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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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elegante Erscheinung, trotz der schwarz und dunkelgrün changierenden Seide, in die sie heute gekleidet war. Immerhin hatte sie sich erlaubt, ihr hochaufgetürmtes, mit winzigen blauen Blüten geschmücktes Haar mit dem Hauch einer Haube aus silberdurchwirkter blassgrauer Spitze zu krönen. Während der letzten Stunde hatte sie an einer einzigen Waffel geknabbert, an ihrem Tee genippt, wie immer auf Zucker, Sahne und süße Soßen verzichtet und ungewohnt geduldig geschwiegen.
    «Ich bin mit erstaunlich unwissenden Dienstboten geschlagen», klagte sie im gleichen heiteren Ton, «ich weiß
überhaupt
nichts. Und Thomas ist auf Reisen, er kann nichts aus dem Kaffeehaus mitbringen, dieser Klatschbörse der Männer. Er ist ohnehin so unangenehm diskret, mein lieber Engländer. Also sagt mir: Was habt Ihr gehört? Wer hat die arme Sibylla erschlagen?» Der Moment allgemein erschreckten Schweigens über so viel Direktheit hielt sie nicht auf. «Es muss Vermutungen geben, Verdächtigungen – so etwas gibt es doch immer.»
    «Vielleicht hätte ich es etwas anders ausgedrückt», stimmte Augusta amüsiert zu. «Aber mir geht es wie Euch, Agnes, mich beschäftigt die gleiche Frage.»
    «Nicht wahr? Warum sollte man nicht darüber sprechen. Was sagt Ihr dazu, Mademoiselle Rosina? Pardon», korrigierte sie sich mit maliziösem Lächeln, «ich meine natürlich Madam Vinstedt. Wenn ich mich recht erinnere, habt Ihr nicht nur die besten Verbindungen zum Theater, sondern auch zu unserem Weddemeister. Ich bin sicher, Ihr wisst mehr als wir alle zusammen.»
    Wieder richteten sich alle Blicke auf Rosina. Falls sich hinter einem Missbilligung über eine so unpassende ‹beste Verbindung› verbarg, siegte die Neugier.
    «Ja», Rosina wusste, wozu dieses Kränzchen einberufen worden war, «ich kenne den Weddemeister recht gut, er ist ungemein tüchtig. Er   …»
    «Ihr habt mit ihm in der Kirche gesprochen», unterbrach Henny sie eifrig, «gleich am Morgen nach der, ja, der Untat. Meine Köchin hat Euch gesehen und geklagt, man habe Euch eingelassen, sie hingegen nicht. Überhaupt niemanden sonst. Es war   …»
    «Ich weiß nicht», fiel ihr Mademoiselle Stollberg ins Wort, «ob wir über dieses Thema sprechen dürfen, Henny. Du solltest dich nur mit Erbaulichem beschäftigen. Du bist doch», sie räusperte sich dezent, «guter Hoffnung.»
    «Ach, Roswitha! Ich beschäftige mich pausenlos mit Erbaulichem, pausenlos. Auf die Dauer ist das sehr öde, ich habe ja nicht deinen klugen Kopf. Und wenn ich richtig gehört habe, geht es in deiner Pepita Garotti auch nicht gerade um Glück und Seligkeit. Gibt’s da nicht sogar einen Mord am Schluss?»
    «Galotti», murmelte Mademoiselle Stollberg erschreckt, «die Heldin heißt Emilia Galotti.»
    «Von mir aus auch Galotti. Was ist das überhaupt für ein Name? Ich finde es schon wenig erbaulich, dass ich kaum aus dem Haus gehen darf – fast nur noch zum Gottesdienst. In einem weiten Umhang, dabei sieht man noch gar nichts. Alle wollen, dass wir gebären, aber niemand will erlauben, dass man unsere ‹gute Hoffnung› erkennt. Das ist doch bigott.»
    Madam Bocholt spitzte erstaunt die Lippen, und Madam van Witten, die mit Henny über drei Ecken verwandt war, drohte lächelnd mit dem Finger.
    «Meine liebe Henny», sagte sie, «du bist frivol, der reinste Freigeist. Es ist nicht
absolut
falsch gedacht, aber warte ein paar Monate, dann bist du froh, wenn du nicht aus dem Haus musst. Und nun, Madam Vinstedt, hören wir Euch zu. Erzählt, was Ihr in Sankt Katharinen gesehen habt. Und gehört, das vor allem. Und vergesst nicht die andere Tote, diese Unbekannte.»
    Damit lehnte sie sich behaglich zurück, faltete die Hände vor dem Bauch und blickte Rosina erwartungsvoll an.
    In der Küche saß derweil Elsbeth und wunderte sich, weil nicht längst wieder geklingelt und frischer Kaffee und Tee gewünscht worden war. Allerdings bestand keine Gefahr, das Glöckchen zu überhören. Betty, das zu Madam Herrmanns’ Zofe aufgestiegene Dienstmädchen, hockte in der Nische vor der Tür des Speisezimmers und ließ sich kein Wort entgehen. Zum Glück sprach Madams Freundin Rosina durch ihre reiche Übung auf der Bühne klar und deutlich.
    Während Rosinas Bericht, der enttäuschend knapp ausfiel und auch keine Schilderung von Blutlachen enthielt, hätte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Nur Barbara Meinert raschelte ab und zu mit ihren Taftröcken, was jedoch nicht störte.
    «Ich weiß

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