wachen an den Zollstationen gefunden und erkannt hätten – ich mag nicht daran denken, was dann geschehen wäre. Als Gehilfe eines Stuckators habe ich niemanden interessiert. Genau darauf hatte ich gehofft, Madam, ich bin nämlich ein Dieb. Ich habe im Schloss eine Uhr gestohlen, und es kann gut sein, dass sie wissen, wer der Dieb ist.»
    «Ach, du meine Güte», sagte Rosina halb lachend, halb ärgerlich. «Weiß Meister Taubner das?»
    Henrik nickte entschieden. «Er weiß es und er billigt es. Er denkt wie ich, er sagt, der Graf habe nie Hochverrat begangen, sondern im Gegenteil den König beschützt und gefördert, wie den Kronprinzen. Der Meister war dort, als Graf Struensee hingerichtet wurde, er hat es gesehen, und es quält ihn noch immer. Und die Uhr? Es war keine Habgier, Madam Vinstedt, ich
musste
sie nehmen. Es war mein Wille und meine Pflicht.»
    Königin Caroline Mathilde war in den frühen Morgenstunden des 17.   Januar in ihrem Schlafgemach auf Schloss Christiansborg von Graf Rantzau und einer Gruppe von Offizieren verhaftet und weggeführt worden. Sie hatte vergeblich versucht, zu Graf Struensee zu flüchten, sie hatte protestiert, Rantzau beschimpft und schließlich weinend nur noch darum gebeten, ihre Kinder mitnehmen zu dürfen. Nach einigem Hin und Her kam die Erlaubnis, die kleine Prinzessin möge sie begleiten.
    Henrik war in dieser Nacht in ihren Gemächern gewesen, um seinem Dienst gemäß für Wünsche bereitzustehen,und hatte sich starr vor Entsetzen in einen Vorhang gedrückt. Niemand hatte ihn beachtet. Als alle fort waren, als er die schweren Schritte in den langen Gängen und auf der Treppe verklingen hörte, die im Hof wartende Kutsche anrollte, um die Königin nach der Festung Schloss Kronborg am Øresund zu bringen, hatte er nur einen letzten Blick in das Schlafgemach der Königin werfen wollen, da hatte er sie gesehen, die zierliche Taschenuhr, die Struensee ihr zur Geburt Prinzessin Louise Augustas geschenkt hatte.
    «Ich konnte sie nicht einfach dort lassen. Neben einem Etui, in dessen Innenseite sein Bild gemalt war, das sie immer bei sich trug, ist es ihre liebste Erinnerung an ihn. Wer weiß, wer sie eingesteckt und mit herzloser Frechheit zu Geld gemacht hätte. In jenen Tagen konnte ich niemandem mehr trauen. Selbst ihre Hofdamen haben sie verraten. Ich habe die Uhr eingesteckt und im Laufe des Tages meinen Dienst aufgekündigt. In jenen wirren Stunden hat das keinen interessiert. Ich war nur ein unbedeutender Lakai, ich konnte einfach gehen. Ich war sicher, alles werde sich schnell als Intrige und Irrtum herausstellen und die Königin zurückkehren, bis dahin wollte ich die Uhr sicher verwahren.»
    Doch in den letzten Februartagen gestand Struensee in der Festungshaft sein Verhältnis zu Caroline Mathilde ein, zwei Wochen später auch die Königin, am 6.   April erklärte der Hof ihre Ehe mit König Christian   VII. für ungültig. Nach der Hinrichtung Struensees und seines Freundes Graf Enevold Brandt, dem Direktor des Hoftheaters und königlichem
Maître de Plaisir
, im April und der Abreise Caroline Mathildes am letzten Maitag nach Stade und weiter nach dem Jagdschloss Göhrde, begriff Henrik, dass sie nicht zurückkehren werde. Umso weniger, als sie beide Kinder hatte zurücklassen müssen. Es hieß, sie dürfe sichnicht einmal mehr Königin nennen, sondern nur mehr Prinzessin von Aalborg, doch das sei nur ein Gerücht.
    Er musste sich auf den Weg machen, um die Uhr ihrer Besitzerin zu bringen. Aber wie? Als er Taubner am Hafen traf, der seine Arbeit in Kopenhagen beendet hatte und ein Schiff für sich und sein Fuhrwerk für die Überfahrt nach Wismar suchte, hatte er einen Weg gefunden.
    Henrik hatte mit rascher, leiser Stimme gesprochen, der Fluss seiner Worte erinnerte Rosina an einen vom Stauwehr befreiten Bach. Schließlich schwieg er und sah sie erwartungsvoll an. Mit welcher Erwartung?, fragte sie sich.
    Da griff er behutsam, als gelte es, ein rohes Ei zu befördern, nach dem ledernen Band um den Hals und zog ein daran befestigtes seidenes Beutelchen aus seinem Hemd. Er öffnete es und nahm eine nur wenige Zoll große Taschenuhr heraus. Was leichtsinnig war, denn Rosina war für ihn eine Fremde, doch darüber hatte er nicht nachgedacht. Sie kannte nun seine

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