Mit dem Teufel im Bunde
also kaum mehr als jeder andere in der Stadt», schloss sie, «und der Weddemeister ist gewissenhaft, er neigt nicht zu raschen Verdächtigungen. Jedenfalls spricht er keine aus.»
«Und diese Fremde, die unter der Empore gefunden wurde?», fragte Agnes Matthew. «Ihr sagtet, niemand weiß, wer sie ist. Ist sie wirklich nur an einem Fieber gestorben? Das wäre doch zu banal. Vielleicht hat der Physikus etwas übersehen. Einen kleinen Einstich, es soll da inWestindien solche winzigen vergifteten Pfeile geben. Oder war es Ostindien? Egal, so was kann man sicher hier im Hafen kaufen. Ein Gift im Essen geht auch. Oder
sie
hat den Mord begangen und sich dann selbst gerichtet. In einer Kirche kommt die Reue schneller.»
«Das weiß ich nicht, Madam Matthew, aber ich glaube es nicht. Und wegen des Fiebers – der Physikus ist erfahren in diesen Dingen. Sie muss sehr arm gewesen sein, ihre Kleider waren nur Lumpen, sie trug nicht einmal Schuhe.» Den Verdacht, es könnten nicht die eigenen Kleider der jungen Frau gewesen sein, behielt sie für sich. «Solche Menschen sterben leichter an einem Fieber als Wohlhabende.»
«Ach ja? Ich habe den Eindruck, die gewöhnlichen Menschen sind viel robuster als wir. Glaubt der Weddemeister, es war ein Zufall, dass an einem Abend zwei Frauen am gleichen Ort starben?»
«Auch das weiß ich nicht, Madam Matthew. Er ist erst am Anfang seiner Ermittlungen, er wird es sicher herausfinden.»
Rosina fühlte wieder einmal Ungeduld in sich aufsteigen. Sie war hergekommen, um zu hören, was diese Frauen wussten, die alle mit dem Lebensumfeld Sibylla van Keupens vertraut waren, Klatsch oder Tatsachen, das war zunächst einerlei. Nun hörte sie nur sich selbst reden. Auch die folgende kurze Debatte über die Existenz von Zufällen war nicht erhellend.
Erst als Madam Büsch an den Brand in Sibyllas Kontor erinnerte, wurde es interessant. Ob jemand wisse, fragte sie, wem das Mietshaus im Hof zwischen Mattentwiete und Cremon gehöre. Sie habe gehört, es sei Eigentum der van Keupens.
«Da kann man sich leicht vorstellen, dass einer der Mieter ins Kontor gestiegen ist und ein Feuerchen gelegt hat.Das Haus soll nämlich in erbärmlichem Zustand sein, so neu es ist. Es regnet durchs Dach und ist zu leicht gebaut, einige befürchten, ihnen falle bald die Decke auf den Kopf oder der Boden breche unter ihren Füßen.»
Barbara Meinert nickte unwillig. Ja, davon habe sie auch gehört, allerdings sei das weniger Sache Madam Sibyllas gewesen, es sei auch bekannt, wie großzügig sie gewesen sei. Für die Ordnung in den Häusern müsse ihr Erster Schreiber zuständig sein.
Rosina versuchte sich zu erinnern, was Wagner zu dem Hof gesagt hatte. Irgendetwas war da gewesen. Der Hof gehöre nicht zu ihrem Grundstück? Nein, Madam van Keupen hatte erklärt, sie lagere dort nichts, sondern nur in ihren Speichern. Warum hatte sie nicht erwähnt, dass zumindest ein Teil des Grundstückes ihr gehöre?
«Gehört der ganze Hof den van Keupens?», fragte sie.
«Ich glaube ja», erwiderte Madam Meinert. «Mein Vater und mein Gatte müssten es wissen, sie haben gemeinsame Geschäfte mit Madam van Keupen. Unsere Familien sind von jeher verbunden. Ich habe sie sehr geschätzt», fügte sie nachdrücklich hinzu, «ihr Tod ist eine Tragödie. Und ob ihre Töchter den Besitz und den Handel erhalten können – das bleibt abzuwarten.»
«Deren Ehemänner, meine Liebe», korrigierte die Senatorin, «und noch weiß niemand, welcher von beiden der Glückliche sein wird. Es sei denn, Sibylla hat doch eindeutige Anweisungen hinterlassen, bisher ist das noch ungewiss. Es heißt, der Gatte der Jüngeren sei der Fähigere, dann wäre es in der Tat fatal, wenn der Besitz der Älteren zufiele.»
Rosina mochte gute Verbindungen zum Weddemeister haben, die Senatorin hatte die besten Verbindungen zu Rathaus und zu Commerzium.
«Ach», ließ sich plötzlich Madam Bocholt vernehmen, «es ist doch fraglich, ob überhaupt ihre Geschäfte an dem Brand und ihrem traurigen Ende schuld sind. Ich denke an ganz andere Dinge, natürlich sind es nur, ja, nur Vermutungen.»
Diesmal hörten ihr alle zu. Vermutungen, besonders dieser Art, hatte niemand von ihr erwartet.
«Madam van Keupen», fuhr sie angesichts der ungewohnten Beachtung zögernd fort, «war noch in den besten Jahren. Und wohlhabend, das ist bekannt. Es soll neuerdings wieder Bewerber um ihre Hand gegeben haben, ja, und um ihr Vermögen, das auch, natürlich. Das eine geht kaum
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