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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ich das Vergnügen versäumt, Euch auf der Bühne zu sehen, Madam Vinstedt, diese Stühle im Theater sind gar zu unbequem.Aber Euren Gesang bei dem Fest, das wir hier im Tanzsaal feiern durften –
superb
. Selbst mein Senator war bewegt, dabei ist er so musikalisch wie ein Ackergaul, was er übrigens mit meiner lieben Freundin Augusta gemein hat. Und dieser bezaubernde Violinist zu Eurer Begleitung – wirklich hinreißend.» Sie seufzte wohlig. «Ich hoffe sehr auf eine Wiederholung. Aber nun sagt, was denkt Ihr zu Lessing?»
    Anne hätte die Senatorin gerne geküsst, auf sie wie auf Madam Büsch war Verlass. Wen die Senatorin in ihr Herz geschlossen hatte, konnte niemand mehr abfällig behandeln. Jedenfalls nicht öffentlich.
    Ob Rosina dankbar war oder das plötzliche allgemeine Interesse unangenehm fand, war schwer zu entscheiden. Sie war eine Komödiantin, sie verstand es, eine Rolle anzunehmen.
    «Tatsächlich kenne ich ihn nur wenig», erklärte sie. «Er ist ein freundlicher und lebenslustiger Mensch. Aber er liebt die Bücher, überhaupt die Wissenschaften über alles, zudem wird es ihm angenehm sein, endlich in sicherer Stellung zu leben.»
    «
Natürlich
liebt er die Bücher über alles», rief Mademoiselle Stollberg, die zwar das Theater und die Tragödien liebte, vielleicht auch die Dichter, aber nicht die Komödianten. «Immer vergisst du die Bibliothek», wandte sie sich mit strengem Blick an ihre leichtfertige Freundin Henny. Ihr bedeutete eine solche Fülle von Büchern, alten Handschriften, Flugblättern und Stichen aus halb Europa ein Paradies. «Es gibt kaum eine bedeutendere.»
    Ihr sanftes Erröten ließ darauf schließen, dass sie den Bibliothekar womöglich ebenso verehrte wie die Bibliothek. Hoffnungslose Verehrung gehörte zu ihren Spezialitäten, leider hatte sie die unselige Neigung, sich in Männer zuverlieben, die sie übersahen. Dazu hatte auch Hennys Bruder Lorenz Bauer gehört, ein ansehnlicher und bei aller Belesenheit lebenslustiger junger Mann. Der hatte sie nicht nur übersehen, sondern auch noch eine Emma Godard geheiratet, die leider so kluge wie bezaubernde Tochter des Uhrmachers und Automatenbauers in der Großen Johannisstraße.
    «Es gibt wirklich kaum eine bedeutendere Bibliothek», stimmte Augusta zu, «höchstens die kaiserliche in Wien. Aber wenn ich recht unterrichtet bin, hat Monsieur Lessing gelehrte Freunde in Braunschweig. Das ist mit dem Wagen nur eine halbe Stunde entfernt. Und ein Lotto soll es dort auch geben», fügte sie mit unschuldigem Gesicht hinzu.
    «Lotto?», murmelte die schüchterne Madam Bocholt und hob ihr zartes Gesicht mit den melancholischen Augen unter graumelierten Löckchen von ihrem Kuchenteller. Niemand gab eine Antwort. Es galt als allgemein bekannt, dass der chronisch in Geldnot steckende Lessing ein großer Freund des Glücksspiels war. Leider stets ohne Erfolg.
    «Im Übrigen», erklärte Anne Herrmanns, «wird er in diesen Wochen damit beschäftigt sein, viele Briefe zu schreiben. Vor allem nach Wien. Was denkt Ihr, Madam Büsch?»
    «Wegen des Lottos?» Madam Büsch verstand sich ebenso gut auf ein unschuldiges Gesicht wie Augusta. «Ja, das wird er sicher versuchen.»
    «Wegen Wien», sagte Anne lächelnd und hob eine zweite Portion Pudding von Aprikosen, Mandelmus, staubfeinem Zucker und anderthalb Dutzend Eiern auf Madam Büschs Teller. «Man flüstert von einer heimlichen Verlobung mit Eurer Freundin Madam König, und die ist nun schon ein halbes Jahr in Wien.»
    «Sogar ein Dreivierteljahr. Es ist ihre zweite Wienreise.Wenn ich nur an die beschwerliche wochenlange Kutschfahrt denke, von den komplizierten Geschäften und ständigen Verhandlungen mit Kaufleuten, Gläubigern und den parfümierten Herrn in den Wiener Ämtern gar nicht erst zu reden – sie ist eine ungemein tapfere und mutige Frau.»
    Eva Königs Ehemann, ein Seidenhändler, war vor fast drei Jahren in Venedig gestorben, erst einundvierzig Jahre alt. Er hatte seine Frau mit vier Kindern zurückgelassen, dazu mit zwei gerade erst mit immensen Krediten in Wien eingerichteten Manufakturen für Seidenstoffe und englische Tapeten. Sein überraschender Tod war in den Hamburger Zeitungen mit Nachrufen für einen allgemein beliebten und bewunderten Mann gemeldet worden. Obwohl Eva König von allen Seiten geraten wurde, die Fabriken möglichst schnell zu verkaufen, war die aus einem Heidelberger Handelshaus stammende Witwe entschlossen, zumindest eine selbst weiterzuführen.

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