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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ohne das andere. Leider weiß ich nicht, wer es war, sicher kein Mann aus unserer Stadt, davon wüsste man Genaueres. Andererseits war sie plötzlich zu einer erklecklichen Spende für die Turmbegradigung von Sankt Katharinen bereit, da hatte sie womöglich wieder einiges mit Monsieur Sonnin zu besprechen. Da mag es Uneinigkeiten gegeben haben, und wer weiß   …»
    Der Moment verständnislosen Schweigens wurde von Madam Büschs vergnügtem Lachen unterbrochen.
    «Ihr versucht uns doch nicht weiszumachen, der gute alte Sonnin, dieser Hagestolz, habe auf Sibyllas Hand und Vermögen spekuliert, und als er es nicht bekam, grausam Rache genommen? Verzeiht, aber Ihr wisst, wie gut mein Büsch und ich ihn kennen, das ist einfach zu absonderlich.»
    «Nein», sagte Madam Bocholt würdevoll. «Das meine ich nicht. Andersherum, meine Liebe, andersherum. Erinnert Ihr Euch nicht? Vor einigen Jahren, es mögen drei oder vier sein, oder fünf?, da hat sie, nun ja, sie hat ihm Avancen gemacht. Er wollte aber nicht.»
    «Avancen! Madam Sibylla? Ich will nicht fragen, woher Ihr diese Geschichte habt. Sie hat doch alle Anträge abgelehnt.Ich weiß nicht, was mich jetzt mehr überrascht: die Avancen oder die Wahl des Mannes, dem sie gegolten haben sollen.»
    «Ja, nicht wahr?» Madam Bocholt mochte scheu sein, vom Gang ihrer Gedanken ließ sie sich nicht so leicht abbringen. «Es klingt in der Tat absonderlich. Wenn man jedoch bedenkt, dass sie damals begann, in den Bau von Mietshäusern zu investieren und sich überhaupt mit der Baukunst zu beschäftigen, sie dachte vor allem an vornehme einträgliche Domizile wie die im Neuen Wall, klingt diese Wahl doch recht vernünftig. Aber da ist noch etwas anderes.»
    «Ihr meint noch einen mörderischen Verehrer?», fragte Agnes Matthew, die die Unterhaltung nun so anregend fand, dass sie sich und ihrer Taille eine zweite Waffel mit einem winzigen Klecks süßen Rahm zumutete.
    «Nein. Ich muss zugestehen, es war nicht recht von mir, unseren Baumeister zu erwähnen. Wir verdanken ihm doch eine zu und zu schöne Kirche. Ihr mögt auch das absonderlich finden, trotzdem weiß ich, dass sie Verbindungen nach Kopenhagen hatte und   …»
    «Die hat mein Bruder auch», fuhr Henny Wildt dazwischen, «wie mehr als die Hälfte der hiesigen Handelshäuser.»
    Madam Bocholt ließ sich nicht irritieren. «Ja, nach Kopenhagen. Es gibt Befürchtungen, nun, nach Struensees Tod, könnten seine Anhänger nach Altona oder gar nach Hamburg kommen und versuchen, sein ungutes Werk hier fortzusetzen. Ihr werdet davon gehört haben. Es heißt, Sibylla habe das unterstützt.»
    «Papperlapapp», rief die Senatorin, die wie alle anderen am Tisch längst von diesem Gerücht wusste. «Umsturz, Revolution gar? Wozu? Wir haben hier keinen König, undder Kaiser und die Kaiserin sind weit weg in Wien und haben uns auch sonst wenig zu sagen. Wer sollte unser Rathaus stürmen wollen? Und wozu? In Kopenhagen waren es doch gerade die armen Leute, die bei seinem Sturz am lautesten gejubelt haben. Wahrscheinlich mögen sie keinen, der die Folter und die Leibeigenschaft abschaffen will.»
    Darauf wusste Madam Bocholt keine Antwort, vielleicht hatte sie für ihre Gewohnheit auch einfach schon zu viel gesprochen.
    Inzwischen hatte sich Mademoiselle Stollberg von dem Schreck über Hennys Ignoranz in Sachen Trauerspiel erholt.
    «Vor einigen Tagen», sagte sie und schob die letzten Kuchenkrümel auf ihrem Teller zusammen, «gab es ein neues Flugblatt, auf dem steht, Struensee ist nicht tot, sondern lebt und ist, wie Ihr sagtet, Madam Bocholt, unterwegs zu uns. Altona untersteht ja der dänischen Krone, dort kann er nicht unterschlüpfen. Das alles ist natürlich Unsinn», beeilte sie sich mit einem raschen Blick zu Madam van Witten zu versichern, «es ist trotzdem seltsam. Ich hatte nämlich das Gefühl, ja, nicht mehr als ein Gefühl, und auf Gefühle darf man sich nie verlassen. Also, ich habe den Eindruck, ihn gesehen zu haben, zwei Tage vor dem Feuer im Kontor. Weil es schon dämmerte, war ich in Eile, ich konnte das Gesicht auch nur vage erkennen. Er trug einen teuren Mantelumhang und ich glaube eine Perücke unter dem Dreispitz, und die Statur und das Profil – er ging rasch an mir vorbei, aber es schien mir vertraut. Ja, ein wenig. Ich erinnere mich sehr gut an Doktor Struensee; obwohl er Armenarzt in Altona war, hatten ihn einige wohlhabende Familien konsultiert, die ihn unseren Ärzten vorzogen. Und einmal habe ich ihn

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