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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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würde.“ Der Brutogas atmete leicht durch die Nase aus und strich die steifen grauen Barthaare um seinen Mund und die Nase, die zweimal so lang waren wie die von Kator Zweitvetter. „Und es würde natürlich auch dem Ruf der Familie keinen Schaden zufügen, wenn ein Mitglied unseres Namens auf einer solchen Expedition Schlüsselträger wäre.“
    „Ich danke Euch, Ehrenwerter.“
    „Schon gut. Aber“, fuhr Brutogas langsam fort, „da ist noch etwas, das du begreifen mußt. Das ist auch der Grund, weshalb ich dich heute habe rufen lassen. Das politische Klima ist im Augenblick derart, daß ich nicht in Ehren das Prestige der Familie riskieren kann, indem ich dir helfe, den Schlüsselträgerposten bei dieser Expedition zu erlangen – oder selbst den Posten des Kapitäns …“
    „Ehrenwerter …“ begann Jason.
    „Ich weiß, ich weiß.“ Der Brutogas winkte seinen einsetzenden Protest weg. „Als Zweitvetter hast du nicht mit der Unterstützung der Familie gerechnet. Dennoch wünsche ich, daß du weißt, daß ich bereit wäre, sie dir zu geben, und zwar um des Funkens Ehrgeiz willen, den ich in dir sehe – wenn nur eben die politische Situation nicht wäre. Es ist dir wahrscheinlich bekannt, daß der Wahlausschuß aus sieben Personen bestehen wird. Es steht so gut wie fest, daß die Stäbe vier Leute im Ausschuß haben werden und wir Haken nur drei.“
    Jason spürte, wie sein Magen sich zusammenzog. Aber er ließ sich äußerlich nichts anmerken.
    „Das macht meine Auswahl sehr zweifelhaft, Ehrenwerter“, sagte er.
    „Ja“, pflichtete der Brutogas ihm bei. „Das würde ich auch sagen. Bist du dennoch entschlossen, es zu versuchen?“
    „Ich sehe keinen Grund“, sagte Jason, bemüht, trotz dieser katastrophalen Nachricht die Haltung nicht zu verlieren, „meine augenblicklichen Ansichten zu ändern, Ehrenwerter.“
    „Das habe ich mir gedacht.“ Der Brutogas lehnte sich auf seinem Podest zurück und sah ihn an. „Einer wie du kommt in einer Familie etwa jede Generation einmal zum Vorschein. Neunundneunzig Prozent erleben eine Katastrophe. Nur“, fügte er mit leiser Stimme hinzu, „einer von einer Million wird … sich dauernden Ruhm erwerben, den Ruhm des Erfolges.“
    „Ehrenwerter …“ sagte Jason, dem der Kopf zu zerspringen drohte. Er hatte nie zu träumen gewagt, daß sein Ehrgeiz dem Oberhaupt seiner Familie bekannt werden würde.
    „Die Brutogasi“, sagte der ältere, „können keine offizielle Anteilnahme an deinem Ehrgeiz zeigen und können auch offiziell deinen Wunsch, Schlüsselträger dieser geplanten Expedition zu werden, nicht unterstützen. Aber wenn du durch irgendein Wunder Erfolg haben solltest, so nehme ich an, deiner Ehre so weit vertrauen zu können, daß du den Verdienst der Familie für Rat und Anleitung und andere Hilfe anerkennen würdest.“
    „Ehrenwerter – wie könntet Ihr anders denken?“ schrie Jason beinahe auf.
    „Das ist ja auch gar nicht der Fall. Es ist nur meine Pflicht, jetzt auf folgendes hinzuweisen: Sollte dein Versuch irgendwie dazu führen, daß du in eine skandalöse oder zumindest nicht ehrenhafte Lage kommst, mußt du damit rechnen, daß die Hypothek, die du auf deinen Anspruch an die Familie aufgenommen hast, sofort zur Zahlung aufgerufen wird.“
    Jasons Magen zog sich noch mehr zusammen.
    „Ich begreife, Ehrenwerter“, sagte er.
    „Nun“, meinte der Brutogas, „das wäre alles. Aber meine persönlichen Wünsche sind mit dir. Möge der Schatten dein sein, möge das Wasser dein sein, möge der Frieden dein sein.“
    „Ich ehre das Oberhaupt meiner Familie, jetzt und für alle Zeit“, sagte Jason.
    Langsam schob er sich rückwärts zur Tür und ging hinaus. Beim Hinausgehen warf er noch einmal einen Blick auf den Brutogas, sah aber nur seinen grauen Kopf, der sich bereits wieder über die Papiere auf dem Schreibtisch geneigt hatte.
    Er wußte nachher kaum, wie er seinen Weg zurück durch die von der Sonne beleuchteten Marmorgänge gefunden hatte. Aber als er sie hinter sich gelassen hatte und sich wieder draußen vor dem Palast befand, fuhr er zum Prüfungszentrum und gab sich Mühe, die Gefühle abzuschütteln, die sein Interview mit dem Familienoberhaupt in ihm erzeugt hatten. Solche Gefühle waren etwas Ehrenwertes, aber er brauchte jetzt seine ganze Kraft für das, was ihm bevorstand.
    Zwölf Einladungen für den Posten des Schlüsselträgers waren auf die – wie nicht anders zu erwarten gewesen war –Hunderte von Anträgen

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