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Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)

Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition)

Titel: Mit dem Wolf in uns leben. Das Beste aus zehn Jahren Wolf Magazin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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Canis beigebracht hatte, lag er still in seiner Lauerposition, wartete auf das Zeichen der Jagd. Ruhe und Berechnung, wenn es für einen jungen Wolf auch schwer zu ertragen war, waren die wichtigsten Grundregeln auf der Jagd. Das war die Lehre seiner Mutter, und er hatte sich auch daran gehalten. Schließlich wollten sie die Hirschkuh mit ihrem Kalb überrumpeln. Das Hirschkalb war das Ziel. Auf seiner Position wartend, hatte er es aus den Augen verloren, der Wind hatte sich gedreht, wehte nun seitwärts von ihm weg Richtung Wald, trug seinen Geruch zwar nicht auf die Lichtung, aber auch die nahe Witterung des Kalbes wurde jäh unterbrochen. Und immer noch harrte er aus. Wartete gespannt auf eine Besserung der Lage, auf ein erneutes Drehen des Windes. Canis und Wildsong, die alte unterwürfige Wölfin, wollten das Hirschkalb in ihre Richtung treiben. Links und rechts von ihm lauerten die anderen drei Jungwölfe, Blackmoon, Goldeneye und Fasthowl, im hohen Gras und bildeten so einen Halbkreis, in dem der Junghirsch überrascht werden sollte. Doch nun hatte der kleine Hirsch ihn überrascht!
    Plötzlich hatte sich das Gras geteilt, und das Kalb stand direkt vor ihm. Total überrumpelt war er einige Sekunden nicht fähig, eine Entscheidung zu treffen, aber auch das Kalb starrte nur ebenso überrascht mit dunklen Augen zurück. Und das Hirschkälbchen durchbrach als Erstes diese seltsame Lähmung. Es stieg auf, seine kleinen Hufe wirbelten direkt vor Stormchasers Nase herum, mit einer halben Drehung auf den Hinterhufen sprang es seitlich ab und verschwand hinter der hohen Gräserwand. Nun schüttelte auch Stormchaser seine merkwürdige Blockierung ab und sprang Kalak mit einem leisen wütenden Knurren hinterher.
    Kalak rannte. Er rannte, wie er nie zuvor in seinem Leben gerannt war. Hinter ihm raschelte, nein, peitschte das Gras kurz auf und sein Jahrmillionen alter Instinkt sagte ihm, dass der Langzahn nun ebenfalls abgesprungen war. Wie zur Bestätigung vernahm er ein leises, kehliges Knurren. Er lief. Seine Beine gehorchten nun einem anderen Willen, nicht mehr seinem. Solch eine Geschwindigkeit hatte er vorher noch nie erreicht. Aber diese andere Kraft, die nun seine Flucht lenkte, war gut. Vorher war er schon bei weit geringerem Lauftempo immer über seine eigenen, überlangen und untrainierten Läufe gestolpert und hatte sich oft über sein Unvermögen und seine eigenen, viel zu lang erscheinenden Beine geärgert. Nun dämmerte ihm, warum sie so lang gewachsen waren.
    Stormchasers Geschwister hatten von seinem Absprung noch nichts mitbekommen und lauschten weiter auf ihren Positionen. Nur Fasthowl, etwa zwanzig Meter von Stormchasers Lauerstellung entfernt, vernahm durch die Winddrehung in seine Richtung Stormchasers ungeplante und verfrühte Begegnung mit dem Hirschkalb, wusste aber nicht, was sich dort abspielte. Sprang er nun los, konnte es sein, dass er durch sein Verhalten die Jagd missglücken ließ. Blieb er an seinem Platz, war es allerdings ebenso möglich, dass er durch sein Verharren die genau geplante Jagdabfolge zerstörte. Für lange Überlegungen war aber keine Zeit. Kurz entschlossen sprang er ab, flog in einem weiten Bogen über das Gräsermeer der Lichtung und sah etwa vierzig Meter vor sich den kleinen Hirsch über die Lichtung hetzen und stieß einen kurzen, jaulenden Bellton aus: das Signal für den Jagdbeginn, das er von seiner Mutter gelernt hatte.
    Es war nun ganz und gar nicht seine Aufgabe, als unerfahrener „Halbstarker“ den Jagdbeginn zu verkünden. Aber was hätte er tun sollen? Offensichtlich waren Stormchaser und er die einzigen beiden Jagdteilnehmer, die die unplanmäßige Wendung der Lage mitbekommen hatten.
    Auch Shiiha rannte. Als sie den verzweifelten Ruf Kalaks vernahm, wurde die Welt um sie herum unwichtig. Es gab nur noch sie, ihren Sohn Kalak und eine Bedrohung seines jungen Lebens. Ein Luchs? Ein Bär? Ein Mensch? Die Langzähne? Sie wusste es nicht, aber das war auch nicht wichtig. Sie musste ihm helfen! Ihn möglicherweise unter dem Einsatz ihres eigenen Lebens retten! Ihr Mutterinstinkt war stark. Ebenso stark wie der von Canis gegenüber ihren Welpen. Jeder Hirsch wäre lieber einmal zu viel davongelaufen als einmal zu wenig. Flucht vor Raubfeinden war die stärkste Waffe der Hirsche. Aber das galt nicht für Hirschkühe, die ein Kalb hatten!
    Ein Schwall heißer, übel riechender Luft wehte um Kalaks Nüstern. Der Schatten seines Jägers war neben ihm, sprang ihn mit

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